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Die Ablehnung des Mediengesetzes stösst auf unterschiedliches Echo

Die Ablehnung des Mediengesetzes stösst bei Zeitungen auf unterschiedliches Echo

14.02.2022, 05:53
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Die Ablehnung der zusätzlichen Medienförderung löst bei den Schweizer Tageszeitungen unterschiedliche Reaktionen aus. Während die grossen Verlage Leidenschaft vermisst haben, blicken die mittleren und kleineren Zeitungen in eine unsichere Zukunft.

Eher nüchtern kommentieren die Zeitungen in der Deutschschweiz das Abstimmungsergebnis über die Medienförderung. Leidenschaftliche Debatten über den Zusammenhalt des Landes seien dieses Mal ausgeblieben, hält der «Tages-Anzeiger» fest.

Die Argumente, weshalb die vierte Gewalt im Staat dringend auf Unterstützung angewiesen sei, hätten nicht verfangen. Es bleibe abzuklären, ob die Ablehnung das Ergebnis einer tieferliegenden Unzufriedenheit mit den Schweizer Medien sei oder nicht.

Ordnungspolitisch fragwürdig

Ein Aufatmen ist bei der «Neuen Zürcher Zeitung» zu spüren. Es sei gut, dass die Mehrheit des Stimmvolkes Nein zum Medienpaket gesagt habe. Die Vorlage sei ordnungs- und staatspolitisch mehr als fragwürdig gewesen. Das Parlament habe das Fuder überladen.

Womöglich sei die Absage an zusätzliche Finanzhilfen auch eine Reaktion auf die Berichterstattung in der Corona-Zeit. Die Glaubwürdigkeit der Medien sei in den letzten zwei Jahren auf die Probe gestellt worden. Die Staatsnähe habe das Vertrauen erschüttert.

Anderer Meinung ist der «Blick». Die Abfuhr für das Mediengesetz sei deutlich und trotzdem kein Misstrauensvotum. Die Pandemie habe gezeigt, dass sich die meisten Menschen in der Krise bei den etablierten Medien informierten.

Leistungsschutzrecht gefordert

Tatsächlich litten die Medien nicht darunter, dass ihnen Leserschaft, Zuschauerinnen und User abhandenkommen seien, sondern dass Werbung zu Google, Facebook & Co. abfliesse. Es brauche nun mehr denn je ein Leistungsschutzrecht, fordern die CH Medien.

Die «Schaffhauser Nachrichten» sehen bereits einen Silberstreifen am Horizont. Von den Gegnern des Medienpaketes sei stets unbestritten gewesen, die Unterstützungsbeiträge bei der Zustellung für die kleinen und mittleren Verlage auszuweiten.

Kaum thematisiert wird von den Zeitungen der Röstigraben, der sich etwa bei den Abstimmungsergebnissen in den Kantonen Wallis und Freiburg zeigt. Während die deutschsprachige Minderheit in diesen Kantonen jeweils gegen die zusätzliche Medienförderung votierte, stimmte der frankophone Teil für das Paket.

Westschweizer Zeitungen sehen Kluft

Die Abstimmung über das Mediengesetz zeige einmal mehr, dass das Stimmvolk zu gross geschnürte Pakete verabscheue, schreibt die Westschweizer Tageszeitung «Le Temps». Bundesrat und Parlament müssten künftig besser zuhören, sonst werde die Kluft zwischen den gewählten Vertretern und der Bevölkerung noch grösser.

Die Zeitung «24 Heures» blickt voraus und hält fest, dass die Presse in nächster Zeit ohne neue finanzielle Mittel auskommen müsse, um die gute alte Zeitung zu einem angemessenen Preis in die Briefkästen zu verteilen - in der Stadt wie auf dem Land, und bei steigenden Papierpreisen. Mit oder ohne Hilfe, die Redaktionen würden auch in Zukunft mit Leidenschaft und Unabhängigkeit informieren. (saw/sda)

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41 Kommentare
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Berner_in
14.02.2022 08:03registriert September 2018
Die Rolle der Medien in der Pandemie war wirklich enttäuschend, überwiegend viel Einheitsbrei mit wenig Tiefgang und so laut wie langweilig. Und diejenigen, welche am lautesten nach Unabhängigkeit reklamieren, agieren sehr tendenziös mit reichen Stimmungsmachern im Rücken… Soviel zum Thema Unabhängigkeit der Medien wahren…
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Spitzbueb
14.02.2022 07:38registriert Dezember 2020
Mir scheint das Hauptargument - meine Sicht - ist nicht angekommen: Profitable Medienkonzerne benötigen keine Unterstützung. Hege kein Misstrauen gegen die Medien und würde eine Vorlage mit Mitteln zum Erhalt kleiner Blätter/ Medien unterstützen.
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Legendary Dave
14.02.2022 08:04registriert Juni 2015
Wieso soll genau die Unterstützung der (physischen) Auslieferung so unbestritten unterstützt werden? Genau das halte ich für ein obsoletes modell. Persönlich habe ich ein NZZ-online-abo, käme aber nicht auf die idee, ein physisches zu bestellen (denn zuhause ist genau der ort, an dem ich am wenigsten zeitung lese.) Für qualitativ hochwertigen journalismus bin ich auch gerne bereit zu zahlen (andere portale taugen immerhin zum kommentieren und die bubble zu durchbrechen)
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