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Kantonsrat für kürzere Arbeitszeiten für junge Ärzte

Kantonsrat für kürzere Arbeitszeiten für junge Ärzte – SVP will «die Extra-Meile»

29.04.2024, 14:28
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Assistenzärztinnen und Assistenzärzte sollen keine gesundheitsschädlichen Arbeitspensen mehr bestreiten müssen. Der Kantonsrat hat am Montag eine Parlamentarische Initiative für eine 46-Stunden-Woche vorläufig unterstützt. Die Bürgerlichen halten davon wenig.

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Die Bürgerlichen unterstützen die Idee einer 46-Stunden-Woche nicht.shutterstock

Der Vorstoss von Grünen, SP, EVP und AL wurde mit 62 Stimmen vorläufig unterstützt und an die zuständige Kommission überwiesen. 60 Stimmen waren notwendig.

Sollte die Parlamentarische Initiative umgesetzt werden, müssten Assistenzärztinnen und -ärzte künftig per Gesetz maximal 42 Stunden pro Woche arbeiten, dazu kommen 4 Stunden Weiterbildung.

90 Prozent arbeiten mehr als 10 Stunden

Gemäss einer aktuellen Umfrage arbeiten 90 Prozent der jungen Ärztinnen und Ärzte mehr als 10 Stunden pro Tag. 40 Prozent sogar mehr als 11 Stunden. Das sei klar gesundheitsschädlich, sagte Benjamin Walder (Grüne, Wetzikon), der selber in der Ausbildung zum Arzt ist. «Viele Ärzte möchten nicht ihre eigenen Patienten sein.»

Erreicht werden soll die Entlastung aber nicht mit weniger Patientenkontakt oder weniger Weiterbildung, sondern mit weniger Bürokratie. Eine Umfrage unter Assistenzärzten habe gezeigt, dass 20 Prozent von ihnen regelmässig noch einen Fax bedienen müssten. Es gebe innerhalb von Spitälern zudem Systeme, die nicht miteinander kompatibel seien. So würden auch Medikamente mehrfach erfasst.

SVP will «die Extra-Meile»

Keine Unterstützung erhielt der Vorstoss von bürgerlicher Seite. Josef Widler (Mitte, Zürich), selber Hausarzt, bezeichnete Ärztinnen und Ärzte als «privilegierte Berufsgruppe». Es sei erstaunlich, dass diese jetzt ein Gesetz für kürzere Arbeitszeiten forderten.

Dass übermüdete Ärztinnen und Ärzte mehr Fehler machen, glaubt Widler nicht.

«Es gibt Leute, die machen schon nach 30 Stunden Fehler. Andere auch nach 70 Stunden nicht.»

Auch die SVP war gegen eine gesetzlich verankerte Stunden-Obergrenze. Arzt sei nun mal kein normaler Beruf. «Es muss die Bereitschaft da sein, die Extra-Meile zu gehen», sagte Lorenz Habicher (Rümlang).

Reto Agosti (FDP, Küsnacht) möchte sich natürlich «gerne von einem ausgeruhten Arzt untersuchen lassen». Aber auch von einem, der gut ausgebildet sei. Dass die Administration abgebaut werden kann, glaubt Agosti nicht. «Die wird bleiben.»

Zustande kam die Unterstützung dank der Stimmen der GLP. Diese findet die konkrete Forderung mit der 46-Stunden-Woche zwar nicht umsetzbar, will das Thema aber in der Kommission diskutieren, um doch noch eine Lösung für die jungen Ärztinnen und Ärzte zu finden. (saw/sda)

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75 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Pafeld
29.04.2024 15:31registriert August 2014
Ich bin froh, dass wir immerhin die klassische Sklaverei schon abgeschafft haben. Denn ich bin mir sicher, dass das mit unserer bürgerlichen Mehrheit heute nicht mehr möglich wäre.
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Frau Heinz
29.04.2024 15:32registriert Juli 2015
Das Problem ist doch auch, dass viele (junge) Leute heute gar nicht bereit sind, diese Extrameile zu gehen, nicht, weil sie faul sind, sondern weil sie von ihrem Leben etwas haben möchten. Wenn wir weiterhin gute Ärzte haben möchten, müssen wir ihnen auch die Möglichkeit bieten, Privatleben und Beruf miteinander zu verbinden. Ich finde das nachvollziehbar und hoffe, dass die Obergrenze kommt und dann auch wirklich eingehalten wird.
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Onyx
29.04.2024 16:02registriert Dezember 2014
"Dass übermüdete Ärztinnen und Ärzte mehr Fehler machen, glaubt Widler nicht."
Hat der Typ mal Statistiken zu Übermüdung und Fehlerquoten in Spitälern angesehen oder glaubt er diesen schlicht nicht? In beiden Fällen würde ich nicht gerne von ihm als Arzt behandelt werden...
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