März 1998: Das Potenzmittel Viagra des US-Pharmakonzern Pfizer erhielt die Zulassung. Das Arzneimittel stimulierte nicht nur die Aktien und Verkaufszahlen des Pharma-Riesen, sondern vor allem Manns Lieblingskörperteil.
In den Medien überschlugen sich die Berichte nach der blauen Wunderpille. Noch bevor das Medikament in der Schweiz offiziell zugelassen wurde, ist es hierzulande illegal verkauft worden. Preis pro Pille: zwischen 600 und 700 Franken. «Der Run ist so gross, dass Schlaumeier damit bereits Geschäfte machen», berichtete «10 vor 10» im März 1998.
Am 22. Juni 1998 war es dann so weit: Auch die Schweiz erlaubte die Wunderpille. Ein Segen für das Mannstum, Hallelujah!
«Haaleluuujaa!» – mit diesem an die Bibel angelegte Musikstück startete damals ein «Kassensturz»-Beitrag zum Thema Viagra. Ohne Teaserbild, aber mit einer bildhaften Beschreibung begann der Beitrag mit den Worten: «Für viele Männer ist Viagra ein Geschenk des Himmels. Die Pille verleiht ihnen beim Geschlechtsakt neues Stehvermögen.»
Der Blick titelte etwas weniger alttestamentarisch:
Doch: Für die Wunderpille benötigte man anno dazumal ein ärztliches Rezept. Doch viele Männer wollten die Pille – SRF zufolge für den «Marathon im Bett», «längeren Spass im Puff» und den «absoluten Kick beim Sex» – einfach nur ausprobieren.
Etablissements seien mit Angeboten von zwielichtigen Händlern eingedeckt worden. Ein empörter Sauna-Betreiber berichtete Kassensturz von seinem Briefkastenfund: «Ich war ‹erklöpft›, als ich dieses Inserat gesehen habe.»
Mit versteckter Kamera traf er sich mit dem «Dealer». Dieser prahlte mit seinen Verbindungen nach Amerika, ehe er zur Sache kam. Und die Pillen auspackte. Er bot 10 Pillen für 500 Franken. Die ganze Packung – mit 30 Pillen – hätte er für 1200 Franken springen lassen.
Am Ende der Sendung griff das SRF ein und informierte den Schmuggler über die Undercover-Aktion. Seine Reaktion: «Ich bin kein Händler ... ich schaue nur, ob da eine Nachfrage vorhanden sei ... nein, nein, damit handle ich sicher nicht, dann würde ich verhungern.»
Über Erektionsstörungen, ähh also ... über die Behandlung mit dem Medikament wurde dann auch in der Politik stark diskutiert: Soll die Pille von der Krankenkasse übernommen werden – oder nicht?
Der Blick startete eine grosse Umfrage, um der Bevölkerung auf die Latte den Zahn zu fühlen. Ergebnis: Nicht einmal 20 Prozent von 600 Befragten waren für eine Kostenübernahme. Trotzdem brachte die Umfrage spannende Erkenntnisse ans Tageslicht. Es gab nämlich gleich zwei Gräben.
Der Sex-Graben: «In der Deutschschweiz waren nur 16,5 Prozent für Gratis-Viagra. In der Westschweiz 27,4 Prozent.» Ein Sex-Graben! Französisch ist wohl tatsächlich die Sprache der Liebe ...
Und dann gab es auch noch den Generations-Graben: (ja, schon damals!): «55,6 Prozent der 15- bis 25-Jährigen wären für eine Viagra-Kostenübernahme. Bei den über 66-Jährigen sind es gerade noch 15,6 Prozent.»
(cst)