Mit Glamour hat eine Behandlung in einer Filiale von Aprioris nichts zu tun. Der Eingang der Niederlassung am Zürcher Albisriederplatz befindet sich etwas versteckt neben einer Apotheke. Nach dem Klingeln öffnet sich die Türe, doch Personal ist erst mal nicht zu sehen. Pünktlich auf den zuvor online vereinbarten Termin taucht dann aber die freundliche Mitarbeiterin auf und löst in einem nüchtern eingerichteten Behandlungszimmer das Problem mit den Ohren routiniert.
Fünf Ableger, mehrheitlich eingemietet in Apotheken und Arztpraxen, hat Aprioris bis heute, vier in Zürich, einer in Winterthur. Doch bald sollen es mehr werden. Noch im März wagt das Start-up erstmals den Sprung über die Kantonsgrenze in den Aargau, nach Baden, wie der Aprioris-Gründer Christian Köpe im Gespräch mit CH Media festhält. Die Filiale ist in einer Apotheke auf dem halben Weg zwischen Bahnhof und Kantonsspital.
Weitere Anlaufstellen sollen im Lauf des Jahres folgen – in den Kantonen Thurgau und Bern. Auch für Basel und Luzern bestehen bereits konkrete Pläne. Die Standortsuche ist weit fortgeschritten, die Gespräche mit den kantonalen Gesundheitsdirektoren laufen. Denn sie sind es, die in der Schweiz für das ambulante medizinische Versorgungsangebot zuständig sind.
Köpe will mit Aprioris eine Lücke in der Gesundheitsversorgung schliessen, will für Erwachsene eine Alternative zum Arztpraxisbesuch respektive zum Spitalnotfall bieten – und zwar für jene Fälle, bei denen die Apotheken nicht mehr weiterhelfen können. Etwa bei Bauchschmerzen, anhaltendem Kopfweh, bei Hals-, Nasen- oder Ohrenleiden. Oder bei einfachen Verletzungen, die jedoch eine professionelle Wundversorgung benötigen. Im Angebot sind auch Leistungen wie etwa Prävention oder Impf- und Reiseberatung.
Wer zu Aprioris geht, trifft vor Ort auf ausgebildetes Pflegepersonal. Meist ist es eine einzige Person, bei Bedarf steht zu jeder Zeit einer der drei festangestellten Ärzte bereit, die per Telefon oder Bildschirm hinzugezogen werden können. «Es braucht nicht für jedes Problem einen Chefarzt», sagt Köpe. «Flugreisende müssen ja am Check-in-Schalter auch nicht vom Piloten bedient werden.» Im Gegenteil: Die medizinische Leistung sollte immer dort stattfinden, wo ausreichend Kompetenz vorhanden sei.
Und sie solle dort stattfinden, ergänzt Köpe, wo das beste Preis-Leistungs-Verhältnis herrscht und wo es für die Patientinnen und Patienten naheliegend respektive komfortabel ist. Und er verspricht: «Wer zu uns kommt, bekommt eine Antwort.»
Pro Tag werden an einem Standort gemäss Unternehmensangaben bis zu 12 Patienten behandelt. 90 Prozent der Fälle könnten vor Ort abgeschlossen werden, sagt Köpe. «10 Prozent sind komplexe Fälle, die wir umgehend an die korrekte Stelle weiter leiten.» Das heisst: zum Hausarzt, zum Spezialisten oder ins Spital.
Als Aprioris vor rund zweieinhalb Jahren seine ersten Anlaufstellen in der Stadt Zürich öffnete, mussten die Patienten die Rechnung noch selbst bezahlen. Mittlerweile wird die Jungfirma als «ärztliche Institution» anerkannt, die erbrachten Konsultationen als «ärztliche Leistungen», weshalb die Rechnung auch von der Grundversicherung vergütet wird.
Dennoch rechnet Köpe dank seines Angebots mit einer kostendämmenden Wirkung. «Wir sind günstiger als eine gängige Arztpraxis», sagt er. Erstens, weil Aprioris nur die «leichten Fälle» behandelt und zweitens, weil der Patient hier nicht noch viel Infrastruktur mitbezahlen muss – und letztlich weniger Taxpunkte zur Anwendung kommen. Aprioris hat sich für bestimmte Tätigkeiten auch interne Zeitlimiten gesetzt, wie etwa für die teilweise notwendigen Abklärungen oder die Nachbearbeitung des Falles.
Abgerechnet wird allerdings zu regulären Taxpunkten, Rabatte werden keine gewährt. «Trotzdem sind wir günstiger», sagt Köpe und verweist auf die Auswertung einer grossen Krankenversicherung, bei der Aprioris-Fälle mit einfachen Fällen in Hausarztpraxen verglichen wurden: Die Rechnung falle im Schnitt um 20 bis 30 Prozent tiefer aus.
Kein Wunder, erhält Köpe derzeit viel Sukkurs von Krankenkassen. Womöglich könnten diese ihm auch finanziell als Investoren zur Seite stehen für seine Expansionspläne. «Allerdings nur vorübergehend», betont der Unternehmensgründer, der heute noch die Mehrheit an Aprioris hält. Es sei wichtig, unabhängig zu bleiben. Die restlichen Aktien sind heute in Händen von Privatpersonen mit «Gesundheitswesen-Wissen».
Die Idee zu Aprioris hatte der mittlerweile 63-jährige Köpe schon zu Zeiten, als er noch für den Apotheken-Konzern Galenica in der Geschäftsleitung sass. Als er das Unternehmen 2020 verliess, kaufte er seinem früheren Arbeitgeber Aprioris ab – und änderte das Geschäftsmodell ab: Das Jungunternehmen sollte nicht mehr eine Alternative zur Apotheke sein, sondern zur Arztpraxis.
Der erste Aprioris-Standort, jener am Zürcher Paradeplatz, wurde zuerst als Pilotprojekt im Januar 2022 eröffnet, die eingangs genannte Filiale am Albisriederplatz kam im Oktober 2023 als vierte hinzu. Die Pflegefachfrau hat mittlerweile die Ohrenbehandlung nach 10 Minuten abgeschlossen, die Abrechnung tätigt sie via Laptop.
Titelbild: Notfall
Angebot von Aprioris: leichte Fälle
"Etwa bei Bauchschmerzen, anhaltendem Kopfweh, bei Hals-, Nasen- oder Ohrenleiden. Oder bei einfachen Verletzungen, die jedoch eine professionelle Wundversorgung benötigen. Im Angebot sind auch Leistungen wie etwa Prävention oder Impf- und Reiseberatung"
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