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Schweiz: Das haben Nationalrat und Ständerat am 12. Dezember entschieden

Schritte gegen illegalen Welpenhandel und Food Waste – die heutigen News aus dem Parlament

12.12.2022, 21:5112.01.2023, 14:51
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Am Montag kam es im National- und Ständerat zu diversen Abstimmungen in der Schweiz. Wie sehen die Resultate aus? Die Antworten in der grossen Übersicht.

Nationalrat

Druck im Kampf gegen Food Waste

Der Nationalrat will, dass der Bundesrat noch einen Zacken zulegt bei der Bekämpfung von Lebensmittelverschwendung («Food Waste»). Er hat am Montag drei Postulate überwiesen, mit denen er die Landesregierung zur Prüfung von Massnahmen auffordert.

So soll die Landesregierung etwa abklären, ob sie den Einzelhandel und Wohltätigkeitsorganisationen an einen Tisch bringen will. Dies, damit Firmen und Wohltätigkeitsorganisationen eine nachhaltige Finanzierungslösung für die Sammlung und Abgabe unverkaufter Lebensmittel prüfen.

Die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrats sagte (WBK-N) dazu, nur sieben Prozent der vermeidbaren Lebensmittelabfälle aus dem Einzelhandel landeten bei Wohltätigkeitsorganisationen. Dieser Anteil müsse verbessert werden. Von der WBK-N stammen die drei Vorstösse.

«Seid sexy, verhindert Food Waste!»

Video: watson

Prüfen soll die Landesregierung auch, ob es eine Koordinationsstelle zur Verteilung von abgelaufenen, aber zum Konsum geeigneten Lebensmitteln braucht.

Bundesrätin Simonetta Sommaruga wies im Rat darauf hin, dass der Bundesrat Anfang April einen Aktionsplan gegen die Lebensmittelverschwendung verabschiedete. Er hat zum Ziel, die Lebensmittelverschwendung bis 2030 im Vergleich zu 2017 zu halbieren.

Am 12. Mai 2022 hat der Bund zudem eine branchenübergreifende Vereinbarung mit den Unternehmen und Organisationen des Lebensmittelsektors unterzeichnet, in der Reduktionsziele festgelegt werden. Der Bund habe also das Anliegen der Postulantinnen und Postulanten aufgenommen, sagte die Bundesrätin. Die Arbeiten liefen.

Die Landesregierung wandte sich deshalb gegen die Überweisung der Vorstösse, doch kamen die drei Vorstösse - wenn auch teilweise knapp - durch.

Besserer Schutz vor Gewalt am Arbeitsplatz

Geht es nach dem Nationalrat, soll die Schweiz ein Übereinkommen der internationalen Arbeitsorganisation IAO zur Beseitigung von Gewalt und Belästigung bei der Arbeit unterzeichnet. Anders als dem Ständerat sind ihm die Rahmenbedingungen für die Genehmigung klar genug.

Mit 124 zu 49 Stimmen bei vier Enthaltungen stimmte der Nationalrat am Montag dem Bundesbeschluss zur Genehmigung des Übereinkommens zu.

Der Ständerat war im September nicht auf die Vorlage eingetreten und hatte genauere Abklärungen zu den Konsequenzen eines Schweizer Beitritts gefordert. Es habe keine Vernehmlassung zur Vorlage stattgefunden, wurde kritisiert. Auch äusserten Ständeratsmitglieder Zweifel an der Aussage der Landesregierung, dass «nach aktuellem Stand» die Schweizer Gesetzgebung nicht angepasst werden müsse.

Die Mehrheit des Nationalrats war aber der Meinung, eine Vernehmlassung würde keine neuen Erkenntnisse bringen. Denn die Arbeitgeber- und die Arbeitnehmerorganisationen stünden hinter dem Übereinkommen und seien in die Arbeiten auf Bundesebene einbezogen worden.

Ein Nein der Schweiz zur Ratifizierung des Abkommens würde in anderen Ländern schlecht aufgenommen, hiess es im Nationalrat auch. Wirtschaftsminister Guy Parmelin sagte, ein informelles Rechtsgutachten des Internationalen Arbeitsbüros habe bestätigt, dass das Schweizer Recht durch die Unterzeichnung des Abkommens nicht angepasst werden müsse.

Es handelt sich um das Übereinkommen Nummer 190 der Internationalen Arbeitsorganisation von 2019 über die Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt. Es ist das erste Abkommen, das eine international vereinbarte Definition von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt enthält, wie der Bundesrat schrieb.

Das Übereinkommen sieht ein gesetzliches Verbot von Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz vor. Weiter nennt es Massnahmen zur Prävention und, für Opfer, Unterstützungs- und Abhilfemassnahmen. Das Geschäft geht nun wieder in den Ständerat.

Baldige leistungsfähige Ost-West-Achse für Züge

Neue Bahnstrecken zur Verkürzung der Reisezeiten zwischen Lausanne und Bern sowie zwischen Winterthur und St. Gallen: Das Parlament erhöht den Druck auf den Bundesrat, ab 2030 mit der Umsetzung der entsprechenden Arbeiten zu beginnen.

Der Nationalrat hiess am Montag eine entsprechende Motion der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF-N) mit 145 zu 34 Stimmen und mit 4 Enthaltungen gut. Vergangene Woche hatte schon der Ständerat eine gleich lautende Motion seiner Verkehrskommission angenommen.

Ein Zug faehrt aus dem Bahnhof Bern, am Sonntag, 14. Dezember 2014. Seit heute Sonntag gilt der Fahrplan 2015. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)
Auf diversen Zugstrecken der Schweiz werden verkürzte Reisenzeiten angepeilt.Bild: KEYSTONE

Die Kommissionen begründeten ihre Motionen mit dem kürzlich beschlossenen Verzicht auf die Wankkompensationstechnologie, das Wako-Projekt. Die fehlenden Reiseminuten zwischen Lausanne und Bern sowie Winterthur und St. Gallen können nun nicht mit Wankzug-Kompositionen herausgeholt werden.

Diese Verkürzung der Fahrzeit unter eine Stunde zwischen den Knoten ist nötig für die sogenannte Vollknotenlösung des Fernverkehrssystems. Also bleiben nur noch Infrastrukturmassnahmen, um das Ziel zu erreichen.

Die Räte fordern mit ihren Motionen deshalb mit Nachdruck vom Bundesrat, bis 2026 Massnahmen vorzuschlagen, um spätestens bis zum Ende des Jahrzehnts mit der Umsetzung von neuen Bahnstrecken zur Verkürzung der Reisezeiten zwischen Lausanne und Bern sowie zwischen Winterthur und St. Gallen zu beginnen.

Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga hatte im Ständerat erklärt, die Arbeiten seien bereits aufgegleist worden.

Mit einer zweiten, mit 126 zu 47 Stimmen bei 6 Enthaltungen angenommenen Motion will der Nationalrat den Bundesrat beauftragen, sich verstärkt auf den Bau des «Verkehrskreuzes Schweiz» zu konzentrieren. Die Bundesrat soll Anträge stellen für die entsprechenden Budgets.

Die Rede ist von Projektierung und Bau aller fehlenden Abschnitte für den Fernverkehr von Grenze zu Grenze, entlang des gesamten Schweizer Territoriums, sowohl zwischen Süden und Norden als auch zwischen Ost und West. Der Aargauer SVP-Nationalrat Benjamin Giezendanner beantragte zu dieser Motion ein Nein, und auch der Bundesrat lehnt die Motion ab.

Sie geht an den Ständerat.

Ständerat

Schritte gegen tierquälerischen Welpenhandel

Bund und Kantone sollen den Kampf gegen tierquälerischen Welpenhandel verstärken. Das Parlament verlangt verbindliche Regelungen, um den Daten- und Informationsaustausch mit ausländischen Behörden sicherzustellen.

Der Ständerat hat am Montag eine entsprechende Motion der Schaffhauser SP-Nationalrätin Martina Munz oppositionslos angenommen. Der Nationalrat hatte dem Vorstoss schon am Ende der Sommersession stillschweigend zugestimmt.

Martina Munz, SP-SH, beantwortet eine Frage, an der Sommersession der Eidgenoessischen Raete, am Donnerstag, 2. Juni 2022 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)
SP-Nationalrätin Martina MunzBild: keystone

Die Motionärin kritisierte, dass die Datenübermittlung heute nur mit einem Amtshilfegesuch an die Schweiz möglich sei. Das sei umständlich und viel zu langwierig, um rasch gegen fehlbare Hundehändler aktiv zu werden. Der Bundesrat war mit dem Vorstoss einverstanden.

Statistik zu Kindern als Gewaltzeugen

Der Bund soll nach dem Willen des Parlaments statistisch erfassen, wie viele Kinder in der Schweiz als Zeugen indirekt von häuslicher Gewalt betroffen sind. Nach dem Nationalrat hat am Montag auch der Ständerat eine entsprechende Motion von Christine Bulliard-Marbach (Mitte/FR) mit 23 zu 19 Stimmen angenommen.

Der Ständerat folgte damit der knappen Mehrheit seiner vorberatenden Kommission. Wer Zeuge solcher Handlungen sei, sei einer Form von psychischer Gewalt ausgesetzt, die nicht ohne Folgen bleibe, begründete die Kommission.

Die Motionärin erinnerte in ihrer schriftlichen Begründung daran, dass die bestehende Polizeistatistik nur die bekannt gewordenen Straftaten erfasse. Dadurch würde aber nur die Anzahl Kinder als Opfer im strafrechtlichen Sinne bekannt. Kinder seien aber auch betroffen, wenn sie bei Gewalttätigkeiten im selben Raum anwesend sind, diese in einem Nebenraum mitanhören müssten oder die Auswirkungen von Gewalt an ihren Eltern oder nahen Bezugspersonen wahrnehmen.

Der Bundesrat ist hat nun den Auftrag in regelmässigen Abständen auf nationaler Ebene statistisch zu erheben, wie viele Kinder Zeugen von häuslicher Gewalt sind. Die Minderheit der Kommission war mit dem Bundesrat der Meinung, es gebe bereits heute viele Massnahmen und Möglichkeiten, die gewünschte Statistik zu erstellen.

Gesetzliche Anerkennung von Gebärdensprache

Das Bundesparlament will die drei in der Schweiz genutzten Gebärdensprachen gesetzlich anerkennen. Der Ständerat hat eine Motion der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrats (WBK-N) überwiesen.

Die kleine Kammer fällte ihren Entscheid oppositionslos. Der Nationalrat hatte die Motion bereits in der Sommersession gutgeheissen. Der Bundesrat muss sich nun an die Umsetzung machen.

Woman signing the word 'Afford' in American Sign Language while communicating with a man
Gebärdensprache soll in der Schweiz bald gesetzlich anerkannt werden.Bild: Huntstock

Gegenstand des neu zu schaffenden Gesetzes soll laut Motionstext neben der Anerkennung und Förderung der Gebärdensprachen auch die Chancengleichheit in den Bereichen Information, Kommunikation, politische Mitwirkung, Dienstleistungen, Bildung, Arbeit, Kultur und Gesundheit sein.

Der Bundesrat hatte sich in seiner Stellungnahme bereiterklärt, die gesetzliche Anerkennung der Gebärdensprache an die Hand zu nehmen. Die Motion empfahl er zur Annahme. Allerdings möchte er dafür nur das Behindertengleichstellungsgesetz entsprechend ergänzen und kein eigenes Gesetz schaffen. Diesen Weg schlägt die Landesregierung vor, weil er keine personellen und finanziellen Auswirkungen hätte.

Sozialminister Alain Berset versprach in der Debatte, man werde beide Varianten in die Vernehmlassung schicken. Der Schweizerische Gehörlosenbund tritt seit längerem für ein eigenes Gesetz ein.

Die Gebärdensprachen seien weit mehr als ein Hilfsmittel, sagte Marina Carobbio Guscetti (SP/TI). Sie seien eigenständige Sprachen und wichtig für die Kultur der Gehörlosengemeinschaft: «Sprache ist keine Behinderung.»

Die Tessiner Ständerätin forderte ebenso wie Marianne Maret (Mitte/VS) Verbesserungen, etwa, was den Zugang zu Übersetzungsleistungen angeht.

Eine Minderheit der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK-S) bevorzugte den vom Bundesrat vorgeschlagenen Weg. Sie fürchtete eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Formen von Behinderungen, verzichtete aber auf einen Gegenantrag.

Rund 10'000 gehörlose Menschen in der Schweiz benutzen laut Angaben des Bundes eine der drei schweizerischen Gebärdensprachen als Erstsprache: die Deutschschweizer Gebärdensprache, die Langue de signes française und die Lingua dei segni italiana.

Schritte gegen Lebensmittelbetrug

Das Parlament will zusätzliche Massnahmen gegen Lebensmittelbetrug. Als Zweitrat hat der Ständerat am Montag oppositionslos drei entsprechende Motionen aus dem Nationalrat angenommen.

Eingereicht hatten die Vorstösse Mike Egger (SVP/SG), Martina Munz (SP/SH) und Sophie Michaud Gigon (Grüne/VD). In den Motionen ging es unter anderem um die Schaffung einer Fachkommission sowie neuer gesetzlicher Grundlagen und einen besseren Informationsaustausch zwischen den Behörden.

Mike Egger, SVP-SG, stellt eine Frage, an der Wintersession der Eidgenoessischen Raete, am Donnerstag, 1. Dezember 2022 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)
SVP-Nationalrat Mike Egger.Bild: keystone

Der Nationalrat hatte den Vorstössen schon im Jahr 2021 zugestimmt. Der Bundesrat war mit dem Auftrag einverstanden. Es geht etwa um Betrug in Form von falschen Etikettenangaben, gefälschten Dokumenten, minderwertigen Inhaltsstoffen oder unerlaubten Produktionsweisen.

Regelmässige Präventionskampagnen gegen Gewalt

Der Bund soll regelmässig schweizweite Kampagnen führen gegen häusliche Gewalt, sexuelle Gewalt und geschlechtsbezogene Gewalt. Der Ständerat hat am Montag als Zweitrat drei gleichlautende Vorstösse oppositionslos angenommen.

Gemäss einer Sotomo-Erhebung vom November 2021 hätten 42 Prozent der Frauen und 24 Prozent der Männer Gewalt in der Beziehung erlebt, schreiben die Autorinnen der Vorstösse in ihren Begründungen. Im Mittel alle zwei Wochen sterbe gemäss Bundesamt für Statistik in der Schweiz jemand infolge von häuslicher Gewalt. Die meisten Opfer sind Frauen.

Regelmässige und auf bestimmte Zielgruppen ausgerichtete Präventionskampagnen seien in den Augen von Experten zentral, um Gewalt zu verhüten und zu bekämpfen. Mit der Annahme der Istanbul-Konvention habe sich die Schweiz zu solchen Kampagnen verpflichtet.

Der Bundesrat war mit den Aufträgen einverstanden. Bereits im Rahmen der Debatten vom Frühling 2022 in den Räten zu den gleichen oder ähnlich lautenden Vorstössen sagte Gesundheitsminister Berset, dass eine solche Kampagne bis zu 2 Millionen Franken im Jahr kosten könne. Das hätten die Erfahrungen mit den Kampagnen gegen Aids gezeigt.

Vereinheitlichung von EO-Maximalbeträgen

Frauen werden voraussichtlich in Zukunft bei Mutterschaft von der Erwerbsersatzordnung gleich hoch entschädigt wie Militärdienstleistende. Der Ständerat hat am Montag eine entsprechende Motion von Eva Herzog (SP/BS) angenommen.

Die kleine Kammer fällte ihren Entscheid mit 20 zu 17 Stimmen bei einer Enthaltung. Damit geht die Motion an den Nationalrat. Dessen Zustimmung ist wahrscheinlich. Denn bereits in der Frühjahrssession hatte die grosse Kammer einen Vorstoss der früheren Berner SP-Nationalrätin Margret Kiener Nellen mit dem gleichen Anliegen gutgeheissen.

Für den Ständerat war es denn auch bereits das zweite Mal innerhalb weniger Monate, dass er sich mit der Frage befasste. Im Juni hatte die kleine Kammer die Motion Kiener Nellens noch knapp verworfen - mit Stichentscheid des damaligen Ständeratspräsidenten Thomas Hefti (FDP/GL).

Die Gegner des Vorstosses argumentierten am Montag wie schon im Juni mit den Kostenfolgen gleich hoher Ansätze. Herzog vertrat dagegen die Ansicht, die Ungleichbehandlung sei aus der Zeit gefallen. Zudem benachteilige sie Arbeitgeber, die männliche und weibliche Angestellte gleich behandeln wollten.

Bei der AHV-Revision habe die Befürworterseite mit der Gleichstellung argumentiert, so Herzog. Diese müsse auch gelten, wenn sie zugunsten der Frauen sei.

Heute beträgt die maximale Entschädigung bei Mutterschaft 196 Franken pro Tag, während die EO bei Militärdienst bis zu 245 Franken am Tag entrichtet.

In ihrem Vorstoss kam Herzog der Gegnerseite entgegen und schlug als Variante vor, eine neue einheitliche maximale Entschädigung festzulegen, deren Betrag zwischen diesen beiden Werten gelegen hätte.

Der Bundesrat verwies in seiner ablehnenden Stellungnahme auf den Willen des Gesetzgebers bei der Unterscheidung. Diese sei politisch gewollt. Er wollte andere familienpolitische Projekte mit der EO - etwa für die Betreuung von Angehörigen - nicht mit den erwarteten Mehrkosten gefährden.

Der Unterschied erkläre sich daraus, dass heute nur Militärdienstleistende Kinderzulagen erhielten, führte Sozialminister Alain Berset aus. Eine Ausweitung würde Mehrkosten von mindestens 250 Millionen Franken pro Jahr verursachen. Müssten die heutigen Mittel ausreichen, würde die Kinderzulage viel zu tief ausfallen, gab er ohne Erfolg zu bedenken.

Bundesrat soll bis Ende 2023 Entschuldungsplan für IV vorlegen

Der Ständerat will vom Bundesrat bis Ende 2023 einen Entschuldungsplan für die Invalidenversicherung (IV). Diese steht bei der AHV mit über zehn Milliarden Franken in der Kreide. Der Vorstoss der Gesundheitskommission des Ständerates geht nun an den Nationalrat.

Der Ständerat überwies die Forderung am Montagabend oppositionslos. Auch der Bundesrat war bereit, die Motion der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates (SGK-S) anzunehmen.

Kommissionssprecher Alex Kuprecht (SVP/SZ) führte aus, eine Rückzahlung der Darlehen an die AHV sei nicht in Sicht und nicht möglich. «Die schuldentilgenden Perspektiven sind nie eingetroffen.» Dies namentlich auch wegen Gerichtsurteilen sowie Parlamentsbeschlüssen für zusätzliche Aufgaben an die IV.

Es bleibe deshalb nichts anderes übrig, als dass der Bund einen Lösungsweg finden und dem Parlament vorlegen müsse. Bis Ende 2023 soll der Bundesrat aufzeigen, wie der Bund den Betrag übernehmen oder tilgen könnte.

Auch Paul Rechtsteiner (SP/SG) unterstrich, dass der Bund und nicht die AHV in der Verantwortung stehe. Die IV könne in ihrem verfassungsmässigen Auftrag nicht in Frage gestellt werden. Auch für Energieunternehmen habe der Bund ja milliardenschwere Rettungsschirme aufgespannt. «Es muss endlich eine Lösung gefunden werden.»

Von 2011 bis 2017 gab es für die IV dank einer Zusatzfinanzierung über eine befristete Erhöhung der Mehrwertsteuer etwas Entlastung und sie konnte den Schuldenberg bei der AHV um rund fünf Milliarden Franken reduzieren. Seither floss kein Rappen mehr zurück von der IV zur AHV.

Die Motion der SGK-S ist bezüglich möglicher Lösungsansätze offen formuliert. Klar sei, dass die IV weiterhin finanziellen Handlungsspielraum benötige, der «nicht durch den Druck einer Schuldentilgung eingeschränkt werden sollte», schreibt der Bundesrat in seiner Antwort auf den Vorstoss.

Als mögliche Optionen für die Schleifung des Schuldenberges sieht der Bundesrat «strukturelle respektive einnahmenseitige Massnahmen». Gerade von bürgerlicher Seite in den Räten dürfte aber auch der Ruf nach Massnahmen auf der Ausgabenseite laut werden.

Versorgung bei seltenen Krankheiten verbessern

Das Parlament will vom Bundesrat eine gesetzliche Grundlage, damit die Massnahmen des 2014 verabschiedeten nationalen Konzepts seltene Krankheiten (NKSK) auch finanziell abgesichert sind. Der Ständerat hat am Mittwoch als Zweitrat gegen den Willen des Bundesrates eine Motion seiner Gesundheitskommission überwiesen.

Die kleine Kammer nahm den Vorstoss mit 25 zu 10 bei einer Enthaltung an.

Bei der finanziellen Absicherungen von Leistungsverträgen soll sich der Bund demnach mit den Kantonen abstimmen für eine nachhaltige Patientenfinanzierung. Es gebe bisher keine rechtlichen Grundlagen für die Finanzierung im Rahmen des NKSK, sagte Kommissionssprecher Damian Müller (FDP/LU).

Betroffene von seltenen Krankheiten erhalten seit Sommer 2020 in anerkannten und speziellen Diagnosezentren in Zürich, Basel, Bern, St. Gallen, Lausanne und Genf schnellere Hilfe und raschere Diagnosen. Hinzugekommen sind seither vier Referenzzentren mit angeschlossenen Netzwerken.

In der Schweiz leiden gemäss einer Schätzung des Bundes mehr als 500'000 Menschen an einer seltenen Krankheit. Eine Krankheit gilt als selten, wenn sie höchstens fünf von 10'000 Menschen betrifft und lebensbedrohlich oder chronisch einschränkend ist.

(dab/sda)

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