Die Fragestunde im Schweizer Parlament ist normalerweise kein Hingucker. Volks- und Lobbyvertreter stellen politische oder hochtechnische Fragen an den Bundesrat, dieser wiederum liefert die Antworten mündlich oder schriftlich. Politikerinnen nutzen diese Möglichkeit oft, um Informationen zu einer bestimmten Sachlage einzuholen oder um ein Thema aufs politische Tapet zu bringen.
Vor ziemlich genau zehn Jahren sorgte ein Auftritt vom damaligen Bundesrat Hans-Rudolf Merz für internationales Aufsehen. SVP-Nationalrat Jean-Pierre Grin wollte wissen, wie und ob verhindert wird, dass zu viel ausländisches, «gepfeffertes Fleisch» in die Schweiz importiert werde. Die einheimischen Produzenten würden einen Preisdruck in «inakzeptablem Ausmass» erleben.
Merz' Beamte recherchierten und lieferten die gewollten Informationen. Sie vorformulierten ihm die Antworten jedoch in einem solch unverständlichen Juristendeutsch, dass der Bundesrat unfreiwillig die Rede mit viel (Heiterkeit), (Grosse Heiterkeit) und (Beifall) – gemäss Wortprotokoll – ablesen musste.
Die Rede von Merz ging um die Welt. Die Bündner Fleischproduzenten nutzten seinen Auftritt für eine PR-Aktion vor dem Bundeshaus und beschenkten den damaligen Finanzminister mit Bündnerfleisch.
Die Beamten von Merz blieben aber nicht tatenlos. Zwar wechselte die Angelegenheit zwischenzeitlich ins Departement vom heutigen Wirtschaftsminister Guy Parmelin – über zehn Jahre nach der legendären Bündnerfleisch-Rede liegt nun aber eine Lösung auf dem Tisch für den Zollstreit rund um gewürztes Trockenfleisch.
Ziel war es, Tricksereien ausländischer Fleischproduzenten beim Zolltarif zu verhindern. Auf Druck des Parlaments musste der Bundesrat handeln, höhere Zolltarife für Würzfleische standen aber im Konflikt mit den internationalen Wettbewerbsrichtlinien der Welthandelsorganisation (WTO). Das wussten ausländische Staaten, sie verpfiffen die Schweiz und zwangen sie an den Verhandlungstisch.
Die Schweiz diskutierte daraufhin im sogenannten «Dekonsolidierungsverfahren», welche Kompensationen es mit den Ländern geben soll. So wollte man verhindern, dass die Länder wiederum Zölle auf Schweizer Exporte erheben.
Die Einigung liegt nun auf dem Tisch – und ja, sie betrifft auch das Dossier Bündnerfleisch, auch wenn das zuständige Bundesamt für Landwirtschaft auf Anfrage von watson lediglich von «Trockenfleisch» sprechen will. Die Einigung sieht wie folgt aus: Die Schweiz verpflichtet sich, das Zollkontingent für rotes Fleisch um 1200 Tonnen zu erhöhen.
Davon bleiben 600 Tonnen reserviert für den Import von gesalzenem, gewürztem Rindfleisch, das bereits zur Herstellung von Trockenfleisch zugeschnitten ist und zu keinem anderen Zweck verwendet werden kann. Das neue Teilzollkontingent für gewürztes Rindfleisch soll ab 2021 monatlich in Tranchen versteigert werden. Über die definitive Einführung dieser Lösung entscheidet das Parlament.
Frankygoes
Das Bübübü ist ja kaum 10 Jahre her.
Jamaisgamay
Problem gelöst? Ausländisches Fleisch, nur weil es an Bündner Luft getrocknet wird, mit einer IGP auszuzeichnen, ist ja wohl absurd. Die Schweiz hat ein Problem mit Herkunftsbezeichnungen.
raues Endoplasmatisches Retikulum
Wegen Souveränitätsverlust und so...
Oder nimmt man das einfach so hin, dass die Schweiz mit fremden Mächten, am Schluss noch mit der EU, verhandeln muss, wie viel Fleisch sie importiert und ob sie Zölle erheben darf?
Sollen etwa fremde Handelsministerien unsere Zölle festlegen?
Das schreit geradezu nach dem Austritt aus der WTO
*Gewürzt mit Sarkasmus*