Schweiz
Nationalrat

SVP-Nationalrat Fischer will Hilfsgelder für Palästinenser stoppen

SVP-Nationalrat will Hilfsgelder für Palästinenser stoppen – und macht den Linken Vorwürfe

Der Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel bewegt auch im Bundeshaus die Gemüter. SVP-Nationalrat Benjamin Fischer will einen neuen Anlauf starten, um die finanzielle Unterstützung von umstrittenem Schulmaterial in palästinensischen Schulen zu stoppen.
09.10.2023, 06:03
Christoph Bernet / ch media
Mehr «Schweiz»
Benjamin Fischer, SVP-ZH, spricht zur Grossen Kammer, an der Wintersession der Eidgenoessischen Raete, am Donnerstag, 1. Dezember 2022 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)
Will Schweizer Hilfsgelder für Palästinenser stoppen: SVP-Nationalrat Benjamin Fischer.Bild: keystone

Auch die Schweizer Politik reagiert auf die Gewalt im Nahen Osten. Das Aussendepartement EDA verurteilte den Angriff der Hamas im Namen des Bundesrats. Die Schweiz fordere «eine sofortige Beendigung der Gewalt und den Schutz der Zivilbevölkerung».

Auch im Parlament gibt der Gewaltausbruch zu reden. Der Zürcher SVP-Nationalrat Benjamin Fischer, Mitglied der parlamentarischen Gruppe-Schweiz-Israel, forderte den Bundesrat auf X dazu auf, «per sofort alle Geldflüsse an palästinensische Organisationen zu stoppen». Im Falle einer Wiederwahl werde er im Parlament einen entsprechenden Vorstoss einreichen.

Auf Anfrage von CH Media erläutert Fischer, es gehe ihm vor allem um die rund 20 Millionen Franken im Jahr, mit welchen die Schweiz die UNWRA unterstützt, das Hilfswerk der UNO für die palästinensischen Flüchtlinge. Die UNWRA betreibt unter anderem Schulen für palästinensische Schulkinder im Westjordanland und im Gazastreifen, aber auch in Jordanien, Syrien und Libanon.

Im Parlament gab es von bürgerlicher Seite wiederholt Kritik am und Vorstösse zum Schulmaterial, das in UNWRA-Schulen zum Einsatz kommt. Dieses sei antisemitisch und fördere den Hass auf Israel.

Der Bundesrat stellte sich stets auf den Standpunkt, dass das beanstandete Lehrmaterial nicht von der UNWRA, sondern von den Schulbehörden der jeweiligen Länder erstellt werde. Man befinde sich im regelmässigen Austausch mit der UNWRA-Leitung und setze sich dafür ein, dass die benutzten Lehrmittel den Werten der UNO entsprechen.

«Linke muss sich eindeutig von Terror distanzieren»

Damit will sich SVP-Nationalrat Fischer nicht zufriedengeben. Leider werde die Problematik weder vom Bund noch bei der UNWRA ernst genommen: «Dabei zeigen die öffentlichen Freudenfeiern in den Palästinensergebieten über die abscheulichen Gräueltaten an der israelischen Zivilbevölkerung, wie tief Israel- und Judenhass in der Gesellschaft verwurzelt sind.»

Es gebe keine klare Trennlinie zwischen der Hamas und der palästinensischen Zivilgesellschaft, die der Bund angeblich ausschliesslich unterstütze. Für Fischer ist deshalb klar: «Mindestens bis zum Ende der Kampfhandlungen muss der Bundesrat jegliche finanzielle Unterstützung für die Palästinenser einstellen.»

Fischer hofft, dass der brutale Angriff der Hamas «endlich auch bei jenen für ein Umdenken sorgt, die sich bisher nicht wirklich von diesen Terroristen distanzieren mochten.» Er verweist darauf, dass es der Nationalrat mit Ausnahme der SVP-Fraktion und einzelner Mitte- und FDP-Vertretern im Juni 2022 grossmehrheitlich abgelehnt hatte, die Hamas wie die Al-Kaida oder den IS als Terrororganisation zu deklarieren und zu verbieten.

Der Bundesrat und die Parlamentsmehrheit waren damals der Ansicht, dass ohne Beschluss des UN-Sicherheitsrats die Rechtsgrundlage fehle, um die Hamas als Terrororganisation zu deklarieren. Ausserdem könne ein solcher Schritt die Guten Dienste und die Vermittlerrolle der Schweiz in der Region gefährden.

Fischer sagt dazu: «Mir ist es schleierhaft, warum gerade die Linken, die sonst bei jeder Gelegenheit dazu aufrufen, man müsse sich gefälligst von diesem und jenem distanzieren, sich nicht eindeutig vom palästinensischen Terror distanzieren.»

«Das macht uns nicht zu Freunden der Hamas»

Der Genfer SP-Ständerat Carlo Sommaruga ist Präsident der parlamentarischen Gruppe Schweiz-Palästina, der Vertreter von Linkaussenparteien, SP, Grünen und GLP angehören. Sekretär der Gruppe ist seit kurzem Ex-Nationalrat Geri Müller (Grüne), der 2012 Vertreter der Hamas im palästinensischen Parlament ins Bundeshaus eingeladen hatte.

Carlo Sommaruga, SP-GE, rechts, spricht neben Mathilde Crevoisier Crelier, SP-JU, links, waehrend der Herbstsession der Eidgenoessischen Raete, am Donnerstag, 28. September 2023 im Staenderat in Bern. ...
SP-Ständerat Carlo Sommaruga: «Ich verurteile die Gewalt unmissverständlich.»Bild: keystone

SP-Ständerat Sommaruga sagt: «Ich verurteile die Gewalt der Hamas an der israelischen Zivilbevölkerung unmissverständlich.» Eine politische Nähe zur Hamas weist er von sich. Die parlamentarische Gruppe Schweiz-Palästina sehe es in erster Linie als ihre Aufgabe an, zu informieren und den Austausch zwischen verschiedenen Akteuren zu fördern: «Bei unseren Veranstaltungen kommen sowohl palästinensische als auch israelische Stimmen zu Wort.»

Geri Müller sei 2012 noch nicht Sekretär der Gruppe gewesen, sagt Carlo Sommaruga: «Die Einladung der Hamas-Vertreter im Jahr 2012 war Müllers private Aktion, die ich abgelehnt habe». Die parlamentarische Gruppe diene keiner bestimmten palästinensischen Partei. Sie orientiere sich am Einsatz für die Einhaltung des humanitären Völkerrechts, für die Umsetzung der UNO-Resolutionen, gegen die illegale Besiedlung der besetzten Gebiete durch Israel sowie für ein selbstbestimmtes Leben in Würde für das palästinensische Volk.

«Das macht uns nicht zu Freunden der Hamas», sagt Sommaruga. Er selber habe bei seinen Reisen in die besetzen Gebiete stets darauf geachtet, dass seine Anwesenheit von niemandem propagandistisch ausgeschlachtet werde. Und er kritisiere seit langem auch die palästinensischen Machthaber von Fatah und Hamas, etwa für die willkürliche Inhaftierung von Kritikern. (aargauerzeitung.ch)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
165 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
banda69
09.10.2023 06:20registriert Januar 2020
In einigen Punkten hat der SVPler recht.

Aber wo war und ist seine Stimme, wenn es um den russischen Terror geht? Was ist mit der von den SVPlern so hoch gehaltene Neutralität? Oder profitieren die SVPler nicht im selben Masse wie bei den Russen?
32266
Melden
Zum Kommentar
avatar
Schneider Alex
09.10.2023 06:16registriert Februar 2014
Nach der Sanktionspolitik gegen Russland wäre eine solche Reaktion eigentlich eine logische Konsequenz.
16137
Melden
Zum Kommentar
avatar
dergraf
09.10.2023 06:37registriert April 2016
Fischer will offenbar die palästinensische Bevölkerung vollständig in die Arme der Terroristen von Hams treiben. Die Palästinenser:innen sind Geiseln der Hamas; werden aber gleichzeitig von Israel drangsaliert. Es ist besser, die Kinder in Palästina zu bilden.
Fischer's Verlautbarung dürfte Wahlkampflärm sein, um auf sich aufmerksam zu machen. Oder hat jemand etwas von Fischer aus dem Nationalrat vernommen?
Und wo war Fischer als es um Sanktionen für Russland ging?
225126
Melden
Zum Kommentar
165
Untersuchung entlastet UNRWA: Verändert sich so alles? Ein Überblick
Das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA sei von Hamas-Terroristen infiltriert, behauptete Israel im Januar. Viele Staaten, auch die Schweiz, setzten ihre Hilfszahlungen daraufhin aus. Nun hat eine unabhängige Untersuchung keine Belege für Israels Anschuldigungen finden können. Was bedeutet dieses Resultat? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Anfang Jahr forderte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, dass die Vereinten Nationen (UN) das Mandat des Palästinenserhilfswerks UNRWA beendet. Gemäss Israel sei die Organisation von Hamas-Terroristen unterwandert. Ihr Geheimdienst habe Belege, die beweisen würden, dass zwölf UNRWA-Mitarbeitenden sich aktiv am terroristischen Angriff der Hamas am 7. Oktober 2023 beteiligt zu haben.

Zur Story