«Bro, eifach en scheiss Biber in Züri», sagt einer der jungen Männer, der filmt. «Es Meersäuli», nennt ein anderer das Tier. Doch auf dem Video ist klar zu sehen: Es handelt sich um ein Murmeltier, das sich inmitten der Zürcher Rentenwiese von Touristen füttern lässt.
Komplett ruhig knabbert das Murmeltier an seinem Snack, den er angeblich von den Touristen geklaut hat. Als einer der Männer dem Murmeltier eine Passionsfrucht anbieten will, rennt das Nagetier davon und versteckt sich im Gebüsch.
Die Szene geht auf TikTok viral. Knapp 70'000 Aufrufe verzeichnet das Video. In der Kommentarspalte fragen sich sich viele, wie das Tier in die Stadt kommt. «Murmeltiere leben doch in den Bergen?», fragt ein User. «Wie kommt das nach Zürich?», fragt ein anderer. Aber niemand hinterfragt das Video.
Auf Anfrage bei der Stadt Zürich teilt das Departement Grün mit, dass man keine Meldung erhalten habe zu einem in der Stadt lebenden Murmeltier. Aber die Stadt empfiehlt, generell keine Wildtiere zu füttern, wie es auf dem Video zu sehen ist.
watson versuchte, die Situation mit dem Tierexperten Andreas Moser zu analysieren. Der frühere «Netz Natur»-Moderator hat bereits viele Murmeltiere für Dokumentarfilme gefilmt und weiss, wie sich das Nagetier verhält. Er sagt zum Video: «Das stinkt bis zum Himmel.»
«Es ist ausgeschlossen, dass ein Murmeltier in der Nähe der Rentenwiese lebt. Das Tier im Video zeigt sich zutraulich und komplett ohne Berührungsängste. Wenn das tatsächlich so wäre, hätten bereits tausende Menschen das Tier wahrnehmen müssen», sagt Moser.
Murmeltiere seien normalerweise in den Bergen, ab 900 Höhenmetern, anzutreffen. Keines dieser Tiere würde den Weg bis nach Zürich auf sich nehmen. «Und falls es jemand ausgesetzt hätte, dann würde es auch nicht so ruhig und ohne Berührungsängste auf der Rentenwiese bleiben», ist der Tierexperte überzeugt.
Nicht zuletzt würde ein Murmeltier laut Moser nicht in ein Gebüsch flüchten, sondern eher auf der Wiese weiter davonrennen. Denn: «Murmeltiere suchen sich Löcher als Versteck und kein Gebüsch.» Moser glaubt deshalb, dass es sich beim Video um einen Fake handelt.
Auf eine Anfrage von watson bei den Erstellern des Videos meldet sich niemand. watson-Videoredaktor Nico Bernasconi hat die Szene aber genauer unter die Lupe genommen. Und auch er ist überzeugt: «Beim Murmeltier/Biber-Clip handelt es sich um einen Fake.»
Hier seien zwei Videos miteinander «verschmolzen» worden. Einerseits das Video vom essenden Murmeltier, andererseits das perfekt geplante und gestellte Video mit den jungen Männern. Auffallend sei etwa die Kameraführung am Anfang gwesen: «sie war zu statisch», als hätte der Filmende ein Stativ dabeigehabt.
Die Unterschiede zwischen den zwei Videos würden aber auch durch die Lichtverhältnisse auffallen. «Das Murmeltier hat eine viel bessere Qualität als die Umgebung», sagt Bernasconi. Und der Schatten des Tieres sei unterschiedlich im Vergleich zum Schatten der Umgebung.
Doch der springende Punkt: «Als das Murmeltier davonrennt, gibt es einen Bearbeitungsfehler. Man sieht beim Masken-Übergang zwischen dem Fell und dem Rucksack ein Stück vom Boden. Aber ich muss sagen, das Video ist ein sehr gut gemachter Fake», sagt Bernasconi.
Tierexperte Andreas Moser sieht sich bestätigt. Er fände das Fake-Video auch lustig, aber er weist darauf hin: «Wenn man ‹Unmögliches› so täuschend echt mit künstlicher Intelligenz und Bearbeitungsfähigkeiten fälschen kann, geht die Glaubwürdigkeit der Bildbeweise durch Fotos und Videos völlig verloren. Das hat für die Medien und die ganze Gesellschaft dramatische Konsequenzen.»
Dem müssen wir unbedingt mehr Reichweite verschaffen.
Idicracy. ¯\_(ツ)_/¯
DAs schlimmste am Ganzen finde ich die "Konversation" der Typen im Video...
So stelle ich mir Kommunikation unter Neandertalern vor... :)