Die Schweiz hat wieder einen vollwertigen Astronauten. Der Berner Marco Sieber ist am Montag nach Abschluss der Astronauten-Grundausbildung in Köln zusammen mit vier weiteren neuen Astronautinnen und Astronauten offiziell ins Astronauten-Corps der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) aufgenommen worden.
Der 35-Jährige wird damit nach Claude Nicollier der zweite Schweizer im Weltraum sein.
Zwischen 2026 und 2030 werden die neuen europäischen Astronautinnen und Astronauten für Missionen zur Internationalen Raumstation fliegen, um wissenschaftliche Experimente durchzuführen, hiess es an der Zeremonie.
Nachdem er sein Diplom erhalten hatte, sagte Sieber:
Als er erfahren habe, dass es diese Möglichkeit gebe, sei er voll und ganz dabei gewesen. Für Weltraummissionen fühle er sich gut vorbereitet, sagte er zur Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Angst habe er keine.
So richtig als Astronaut fühle er sich aber trotz abgeschlossener und bestandener Astronauten-Grundausbildung nicht. «Ich bin der Meinung, dass man erst richtig Astronaut ist, wenn man in den Weltraum geflogen ist», sagte er.
Nach ein paar Tagen Ferien wird für Sieber bald das sogenannte Pre-Assignment-Training beginnen – also weitere Trainingseinheiten wie Flugstunden und medizinisches Training.
Die fünf Neo-Astronauten, die heute ihr Diplom erhielten, waren aus 22500 Bewerberinnen und Bewerbern für den Lehrgang ausgewählt werden. Das Astronauten-Diplom erhielten die neuen Astronauten zum Abschluss einer einjährigen Grundausbildung am Astronautenzentrum der ESA in Köln.
In der Ausbildung mussten Sieber und seine Kolleginnen und Kollegen zunächst vorwiegend Theorie büffeln. Ziel der Grundausbildung war es, Hintergrundwissen in Biologie, Medizin, Physik und Technik aufzubauen. Auch ein Fotografiekurs war Teil der Ausbildung.
Ausserdem hatten die Astronautinnen und Astronauten Tauchunterricht, um zu lernen, wie man sich ausserhalb der Raumstation bewegt, zum Beispiel für Reparaturarbeiten. Mindestens dreimal pro Woche stand zudem ein Fitnesstraining auf dem Programm.
Zudem lernten die Astronauten-Lehrlinge laut Sieber Russisch. Das sei für Arbeiten im russischen Teil der ISS und für den Austausch mit russischen Kollegen unerlässlich.
«Für mich war die ganze Ausbildung ein Highlight, ich habe sie unglaublich spannend gefunden», sagte Sieber. Besonders gefallen hätten ihm aber die praktischen Teile der Ausbildung. «Zum Beispiel das Survival-Training, die Tauchtrainings und die Parabelflüge, bei denen man Schwerelosigkeit erlebt hat.»
Als grösste Herausforderung sieht der 35-jährige Berner die Ungewissheit, die mit dem Astronauten-Beruf einhergeht:
Auf diese Ausbildung war Sieber gut vorbereitet. So trat er 2009 in die Fallschirmjägerausbildung beim Kommando Spezialkräfte der Schweizer Armee ein – und war Fallschirmsprunglehrer für vormilitärische Fallschirmjägerkurse. Er verfügt über eine Privatpilotenlizenz.
Er hat einen Doktor in Medizin sowie einen von der FMH anerkannten Fähigkeitsausweis der Schweizerischen Gesellschaft für Notfall- und Rettungsmedizin (SGNOR). Als Arzt arbeitet er unter anderem auf der Allgemeinchirurgie, der Traumatologie, Anästäsie sowie auf einer Notfallstation und als Notarzt in der Hubschrauberrettung. Zudem war er 2018 Chefarzt der Swisscoy (Schweizer Truppen) im Rahmen der multinationalen Friedenstruppen im Kosovo KFOR Dienst geleistet hatte.
Mit dem Abschluss der neuen Astronautinnen und Astronauten besteht das Astronauten-Corps der ESA nun aus elf Personen aus acht Ländern: die neuen fünf sowie die sechs Astronauten der Astonautenklasse 2009. Bis zum nächsten Mal wieder neue Astronauten-Kandidatinnen und -Kandidaten ausgewählt werden, soll weniger Zeit vergehen als beim letzten Mal, sagte Daniel Neuenschwander, Leiter der Human and Robotic Exploration.
Einen Bezug zur Schweiz hat übrigens auch ein zweiter der fünf neuen Astronauten: Der Belgier Raphaël Liégois arbeitete als Neurowissenschaftler an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Lausanne (EPFL) und der Universität Genf, bevor er vor einem Jahr zusammen mit Sieber die Astronauten-Ausbildung startete.
Sieber sagte gegenüber der SDA, dass er zu den anderen Astronautinnen und Astronauten eine gute Beziehung pflege, so freue er sich jeweils auch auf die Mittagspausen mit ihnen.
«Es ist ein grosser Moment für die Schweiz. Wir haben jetzt wieder ein Gesicht für die Raumfahrt», sagte Renato Krpoun zu Keystone-SDA. Krpoun ist Leiter der Abteilung Raumfahrt des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) und hat dieses Jahr auch den Vorsitz des ESA-Rats inne. Sieber sei eine Inspiration für viele Menschen.
Bisher einziger Schweizer im Weltraum war Claude Nicollier. Der Astrophysiker und Militärpilot absolvierte vier Raumflüge mit dem US-Space Shuttle. Den letzten im Jahr 1999. Insgesamt verbrachte Nicollier über tausend Stunden im All. Unter anderem reparierte er das Weltraumteleskop «Hubble». (yam/sda)
Wäre noch interessant zu wissen was genau man in solch einer Astronautenschule lernt. Nur schon das Grundthema, geht es da hauptsächlich um Physik?