Es ist das Thema der Woche: Im nächsten Jahr werden die Krankenkassenprämien um 8,7 Prozent steigen, wie Bundesrat Alain Berset am Dienstag mitteilte. Doch bereits vor dieser Nachricht waren die steigenden Gesundheitskosten die Sorge Nummer eins der Schweizer Bevölkerung. Viele Menschen haben heute Mühe, ihre Prämien zu bezahlen.
Ideen, wie man diesen steten Aufwärtstrend stoppen könnte, haben die Parteien viele. Die SP hat die Prämien-Entlastungs-Initiative auf den Weg geschickt, die Mitte die Kostenbremse-Initiative und die FDP weibelt für eine «Budget»-Krankenkasse.
Am Freitag lancierte schliesslich die GLP den Vorstoss «Intelligente Spitalplanung». Über all diese möglichen Lösungen sollten in dieser SRF-«Arena» folgende Gäste diskutieren:
SRF hat damit die Spitzen der Jungparteien eingeladen. Man erhoffte sich damit wohl frischen Wind. Wegzukommen von den unsäglichen Sackgassengesprächen der alteingesessenen Politikerinnen und Politiker. Weg von den immer gleichen Floskeln und Schuldzuweisungen.
Für zusätzliche Auflockerung sollten vielleicht auch die blauen und roten Karten sorgen, welche vor jede Politikerin und jeden Politiker gelegt wurden. Mit diesen stimmten sie über die Vorstösse und Forderungen der anderen Parteien ab. Rot stand für «Nein», blau für «Ja».
Und tatsächlich, in dieser «Arena»-Sendung ging es ein bisschen anders zu und her als sonst. So duzten sich alle selbstverständlich – ausser natürlich Moderator Mario Grossniklaus. Und es fielen auch mal andere Ausdrücke wie «Fuck», «Fair enough» und «immer wie mehr».
Was den Rest angeht, machten es die Jungen den Alten aber in vielen Punkten nach. In der Sendung sind Schuldzuweisungen an der Tagesordnung. Von liberaler Seite wettert Matthias Müller: «Unter dem Regime Berset hat man mit Überregulierung Vollgas gegeben, der Leistungskatalog wurde ausgeweitet, punkto Digitalisierung hat Berset gar nichts gemacht.»
Von linker Seite tönt es zunächst versöhnlicher. So spricht Nicola Siegrist von der JUSO bei der «Budget»-Initiative der FDP zuerst an, wo er gleicher Meinung ist: «Ihr habt einen Vorschlag dort drin, den finde ich gut. Und das ist die Generika-Pflicht.»
Doch bei dieser Aussage bleibt es nicht. Denn Siegrist fügt an: «Ich habe nur ein Problem mit diesem Vorschlag. Er ist ein bisschen heuchlerisch. Denn genau diesen Vorschlag hat der böse böse Alain Berset vor wenigen Jahren ins Parlament gebracht. Aber er wurde abgelehnt. Von wem? Von der SVP, von der FDP, von der Mitte.»
Währenddessen erlöschen die Augen des Live-Publikums langsam. Auch die Augen von Zuschauerin Maria Harb. Die ständigen, gegenseitigen Schuldzuweisungen gehen ihr auf die Nerven. Nach der Sendung sagt sie: «Es ist mir doch jetzt egal, wer Schuld ist. Hauptsache, es wird endlich etwas unternommen!»
Dass das Gesundheitswesen grundsätzliche Reformen braucht, erlebt sie täglich selbst. Harb ist diplomierte Pflegefachfrau im Kinderspital Zürich. Und dort sehe sie:
Ist also alle Hoffnung vergebens? Wird sich in unserem Gesundheitswesen nie etwas ändern und die Prämien für immer steigen? Werden sich die Politikerinnen und Politiker bis in alle Ewigkeit gegenseitig bekämpfen, statt gemeinsam Lösungen umzusetzen? Selbst die Jungen?
Nein. Zumindest gibt diese Sendung ein wenig Hoffnung.
Mit den Vertreterinnen und Vertretern der Jungparteien ist die Stimmung im Studio nicht so aggressiv wie in anderen Arena-Sendungen. Dazwischen ist sie sogar fast freundschaftlich. Die Jungen reden nicht nur hitzig durcheinander, sie können auch mal zusammen lachen und hören einander dazwischen aufmerksam zu. Versuchen die Gegenseite zu verstehen.
Vielleicht darum. Vielleicht, weil die GLP den Vorstoss erst gestern eingereicht hat und die Positionen der Mutterparteien der Jungen Politikerinnen und Politiker noch nicht klar feststehen. Oder vielleicht auch, weil die GLP damit einen neuen Ansatz wählte. Auf jeden Fall schaffte es die «Intelligente Spitalplanung» zum Schluss doch noch, fast alle zu überzeugen.
Tobias Vögeli fasste sie wie folgt zusammen: «Nicht jedem Tälchen sein Spitälchen.» Der Vorstoss fordere eine nationale Spitalplanung. Denn der «Kantönligeist», wegen dem jeder Kanton sein eigenes Spital betreibe, verursache hohe Kosten. Dabei brauche es gar nicht in jedem Kanton ein Spital.
Bei der Abstimmung hielten schliesslich alle, bis auf die Junge Grüne Magdalena Erni, einen blauen Zettel in die Höhe, wobei Nicola Siegrist beide Zettel anzeigte. Er befürchtet, dass mit dem GLP-Vorschlag die Gesundheitsversorgung in abgelegenen Gebieten nicht mehr gewährleistet sein würde. Etwa in Tälern im Kanton Graubünden. Ähnliche Sorgen äussert Erni.
Trotzdem kann Siegrist dem GLP-Vorstoss einiges abgewinnen, da er effektiv etwas gegen die Fehlanreize bei Spitälern unternehme.
Es ist ein schönes Ende einer Sendung, die unter einem schlechten Stern stand. Denn so viel Konsens zwischen den Parteien in Bezug auf das Gesundheitssystem hat man sonst in den letzten Tagen vergeblich gesucht.
Hohes Niveau und hohe Qualität sind ein absolutes Muss.
Vertrauen ist gut, Kontrolle in einem vernünftigen Rahmen auch.
Doch wieviel Papierschlacht ist noch zielführend, die Ärzte, Therapeuten, etc. den Versicherungen abliefern müssen? Es geht z.B. um sehr viel Zeit und Aufwand, der bei Patienten und Therapien fehlt, in Überadministration verpufft und mangels Zeit weitere Termine benötigt werden.