Tickets hier, Tickets da, Tickets überall! In den letzten Tagen hört man in den Schweizer Medien kaum mehr von etwas anderem. Doch aufgepasst: Wer jetzt an die Fussball-Weltmeisterschaft in Katar denkt, irrt gewaltig.
Kleiner Tipp: SP-Ständerat Daniel Jositsch darf keins erhalten, weil er keine Frau ist, und die SVP hat ihrerseits gestern zwei Männer ins Rennen ums Ticket geschickt: den Berner Nationalrat Albert Rösti und alt Nationalrat Hans-Ueli Vogt.
Genau. Es geht natürlich um das Ticket in den Bundesrat.
Die SRF-«Arena» wurde deshalb gestern Abend ganz im Zeichen der Bundesratswahl geführt. Die Sendung wurde unter dem Titel, wer hätte es gedacht, «Showdown um Bundesratstickets» live übertragen.
Die geladenen Gäste, die sehr häufig das Wort «Ticket» benutzten:
Thomas Matter, Mitglied Parteileitung SVP
Roger Nordmann, Fraktionspräsident SP
Daniela Schneeberger, Vize-Fraktionspräsidentin FDP
Pirmin Bischof, Mitglied Präsidium Die Mitte
Rita Fuhrer, Präsidentin Findungskommission SVP Kanton Zürich und ehemalige Bundesratskandidatin
Es beginnt mit einem peinlichen Versprecher. Wie es der «Arena»-Usus verlangt, werden die Gäste zu Beginn der Sendung kurz mit einem Statement vorgestellt. «Heute in der Arena», erklingt die weibliche «Arena»-Stimme, während die Kamera auf den entsprechenden Gast hineinzoomt.
Erst stellt sie Thomas Matter von der SVP vor: «Im Bundesrat sollen jene sitzen, die am besten qualifiziert sind. Wir bei der SVP schauen nicht auf das Geschlecht, sondern auf die Qualität.» So weit, so unspektakulär.
«Pirmin Bischof», fährt die Stimme fort, während der Politiker freundlich in die Kamera lächelt und zuversichtlich nickt. Dann sagt sie: «Das Wichtigste ist, dass der Bundesrat zwei fähige Mitglieder erhält, die in der Lage sind, intim zusammenzuarbeiten.»
Bischofs entsetzter Gesichtsausdruck spricht Bände. Jeder hat den Versprecher der SRF-«Arena»-Dame gehört, doch keiner lässt sich was anmerken.
Es geht professionell weiter:
Moderator Sandro Brotz richtet seine erste Ticket-Frage an SVP-Matter: «Ein Berner und ein Zürcher auf dem Ticket. Für sie ist der Fall klar?» Man habe fünf hervorragende Kandidaten zur Auswahl gehabt, betont Matter.
Es sei keine einfache Wahl gewesen. Man habe fünf Wahlgänge gebraucht, damit sich die Fraktion schliesslich mit nur einer Stimme Differenz für dieses «Zweier-Ticket» entschieden hätte. Matter betont erneut, dass die Geschlechterfrage nie ein Thema bei der SVP sei: «Wir nehmen immer nur die Besten.»
Es geht mit Roger Nordmann, Präsident SP-Bundeshausfraktion, weiter: «Sie haben heute entschieden, dass es ein Zweier-Frauen-Ticket bleibt.» Männer, und insbesondere Daniel Jositsch, müssten sich dem Diktat beugen, fährt der Moderator fort.
«Haben Sie es schriftlich von Herrn Jositsch, dass er nicht wild kandidiert?», will Brotz wissen. Nordmann erklärt, dass Jositsch gekämpft und es versucht hätte, dass er aber den Entscheid letztlich akzeptiert hätte.
«Es ist sowieso kein Menschenrecht, Bundesrat zu sein. Es gibt immer mehr Anwärter als Plätze», fährt Nordmann fort. «Herr Matter hat es gesagt, für die SVP ist die Mann-Frau-Frage keine Frage.» Die SP sei die Gleichstellungspartei, man trage das in der DNA. «Für uns ist es schwer vorstellbar, dass unsere Delegation aus zwei Männern besteht und keiner Frau», legt Nordmann nach.
Die Vize-Fraktionschefin der FDP, Daniela Schneeberger, findet, die ganze Frauen-Ticket-Frage der SVP und SP habe wenig überrascht. Die FDP setze sich für Chancengleichheit ein, das gehöre auch zur Gleichberechtigung von Mann und Frau. «Heute ist das nichts Spezielles mehr.»
Das Signal der SP empfinde sie gar als einen Nachteil für die Frauen, weil man nur wegen des weiblichen Geschlechts nun als Frau kandidieren könne. Die SP hätte sehr gute Kandidatinnen präsentieren können, diesen Zwang hätte man nicht gebraucht.
«Die Mitte hat dieses Problem nicht», bringt sich Pirmin Bischof in die Debatte, «seit über 15 Jahren sind wir nur durch Frauen im Bundesrat vertreten.» Und es seien keine Alibi-Frauen: «Frau Leuthard und Frau Amherd sind ausgeprägt starke Persönlichkeiten. Ob Mann oder Frau, spielt eben keine Rolle.» Die Diskussion findet Bischof skurril.
Gefragt nach dem grössten Plus von Hans-Ueli Vogt gegenüber Albert Rösti gerät Rita Fuhrer, Präsidentin der Findungskommission der SVP, ins Schwärmen: «Er ist sehr authentisch. Sehr klar. Er ist sehr liberal.»
«Er ist darin ausgebildet, Verhandlungen zu führen.» Vogt habe auch Auslandserfahrung: Er sei im Staat New York als Anwalt tätig gewesen und habe dort sehr schwierige Verhandlungen über Wirtschaftsrecht geführt – auf Englisch. «Das kann er!»
Es brauche Leute wie einen Hans-Ueli Vogt, der urban und blitzgescheit sei, fährt Fuhrer mit einem Strahlen im Gesicht fort.
«Ich finde, er ist die perfekte, passende zusätzliche Person!» Ausschlaggebend sei, dass man nicht nur Bundesräte mit einem ähnlichen Profil habe. Und weiter schwärmt Fuhrer: «Er ist es einfach! Er ist es einfach!»
Wenn man jetzt zwei neue Mitglieder in die Regierung wähle, sei für ihn die entscheidende Frage: «Es war vorher etwas missverständlich ausgedrückt: Ich habe nicht ‹intim› gesagt, sondern ‹im Team› zusammenarbeiten.» In der heutigen Situation sei das matchentscheidend.
Die Schweiz sei das einzige Land in Europa mit einer Kollegialregierung. «Das ist schwierig und das geht nur, wenn man gemeinsam arbeiten kann.»