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«Spuhler wird nicht wegziehen» – Juso-Chefin über Erbschaftssteuern

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SRF-Arena: Mit Nicole Barandun (v. l. n. r.), Jürg Grossen, Moderator Sandro Brotz, Katharina Prelicz-Huber und Mirjam Hostetmann. Bild: srf/arena
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Hostetmann in «Arena» zur Juso-Initiative: «Herr Spuhler wird nicht wegziehen»

In der SRF-«Arena» zur Erbschaftssteuer-Initiative der Juso prallten Weltbilder aufeinander: Während die Linke über Gerechtigkeit sprach, warnten Bürgerliche vor dem Untergang des Wirtschaftsstandorts Schweiz.
21.03.2025, 23:5222.03.2025, 15:27
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KMUs in Gefahr, Multimillionäre auf der Flucht, Planwirtschaft am Horizont – wer die SRF-Arena zur Juso-Initiative geschaut hat, bekam den Eindruck, die Schweiz stehe bei einer Annahme vor dem wirtschaftlichen Kollaps.

Doch eigentlich ging es nur um eine Steuer auf vererbte Millionenvermögen: Die «Initiative für eine Zukunft» will Erbschaften über 50 Millionen Franken zu 50 Prozent besteuern und die Einnahmen in den Klimaschutz investieren.

Wie schwer es ist, in der Schweiz über Ungleichheit und Umverteilung zu reden, wurde in der «Arena» deutlich. Über «Klassenkampf» oder «Gerechtigkeit» diskutierten:

  • Mirjam Hostetmann, Präsidentin Juso
  • Jürg Grossen, Nationalrat und Präsident GLP, BE
  • Nicole Barandun, Nationalrätin Die Mitte, ZH
  • Katharina Prelicz-Huber, Nationalrätin Grüne, ZH

Maschinenparks oder Multimillionäre

GLP-Chef Jürg Grossen machte gleich zu Beginn klar, wen die Initiative seiner Meinung nach hauptsächlich treffe: nicht Superreiche, sondern mittelgrosse bis grosse Unternehmen mit einem Maschinenpark. «Wenn ein Unternehmen 50 Millionen Franken in Maschinen investiert hat, dann hat das nichts mit Superreichtum zu tun», sagt er.

GLP-Präsident Jürg Grossen über betroffene Unternehmen. Video: srf/Arena

Unternehmerinnen und Unternehmer, «die Verantwortung übernehmen, Arbeitsplätze schaffen und reinvestieren», würden so ins Visier geraten.

Und Klimaschutz gehe in der Schweiz anders: «Ich kenne viele gut situierte Leute, die investieren in ihr Haus, in eine Solaranlage, in ein Elektroauto – das ist die schweizerische Art.» Dass ein Solardach keine Steuer auf die jährlich rund 88 Milliarden Franken ersetzt, die laut Studien in der Schweiz vererbt werden, lässt er dabei ausser Acht.

Grüne-Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber hielt dagegen, dass die Initiative nicht auf KMUs abziele, sondern auf die oberste Spitze der Vermögenspyramide. Und diese Gruppe würde laut Studien nur zehn Prozent des vererbten Vermögens zurück in produktive Kreisläufe investieren. «Es ist so, dass Pensionierte an Pensionierte vererben. Und wir reden, wenn es hoch kommt, von 2500 Menschen.» Schätzungen des Bundesrates würden davon ausgehen, dass diese Menschen ein Vermögen von über 50 Millionen Franken besitzen.

«Pensionierte vererben an Pensionierte»: Katharina Prelicz-Huber. Video: srf/Arena

Der Exodus der Superreichen

2500 von rund 9 Millionen Einwohnern in der Schweiz. Doch davor, dass genau diese das Land verlassen könnten, haben die Bürgerlichen Angst.

So warnt Nicole Barandun, Nationalrätin der Mitte, davor, dass Vermögende mit Unternehmen die Schweiz verlassen könnten – und damit Know-how und Arbeitsplätze. Die Juso-Initiative sei unpräzise und gefährde den Wirtschaftsstandort und die Innovationskraft der Schweiz. Sie verwies auf Schweden und Norwegen, die ihre Erbschaftssteuern abgeschafft hätten, «weil sie merkten, dass sie Innovationskraft verloren haben». Nur: Belege für diese Begründung führte sie keine ins Feld.

Die Angst vor dem Exodus der Superreichen hat in der Schweiz ein Gesicht: Peter Spuhler. Der Stadler-Rail-Unternehmer und alt SVP-Nationalrat warnte schon im Sommer davor, dass ihn die Juso-Initiative zu einem Wegzug nach Österreich zwingen würde. Laut einem Bundes-Gutachten denken bis zu 80 Prozent der Betroffenen über einen Wegzug nach.

Was hältst du von der Juso-Initiative?

Doch Juso-Präsidentin Mirjam Hostetmann entgegnete: «Ich gehe nicht davon aus, dass Herr Spuhler wegziehen würde. Die Schweiz hat auch ganz andere Qualitäten – gerade in dieser geopolitischen Lage.» Schützenhilfe erhielt sie von Prelicz-Huber, die über Spuhler sagte: «Wer jahrzehntelang von öffentlichen Aufträgen profitiert, darf sich durchaus die Frage gefallen lassen, was er der Allgemeinheit zurückgeben will.»

Jürg Grossen verteidigte Spuhler aber deutlich und betonte, dass er öffentliche Aufträge erhalten habe durch Wettbewerbsverfahren: «Spuhler hat zudem viele Arbeitsplätze geschaffen und hat weltweiten Erfolg. Das Geld ist privates Vermögen, aber das ist nicht auf einem Bankbüchlein – das steckt im Unternehmen.»

Keine Gegenvorschläge

Spannend wurde es nochmals am Schluss, als Moderator Sandro Brotz fragte, warum keiner der Gegenvorschläge der Linken angenommen wurde. Darauf antwortete GLP-Präsident Grossen: «Weil die Initiative zu extrem ist.» Damit war das Thema für ihn erledigt – fast.

Denn er betonte zwar mehrfach: Man könne mit der GLP über Erbschaftssteuern reden – halt «einfach nicht so». Studien müssten zuerst auf den Tisch, Modelle durchgerechnet werden. Auf Brotz’ Rückfrage, warum die GLP nicht selbst aktiv werde, kam nichts Konkretes.

Auch Nicole Barandun blieb vage. Sie verwies darauf, dass das Vermögen in der Schweiz 2023 erstmals wieder gesunken sei – als wäre das ein Argument gegen eine jahrzehntelange Entwicklung: In Realität besass 1981 das reichste Prozent der Schweizer Bevölkerung 33 Prozent des Vermögens, 2021 waren es bereits 45 Prozent, wie das SRF in einer Grafik zeigte.

Barandun sagte dazu: «Mich stört nicht, wenn mehr Menschen mehr Geld haben. Mich stört, wenn immer mehr Menschen weniger haben.» Und Grossen ergänzte: «Es ist gut, dass es mehr von diesen Leuten gibt.»

Dass die beiden Politiker die Zahlen falsch interpretierten und es nicht mehr Vermögende, nur mehr Vermögen in demselben einen Prozent der Menschen gibt, brachte immerhin Juso-Chefin Hostetmann auf den Punkt: «Unsere Initiative will dort ansetzen, wo leistungsfreies Kapital weitergegeben wird – nicht bei arbeitenden KMUs.» Denn jeder zweite Vermögensfranken in der Schweiz werde mittlerweile vererbt.

Juso-Chefin Mirjam Hostetmann. Video: srf/Arena

Trotz dieser späten Klarstellung blieb am Ende der Eindruck: Die Juso hatte es schwer, für ihr Anliegen zu weibeln. Ein Jugendlicher im Publikum brachte die Wirkung der Debatte auf den Punkt: «Ich war anfangs für die Initiative. Aber jetzt bin ich verunsichert. Die Juso hat mich nicht überzeugt. Es ist wichtig, dass man solche Erbschaften besteuert – aber der Vorschlag ist zu extrem.»

Die «Arena» über die «Initiative für eine Zukunft» bewegte sich zwischen «Klassenkampf» und «Gerechtigkeit». Was fehlt, ist eine ehrliche Debatte dazwischen – und der politische Wille der grossen Parteien, auch mal selbst mit einem Vorschlag voranzugehen.

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339 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Reli
22.03.2025 06:11registriert Februar 2014
Herr Spuhler wird nicht wegziehen, weil die Initiative keine Chance hat vor dem Volk. Warum nur stecken die Linken und Grünen ihre Energie in Projekte, die so extrem sind, dass sie von vornherein auf verlorenem Posten stehen? Denkt doch schon bei der Formulierung von Initiativen an die Mehrheitsfähigkeit.
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jederkannetwastun
22.03.2025 02:44registriert März 2022
Die Juso hat wie üblich nichts studiert u. versteht leider von Zahlen u. Wirtschaften gar nichts!! Und die Zeitungen machen mit bei der Verblödung. Wenn über den reichen XY geschrieben wird, er sei 255 Millionen schwer, dann heisst das eigentlich nichts. Das ist auf dem Papier. Interessant wäre, wieviel hat er eff. flüssig. Dasselbe beim Erben: Wenn Kinder ein KMU erben, welche 80 Mio Steuerwert hat, dann ist die Frage, wieviel freies Cash erben die Kinder effektiv. Wahrscheinlich NULL. Clever wäre es IMHO, nur Gewinn zu besteuern,falls die Erben verkaufen, dh. verkaufen die für 80Mio, 40strn
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Vollkornzwieback
22.03.2025 09:56registriert März 2020
Nebst etlichen störenden Faktoren an diesem Geiern auf Erschaften, ist für mich derjenige am grössten, dass Jusos und andere Linke nie darüber sprechen wollen, wie man Steuern sparen kann, sondern immer nur darüber, wie man mehr davon einnimmt. Wieso es Gerechtigkeit sein soll, wenn das Geld, das ich erwirtschaftet und schon mehrmals versteuert habe, nun der Staat zu seiner eigenen Belustigung bekommt, anstatt meine Kinder, sehe ich nicht so ganz. Ich sehe nur, dass die Jusos es lieben, grosse Worte wie "Gerechtigkeit" zu führen, weil die meisten Leute diese positiv konnotiert haben.
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