Das Bundesgericht hat die Verurteilung eines Mannes bestätigt, der seine in der Schweiz eingebürgerte Nichte 2014 in den Kosovo entführte. Die heute 26-Jährige hatte gegen den Willen ihrer Familie eine Liebesbeziehung mit einem Italiener.
Das Waadtländer Kantonsgericht verurteilte den Mann wegen qualifizierter Freiheitsberaubung und Entführung und wegen Verstosses gegen das Waffengesetz zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten. Neun Monate davon muss der Verurteilte absitzen. Die restlichen 21 Monate wurden aufgeschoben.
Im März 2014 überzeugte der Mann seine damals 19-jährige Nichte, mit zu ihm nach Hause zu kommen. Dort wurde der jungen Frau ein Beruhigungsmittel in den Eistee gemischt. Sie wurde anschliessend im Auto ihres Vaters in den Kosovo zu den Grosseltern mütterlicherseits gefahren, wo sie 15 Tage lang festgehalten wurde.
Nachdem die Schweizer Behörden die kosovarische Polizei alarmiert hatten, wurde die 19-Jährige befreit und in die Schweiz zurück gebracht. Dies geht aus einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil des Bundesgerichts hervor.
Der Verurteilte beantragte vor Bundesgericht einen Freispruch vom Vorwurf der Freiheitsberaubung und Entführung, weil vorwiegend die Aussagen des Opfers berücksichtigt worden seien.
Das Bundesgericht hält fest, dass die Ausführungen der jungen Frau durch verschiedene Beweise, Zeugenaussagen, das Teilgeständnis des Vaters, eine Haaranalyse und Aussagen der lokalen Polizei gestützt würden. Zudem würde die Analyse der Telefondaten für die Version der Entführten sprechen.
Auch wenn der Onkel den Kosovo einen Tag nach der Ankunft verlassen habe, erachtet das Bundesgericht die Verurteilung wegen qualifizierter Strafbegehung für gerechtfertigt.
Die junge Frau sei mehr als zehn Tage festgehalten worden und der Onkel habe beim Tatplan und dessen Umsetzung eine zentrale Rolle gespielt. Die Entführte sollte so lange im Kosovo festgehalten werden, bis sie ihre Beziehung aufgegeben hätte.
Der Verurteilte kritisierte die Höhe seiner Strafe im Vergleich zu jener des Vaters des Opfers. Dieser war zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 24 Monaten verurteilt worden. Das Bundesgericht hält diesen Unterschied für gerechtfertigt. So leugne der Verurteilte die Tat trotz aller Beweise nach wie vor. Seine Haltung habe sich nicht geändert, und er habe keinerlei Einsicht.
(Urteil 6B_222/2020 vom 10.6.2020) (aeg/sda)
Und wie geht es dem Opfer? Wird sie entschädigt? Wird sie vor weiteren Übergriffen geschützt?