Nur einen Katzensprung vom Bahnhof entfernt liegt in Lausanne das legendäre Kino Moderne. Schon von weitem fällt der rot leuchtende Schriftzug in Grossbuchstaben über dem Eingang des fensterlosen Gebäudes auf. Poster mit viel nackter Haut aus dem Eingangsbereich machen jedoch schnell klar, dass es hier weder James-Bond-Filme noch den neusten Kung Fu Panda zu sehen gibt. Vielmehr ist das «Moderne» das letzte Pornokino der Romandie. Und auch das nicht mehr lange.
Bald wird das berühmt-berüchtigte Kino seine Türen schliessen - und einem Kinderhort Platz machen. Ja, Sie haben richtig gelesen. Wo heute täglich von 10.30 bis 22.45 Uhr Sex-Szenen über die Leinwand flimmern und sogar masturbieren toleriert ist, werden nach einem Umbau bis zu 76 Kinder im Alter zwischen 6 und 10 Jahren spielen und lernen können. Die Stadt Lausanne wird das schulergänzende Betreuungsangebot betreiben.
Sie bestätigte dieser Tage gegenüber der Zeitung «24heures», dass das Bauvorhaben in den Räumlichkeiten des heutigen Pornokinos Anfang September die Baubewilligung erhält. Einsprachen gab es keine.
«Ich freue mich darauf, dass sich dieses schöne Projekt konkretisiert», sagte der Inhaber des Gebäudes, Edouard Stöckli, zur Waadtländer Tageszeitung. Dem fast 80-jährigen Zürcher gehören nebst dem «Moderne» zwei weitere Pornokinos in der Schweiz: jene in Bern und Zürich. Es sind die letzten ihrer Art. Denn das Geschäft ist ein Auslaufmodell. Die Nachfrage der Kundschaft hat sich ins Internet verlagert.
Kein Wunder, hält im «Moderne» in Lausanne nun bald eine neue gesellschaftliche Entwicklung Einzug. Weil in immer mehr Familien beide Elternteile erwerbstätig sind, bauen die Schweizer Städte das Angebot an Kitas massiv aus.
«Obwohl Lausanne zu den Schweizer Städten mit dem besten Versorgungsgrad gehört, fehlen auch heute noch Plätze», meint der Lausanner Stadtpräsident Grégoire Junod (SP) gegenüber CH Media. In den Tagesstrukturen im Waadtländer Kantonshauptort gab es 2023 total 3159 Vollzeit-Plätze für schulpflichtige Kinder, was einem Abdeckungsgrad von 29 Prozent entspricht. Zwischen 2022 und 2026 will die Stadt Lausanne für Gesamtkosten von 30 Millionen Franken 1200 zusätzliche Plätze schaffen, rund die Hälfte davon für Kinder im schulpflichtigen Alter. Das Kino Moderne ist Teil dieser Ausbaupläne.
Doch schreckt die zwielichtige Vergangenheit des Gebäudes Eltern nicht davon ab, ihre Zöglinge hierhin zu bringen? Grégoire Junod teilt diese Befürchtung «absolut nicht». «Die Räumlichkeiten werden vollständig umgebaut und spezifisch für die Betreuung von Kindern eingerichtet», betont der Stadtpräsident. Er sieht im Projekt, bei dem überdies das Gebäude aufgestockt wird und 16 Wohnungen entstehen, eine «sehr schöne Chance für das Quartier».
Wie der verantwortliche Architekt bereits vor zwei Jahren angekündigt hat, soll zumindest die historische Fassade des Gebäudes erhalten bleiben, ebenso die Aufteilung der heutigen Räume. Wann die Bauarbeiten genau beginnen, ist unklar. Darum gibt's bis auf weiteres noch Porno- und keine Kinderfilme. (bzbasel.ch)