Schweiz
Romandie

Klimaaktivisten blockieren Genfer Flughafen – Flugverkehr unterbrochen

Klimaaktivisten blockieren Genfer Flughafen – Flugverkehr unterbrochen

23.05.2023, 12:4723.05.2023, 22:25
Mehr «Schweiz»

Dutzende von Klimaaktivisten haben am Dienstag am Genfer Flughafen gegen Privatjets protestiert. Mit ihrer Aktion legten sie den Flugverkehr um die Mittagszeit für rund eine Stunde lahm. Nun droht ihnen eine Klage.

Police officers evacuate environmental activists of Stay Grounded and Greenpeace as they protest around a aircraft during the European Business Aviation Convention and Exhibition (EBACE), at the Genev ...
Die Aktivisten hatten sich an Privatjets gekettet.Bild: keystone

Zahlreiche Polizisten griffen ein, um die Aktivisten zu vertreiben, wie ein Fotograf der Nachrichtenagentur Keystone-SDA vor Ort feststellte. Einige der Klimaschützer hatten sich an Flugzeuge gekettet, die ihm Rahmen der laufenden Verkaufsmesse von Privatjets auf dem Palexpo-Gelände neben dem Flughafen ausgestellt waren.

Die Polizei nahm rund 80 Personen fest, wie eine Polizeisprecherin am Nachmittag sagte. Die Organisatoren des Klimaprotestes sprachen am Abend von 100 vorläufig Festgenommenen; sie forderten in einer Mitteilung deren sofortige Freilassung.

Die Aktivisten erklärten, dass sie den kommerziellen Flugverkehr am Flughafen Genf nicht stören wollten. Aus Sicherheitsgründen wurde der Flugverkehr jedoch ab 11.40 Uhr für eine Stunde unterbrochen, wie ein Flughafensprecher erklärte.

Laut Skyguide-Sprecherin Prisca Huguenin-dit-Lenoir konnten sieben Flugzeuge nicht in Genf landen und mussten nach Lyon oder Zürich ausweichen. Mindestens 22 Flugzeuge starteten bis zum späten Nachmittag von Genf aus mit Verspätung. Bis zum Ende des Abends dürfte es zu weiteren Verspätungen kommen.

Der Flughafen Genf, die Organisatoren der Messe und mehrere Aussteller äusserten die Absicht, Klage gegen die Aktivisten einzureichen.

Messe für Privatjets

In Genf werden in diesen Tagen im Rahmen der European Business Aviation Convention & Exhibition Privatjets ausgestellt. Es ist die grösste Verkaufsmesse für Geschäftsflugzeuge in Europa.

Die aus 17 Ländern stammenden Aktivisten hätten mit ihrem Protest Organisationen wie Greenpeace, Stay Grounded, Extinction Rebellion, Scientist Rebellion und andere Klimaorganisationen unterstützt, teilten Greenpeace und Extinction Rebellion mit. Die Klimaschützer fordern ein Verbot von Privatjets. Aktivisten blockierten auch den Haupteingang der Messe für Geschäftsflugzeuge, die in den Palexpo-Hallen stattfindet.

«Privatjets zerstören unseren Planeten»

Die Aktivisten klebten «Warnhinweise» auf die Jets, wie sie auch auf Zigarettenpackungen zu finden sind, wie «Privatjets zerstören unseren Planeten», «verbrennen unsere Zukunft» oder «nähren die Ungleichheit». Weiter wiesen die Aktivisten darauf hin, dass der Flughafen Amsterdam Schiphol Privatjets ab 2025 verbieten werde, während es in Genf einen starken Verkehr von Privatjets gebe.

Laut Greenpeace verursachen Privatflüge etwa zehn Mal mehr Treibhausgasemissionen pro Passagierkilometer als kommerzielle Flüge. Hinzu komme die Verschmutzung durch Mikropartikel und Lärm. Privatjets seien jedoch von den wichtigsten europäischen Vorschriften zur Verringerung der Treibhausgasemissionen ausgenommen.

Die Zahl der Privatjets weltweit hat sich in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt. Schätzungsweise stehen global rund 22'000 solcher Flugzeuge im Einsatz. In der Schweiz wurden laut Greenpeace im Jahr 2022 insgesamt 35'269 Privatjetflüge gezählt.

Messeorganisatoren verärgert

Die Organisatoren der Flugzeugmesse kritisierten die Aktion der Klimaschützer scharf. «Dies ist eine völlig inakzeptable Form des Protests», heisst es in einer gemeinsamen Stellungnahme der National Business Aviation Association und der European Business Aviation Association.

Ausserdem ignoriere die Aktion die Tatsache, dass sich die Geschäftsluftfahrt stark für den Klimaschutz einsetze. So habe die Branche ihre Kohlenstoffemissionen in den letzten 40 Jahren um 40 Prozent gesenkt. (sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Wasserbüffel richten Riesenschaden an
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
163 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
H.P. Liebling
23.05.2023 13:50registriert September 2018
Meine Sympathien (und Stimmen) holt man sich mit solchen Aktionen nicht. Gut, bei Privatjets könnte ich jetzt noch ein Auge zudrücken. Aber nein, ich finde diese Aktionen beschissen. Macht Wahlkampf, bringt Initiativen vors Volk. So geht Demokratie.
8547
Melden
Zum Kommentar
avatar
Schoggistängel
23.05.2023 14:29registriert April 2021
Eventuell müsste mal das Sicherheitskonzept auf dem Genfer Flughafen unter die Lupe genommen werden. Es sollte nicht so einfach möglich sein, auf das Rollfeld zu gelangen
458
Melden
Zum Kommentar
avatar
Drvo
23.05.2023 13:34registriert Mai 2020
Strassenkleber und so bringen Normalbürger gegen sich auf. Völlig kontraproduktiv. Gut, hier geht‘s um Privatjets. Aber alle Normalen, deren Flug deshlab verspätet ist, sind nun wütend auf die Aktivisten. In welche Richtung werden die wohl ihr Abstimmungsverhalten anpassen (falls überhaupt)? Wohl kaum mehr links oder unweltfreundlicher als vor der Verspätung. Ergo, kontraproduktiv was die da machen. Einfach nur Mitbürgerinnen verärgern schadet dem Klima mehr als es bringt.
6739
Melden
Zum Kommentar
163
    Mehr Zeit für Kinder oder mehr Burn-outs? Kontroverse um neue Homeoffice-Regeln
    Bürgerliche Politiker versprechen sich eine bessere Work-Life-Balance, Gewerkschaften befürchten mehr Stress: Was taugen die Vorschläge für Homeoffice-Regeln?

    Man begleitet am Morgen die Kinder zur Kita, schnürt am Nachmittag die Joggingschuhe, bringt den Nachwuchs wieder ins Bett – und beantwortet danach einige Geschäfts-E-Mails: Homeoffice macht es möglich. Und die Telearbeit gewinnt an Terrain. Mittlerweile verrichten mehr als ein Drittel der Erwerbstätigen ihre Arbeit gelegentlich oder regelmässig in den eigenen vier Wänden. Zu Zeiten vor der Pandemie waren es noch ein Viertel.

    Zur Story