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Bauarbeiten am Bahnhof Lausanne dauern viereinhalb Jahre länger

Bauarbeiten am Bahnhof Lausanne dauern viereinhalb Jahre länger

17.03.2023, 22:11
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Die Arbeiten am Bahnhof Lausanne dauern viereinhalb Jahre länger als geplant. Sie werden erst 2037 abgeschlossen sein. Auf der Grossbaustelle sind verschiedene Anpassungen nötig. Die Verzögerung sei bedauerlich, aber es gebe keine Alternative, heisst es bei den SBB und beim Bundesamt für Verkehr.

Die Anpassungen betreffen unter anderem Lösungsansätze für Verankerungen, Statik und Passagierströme, wie SBB-Chef Vincent Ducrot am Freitag an einer Medienkonferenz am regionalen SBB-Sitz in Renens VD sagte. So erhält der Bahnhof auch breitere Perrons.

Gemäss dem neuen Zeitplan, der gemeinsam von den SBB und dem Bundesamt für Verkehr (BAV) vorgestellt wurde, beginnen die Arbeiten unter dem Bahnhofplatz im April 2024. Der Umbau der Perrons soll ab 2026 folgen, mit einer etappenweisen Inbetriebnahme zwischen 2030 und 2036.

Die Bauarbeiten, die nach mehr als einem Jahrzehnt verschiedener Verfahren im Juni 2021 offiziell begonnen hatten, waren im vergangenen Jahr unterbrochen worden. Grund dafür waren vom BAV verlangte Abklärungen bezüglich der Statik des Standorts.

Wachsende Passagierströme

Die SBB und das BAV halten es für unumgänglich, die Arbeiten am Bahnhof Lausanne zu überdenken, auch wenn die Baustelle fast fünf Jahre in Verzug sein wird. Das ursprüngliche Projekt sei schlecht durchdacht gewesen.

«Der neue Entwurf, der insbesondere eine Verbreiterung der Perrons vorsieht, um die wachsenden Passagierströme zu bewältigen, integriert die Nachfrage der Zukunft, was damals nicht ausreichend getan worden war», führte Ducrot aus. Das ursprüngliche Projekt stammte aus dem Jahr 2012.

Da ab 2030 täglich 200'000 Fahrgäste erwartet werden, gegenüber derzeit etwa 130'000, sei es notwendig, langfristig einen flüssigen und sicheren Personenverkehr zu gewährleisten.

Ducrot erinnerte daran, dass das ursprüngliche Projekt das Ergebnis eines Kompromisses gewesen sei, der mit schmaleren Perrons konzipiert worden sei, um den zusätzlichen Abriss von Gebäuden im Süden des Bahnhofs zu vermeiden. «Wir wurden von diesem Kompromiss eingeholt. Mit den Entscheidungen, die damals getroffen wurden, wären wir sehr schnell an unsere Grenzen gestossen», räumte er ein.

Das neue Projekt für die «Galette», die den Bahnsteigen und Unterführungen entspricht, erfordert die Erstellung von über 1000 neuen Plänen, technischen Berichten und Berechnungsunterlagen. Die Ausarbeitung dieser Dokumente wird zweieinhalb Jahre dauern, die Prüfung durch das BAV nimmt ein weiteres Jahr in Anspruch.

Die Verzögerung sei bedauerlich, aber es gebe keine Alternative, sagte BAV-Direktor Peter Füglistaler. «Wir haben lieber eine sichere und lebensfähige Anlage, auch wenn sie später kommt, als einen Bahnhof, der nicht angepasst ist.»

«Kein Fiasko»

Wie stark sich die Anpassungen am Projekt und die damit verbundenen Verzögerungen auf die Kosten auswirken, ist noch unklar. Diese würden «in den nächsten Monaten» analysiert. «Das Projekt ist finanziert und es gibt kein Zurück mehr», erklärte Füglistaler. Die Mehrkosten seien zwar noch nicht bekannt, aber «wir haben Reserven im Rahmenkredit», der für die Durchführung der Arbeiten bewilligt worden war.

Für Ducrot steht es ausser Frage, von einem Fiasko zu sprechen. «Das hiesse, die Komplexität von Grossprojekten wie dem Bahnhof Lausanne falsch zu verstehen», sagte er. «Wir nehmen unsere Verantwortung wahr. Die Passagiere der Zukunft werden uns beurteilen, aber ich bin überzeugt, dass wir die richtige Entscheidung getroffen haben», fügte Füglistaler hinzu.

Sorge und Enttäuschung in der Westschweiz

An der Medienkonferenz am regionalen Sitz der SBB in Renens waren weder der Kanton Waadt noch die Stadt Lausanne vertreten, was als Zeichen der Unzufriedenheit gedeutet wurde. Tatsächlich hatte die Waadtländer Regierung eine Einladung für den Termin ausgeschlagen.

Die Waadtländer Verkehrsdirektorin Nuria Gorrite (SP) sagte später an einem eilig berufenen Pressetermin, sie sei vor vollendete Tatsachen gestellt worden, was den neuen Zeitplan für die Baustelle des Lausanner Bahnhofs betrifft. Die Staatsrätin drückte ihre «immense Enttäuschung» aus und sagte, sie sei «desillusioniert». Weiter zeigte sie sich besorgt über eine mögliche neue öffentliche Auflage, die den Bau weiter verzögern könnte, und nannte einen möglichen Zeithorizont von 2040.

Die Stadt Lausanne zeigte sich ebenfalls «sehr enttäuscht und besorgt» über die «grossen Verzögerungen». Sie forderte, dass das Funktionieren des Eisenbahnknotens und des Bahnhofs gewährleistet werden müsse. Ducrot beschwichtigte vor den Medien, dass der Dialog zwischen SBB, BAV sowie Stadt Lausanne und Kanton Waadt konstruktiv sei.

Die Westschweizer Verkehrsdirektorenkonferenz (CTSO) und der Verkehrsverband Ouestrail zeigen sich besorgt über die Bauverzögerung. Die CTSO spricht von einem Bremsklotz für die Entwicklung des öffentlichen Verkehrs in der Romandie. Sie erwarte konkrete Massnahmen von den SBB und vom Bundesamt für Verkehr, um dieses Projekt zu einem guten Ende zu bringen, hiess es in einer Mitteilung der CTSO.

Der Verkehrsverband Ouestrail seinerseits bezeichnete die Verzögerung als «unverständlich». Er erinnert daran, dass dieses Projekt, das 2009 mit der Unterzeichnung der Vereinbarung Léman 2030 ins Leben gerufen wurde, eine Inbetriebnahme bis zum Jahr 2025 vorgesehen habe. (sda)

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