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Gedenkanlässe in Zürich und Genf nach Nawalnys Tod

epa11158546 A woman holds a placard reading 'DontGiveUp' and a portrait of Russian opposition leader Alexei Navalny next to a woman holding a candle during a protest following his death, in  ...
Eine Frau hält an einer spontanen Kundgebung in Zürich ein Schild mit Nawalnys Foto hoch, 16. Februar 2024. Bild: keystone

100 Festnahmen bei Nawalny-Gedenkanlässen in Russland – doch die Menschen trauern weiter

16.02.2024, 18:1017.02.2024, 16:58
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Nach dem Tod von Kremlgegner Alexej Nawalny geht Russlands Polizei hart gegen trauernde Unterstützer vor. In mehreren russischen Städten wurden bis zum späten Freitagabend mehr als 100 Menschen bei Gedenkveranstaltungen festgenommen, wie die Bürgerrechtsorganisation Ovd-Info mitteilte.

Ovd-Info schrieb am Samstagnachmittag, dass mindestens 359 Anhänger Nawalnys in 32 Städten festgenommen worden seien, darunter auch in Moskau und St. Petersburg. Das Portal listete zugleich auch die Namen der Festgenommenen auf.

Die Menschen in Russland trauern trotzdem weiter um den Oppositionellen. In Moskau und anderen Städten räumten Männer in Zivil oder Mitarbeiter der Stadtreinigung spontan errichtete Erinnerungsstätten für den 47-Jährigen, der in Haft in der Polarregion unter ungeklärten Umständen starb.

Police detain a man as he wanted to lay flowers paying their last respect to Alexei Navalny at the monument, a large boulder from the Solovetsky islands, where the first camp of the Gulag political pr ...
Die Polizei nimmt einen Mann fest, der Blumen für Nawalny niedergelegt hatte.Bild: keystone

Sie packten Blumen in Abfalltüten, sammelten Kerzen und Bilder ein. Medien in vielen Teilen Russlands berichteten am Samstag, dass trotzdem weiter frische Blumen niedergelegt, Kerzen angezündet und Bilder zur Erinnerung an Nawalny aufgestellt wurden.

Nach Informationen von Menschenrechtlern gab es landesweit mehr als 100 Festnahmen. Das Internetportal ovd.info berichtete am Samstagmorgen, dass allein in St. Petersburg mehr als 60 Menschen festgenommen worden seien.

Festnahmen gab es demnach in zehn Städten, darunter auch in Moskau, Brjansk und Krasnodar. Die Bürgerrechtler gaben auch juristische Hinweise für das Niederlegen von Blumen und veröffentlichten die Nummer einer Telefon-Hotline für anwaltliche Hilfe. Viele Russen hatten nach dem Tod Nawalnys öffentlich ihre Wut geäussert.

«Wie gross doch selbst die Angst des Machtapparates vor einem Toten ist, wenn sogar das Ablegen von Blumen zu seinem Andenken als Verbrechen angesehen wird», schrieb der russische Friedensnobelpreisträger und Gründer der kremlkritischen Zeitung «Nowaja Gaseta», Dmitri Muratow, am Samstag im Nachrichtenkanal Telegram.

Police guard an area as people lay flowers paying the last respect to Alexei Navalny at the monument, a large boulder from the Solovetsky islands, where the first camp of the Gulag political prison sy ...
Polizisten bewachen einen Bereich in Moskau, in dem Menschen Blumen niederlegen, um Alexej Nawalny die letzte Ehre zu erweisen. Das Denkmal ist ein grosser Felsbrocken von den Solowezki-Inseln, wo das erste Lager des politischen Gefängnissystems Gulag eingerichtet wurde.Bild: keystone

In Moskau war bis in die Nacht hinein ein grosses Polizeiaufgebot im Stadtzentrum, wie eine Reporterin der Deutschen Presse-Agentur von vor Ort berichtete. Zwischenzeitlich hatten Menschen dort in einer langen Schlange gewartet, um Blumen abzulegen am sogenannten Solowezki-Stein, der Opfern politischer Repressionen gewidmet ist. Viele wurden zwar zu dem Stein durchgelassen, jedoch von Polizisten eingeschüchtert und ständig ermahnt, den Ort schnell wieder zu verlassen.

Gedenkanlässe in der Schweiz

Zu «dringenden Kundgebungen» hatte der Verein Russland der Zukunft-Schweiz in Genf und Zürich kurzfristig aufgerufen, nachdem am Freitag der Tod Nawalnys bekannt geworden war.

Protestors hold a placard with a picture of Alexei Navalny after the announcement of the death of the Russian opposition leader, on the place des Nations in front of the European headquarters of the U ...
Auch in Genf sind am Freitagabend mehrere Personen zu einer spontanen Gedenkfeier zusammengekommen, 16. Februar 2024.Bild: keystone

In Zürich fanden sich auf dem Europaplatz direkt beim Hauptbahnhof gegen 300 Personen ein. Einige brachten Plakate mit, auf denen neben dem Porträt von Alexej Nawalny dessen Worte «Never give up» («Gib nie auf») standen. «Putin hat Nawalny getötet», hiess es auf einem anderen Plakat.

Diese Botschaft wurde auch von den Teilnehmern in Genf auf dem Platz der Nationen verbreitet. Sie sahen den russischen Präsidenten als «blutrünstigen Mörder». «Ich hätte nicht gedacht, dass Nawalny im Gefängnis sterben würde», sagte eine Frau, die mit den Teams des russischen Aktivisten zusammengearbeitet hatte, zu den Teilnehmenden. «Aber die Kräfte des Staates waren stärker» als die der Zivilgesellschaft, fügte sie hinzu.

«Die nächsten Tage, Wochen und Monate werden für die Opposition, die Zivilbevölkerung und Russland intensiv sein», hatte der Verein Russland der Zukunft-Schweiz in seinem Aufruf geschrieben. Denn Nawalny sei nicht einfach gestorben, sondern von Putin und dem russischen Staat getötet worden.

Der russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny ist nach Angaben der russischen Justiz in Haft gestorben. Der 47-Jährige sei am Freitag nach einem Spaziergang in seiner sibirischen Strafkolonie zusammengebrochen und habe sofort das Bewusstsein verloren. Wiederbelebungsversuche von Sanitätern hätten keinen Erfolg gehabt.

Proteste auch in Riga und Tallinn

Auch in mehreren anderen Städten ist es am Freitag zu Protesten gekommen.

In Lettlands Hauptstadt Riga haben nach der Nachricht vom Tod des russischen Kremlgegners Alexej Nawalny mehrere Dutzend Menschen vor der Botschaft Russlands protestiert. Auf dem Platz gegenüber der Auslandsvertretung zündeten sie Kerzen an und hielten Plakate mit einem Foto Nawalnys oder Aufschriften hoch. Auch im benachbarten Estland zogen Demonstranten mit Transparenten vor die russische Botschaft in der Hauptstadt Tallinn. Auf einem stand in Grossbuchstaben: «Putin ist ein Mörder».

(hah/sda)

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33 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Glungge-Bur
16.02.2024 18:57registriert November 2022
Es ist ein trauriges Kapitel was mit Nawalny über die lange Zeit passiert ist! Ich habe diverse Artikel in diesem Zusammenhang gelesen. Was da alles passiert ist "schreit zum Himmel"! Ich kann nur von meiner Seite reden: Sämtliche noch "Russenversteher" in in unserem Land sollen die "Koffer packen"! Die Schweizer Regierung soll die "russische Botschaft" (Spione in der Schweiz??) als Unerwünscht erklären + sämtliche Botschafter ausweisen. Mit einem solchen Land müssen wir keinen Kontakt mehr haben welche die "Menschenrechte" so unterdrückt! Aber hat der Bundesrat diesen Mut: Vermutlich nein!
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Händlmair
16.02.2024 19:00registriert Oktober 2017
Kann niemand vor der UNO eine Grossdemo organisieren mit dem Ziel, Russland endlich aus dem Sicherheitsrat zu werfen!
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Roli4ka
17.02.2024 13:52registriert April 2023
Wie schwach muss ein Regime sein, dass es selbst angst vor Blumen und Kerzen hat!
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