Die Bahn gilt als klimafreundliches Verkehrsmittel, und dies zu Recht: Die normalen Züge der SBB fahren mit Strom, der zu gut 90 Prozent aus Wasserkraft stammt, wie das Unternehmen gerne betont. Da erstaunt eine Beschaffung, welche die SBB kürzlich tätigten: 10 Millionen Liter Diesel jährlich bis 2027, insgesamt also 50 Millionen Liter Diesel. Mit der gleichen Bestellung kauften die SBB Heizöl für die nächsten fünf Jahre.
Kostenpunkt für Diesel und Heizöl: rund 93.5 Millionen Franken, notabene ohne Mehrwertsteuer, wie aus dem veröffentlichten Zuschlag hervorgeht. Dieser erfolgte, bevor die Preise wegen des Ukraine-Kriegs nach oben schnellten. Doch wozu brauchen die SBB im Schienenverkehr zehn Millionen Liter Diesel pro Jahr? Und wie geht das zusammen mit dem Plan, bis 2030 klimaneutral zu sein?
Benötigt wird der Diesel hauptsächlich für zwei Zwecke: Erstens für den Bau und die Instandhaltung der Infrastruktur, wenn während der Arbeiten die Fahrleitungen ausgeschaltet oder nicht nutzbar sind, wie die Medienstelle schreibt. Zweitens fürs Rangieren auf Abschnitten, bei denen es keine Oberleitungen gibt. Auch beispielsweise Lösch- und Rettungszüge brauchen Diesel. Gemäss dem jüngsten Geschäfts- und Nachhaltigkeitsbericht haben die SBB zirka 700 dieselbetriebene Schienenfahrzeuge.
Das fällt ins Gewicht. Von den knapp 70'000 Tonnen Treibhausgasemissionen, welche die SBB 2021 mit ihrem Energieverbrauch hierzulande verursachten, entfielen fast 30'000 Tonnen auf Diesel für die Bahntraktion - beinah so viel wie für das Heizen von Gebäuden und Anlagen. Nicht darin eingerechnet sind die Emissionen der Strassenfahrzeuge, für welche die SBB rund 3 Millionen Benzin und Diesel pro Jahr benötigen.
Die SBB haben sich auf die Flagge geschrieben, die Treibhausgasemissionen und den Dieselverbrauch zu verringern. Bereits im Einsatz sind Hybridloks, die unter der Fahrleitung den Strom nutzen. Künftig sollen alle Dieselloks ersetzt werden durch Fahrzeuge, die mit erneuerbaren Energien betrieben sind - allerdings erst bis ins Jahr 2040.
Die Bundesbahnen geben sich also fast zwei Jahrzehnte Zeit. Begründet wird dies unter anderem mit der langen Lebensdauer der Loks. SBB Cargo werde in den nächsten Jahren einen Teil ihrer Flotte ersetzen, schreibt die Medienstelle. Anspruchsvoller sei es bei Dieselloks, die im Unterhalt zum Einsatz kommen, da sie auf Baustellen lange autark funktionieren und hohen Sicherheitsanforderungen entsprechen müssten. «Nicht vergessen werden darf, dass die SBB auch in der Übergangsphase ein zuverlässiges Bahnsystem bieten muss und dazu braucht es noch Diesel», hält die Medienstelle fest.
Klimaneutral wollen die SBB bereits 2030 sein, dies dank einem Bündel von bis zu 300 Massnahmen. Allerdings heisst das nicht, dass bis dann kein CO2 mehr ausgestossen wird: Ziel ist, die Treibhausgasemissionen bis 2030 zu halbieren. Der Rest soll «mit Projekten in der Lieferkette kompensiert werden», wie die SBB schreiben. Konkret sollen Projekte von Partnern finanziell unterstützt werden, die zu einer Reduktion der Emissionen führen. In anderen Worten: Die SBB werden auf dem Papier klimaneutral sein, auch wenn noch längst nicht alle Dieselloks ausrangiert sind. (aargauerzeitung.ch)
10‘000’000 Liter Dieselkraftstoff
das tönt wahrhaftig gewaltig.
tatsächlich ist es auch eine rechte Hausnummer!
wenn wir allerdings die enorme elektrische Energie dazu vergleichen relativiert sich das wieder.