Während einer langen Reise Zeitung lesen, eine Fernsehserie streamen oder über aktuelle Verspätungen informiert sein? Etwas, das wohl alle Zugpassagiere schon einmal gemacht haben. In der Zusammenführung dieser Tätigkeiten auf einer einzigen Seite erkannten die SBB ein Kundenbedürfnis und schufen vor rund fünf Jahren ein digitales Portal auf ihren Fernverkehrszügen, das via Handy oder Laptop zugänglich war. Nun wurde es abgestellt – zu wenige haben das Angebot genutzt.
«Die SBB wollten ein revolutionäres, digitales Erlebnis an Bord ihrer Hochgeschwindigkeitszüge schaffen», schreibt die Firma Gomedia, die das SBB-Unterhaltungsportal konzipiert und umgesetzt hat. Wer sich mit einem eigenen Endgerät mit dem drahtlosen Netzwerk in den Schnellzügen, etwa auf der Gotthardstrecke, verbunden hatte, wurde bis anhin direkt auf das SBB-Portal weitergeleitet.
Auf diesem konnten Nutzerinnen und Nutzer kostenfrei Filme schauen, Magazine und Zeitschriften lesen und Spiele spielen. Zudem hat das Portal einen Überblick über die Reise geboten, mit aktueller Geschwindigkeit, Speisekarten des Bordrestaurants und hilfreichen Tipps. Gemäss Gomedia wurde das Portal von drei Viertel aller Nutzerinnen und Nutzer als «hervorragend» oder «sehr gut» bewertet.
Nur: Genutzt haben es nicht sehr viele Kundinnen und Kunden. Wer sich jetzt mit dem Portal zu verbinden versucht, erhält die Information, dass «SBB OnBoard» aufgrund tiefer Nutzerzahlen abgeschaltet wurde. Viele hätten das Portal ohnehin nie genutzt, schreibt eine SBB-Sprecherin: «Die Nutzerzahlen waren auf tiefem Niveau abnehmend.»
Die SBB sind vergleichsweise spät auf den Bordunterhaltungs-Zug aufgesprungen. Die Deutsche Bahn etwa betreibt ihr ICE-Portal, das auf Hochgeschwindigkeitszügen via Wi-Fi verfügbar ist, seit 2015. Das Angebot sei bei den Reisenden sehr beliebt, schreibt eine Sprecherin der DB auf Anfrage, und bekräftigt: «Die Nutzerzahlen des ICE-Portals steigen stetig».
Ein Grund, wieso das Portal in Deutschland gut funktioniere, liegt gemäss der Deutschen Bahn in der Verfügbarkeit von mobilem Internet: «Datenflatrates haben sich im Markt in Deutschland noch nicht so durchgesetzt wie in anderen Ländern.» Nutzerinnen und Nutzer benötigten also das Wi-Fi und würden so auch von den Gratisangeboten profitieren.
Statistiken zufolge liegt die Anzahl Internetnutzer mit unbegrenztem Datenvolumen im einstelligen Prozentbereich. In der Schweiz hingegen besitzen weit mehr als die Hälfte eine Flatrate – 2019 waren es 73 Prozent. Das ermöglicht unbegrenztes Streaming von Filmen ausser Haus. Ende jenes Jahres implementierten die SBB zum ersten Mal kostenfreies Internet in den Zügen, gleichzeitig mit «SBB OnBoard». Auf den letzten Fahrplanwechsel wurde es abgestellt. Eine Sprecherin begründet: «Wir gehen davon aus, dass die meisten Reisenden Inhalte zunehmend auf den eigenen Geräten konsumieren.»
Andererseits wusste man gar nicht, dass es dieses Angebot wirklich gibt. Das WiFi bei den SBB ist so lahm, dass man die Mobilverbindung nutzt und Netflix schaut (oder eben arbeitet) - dann hat sich das OnBoard-Entertainment eh erledigt.