Das Bundesverwaltungsgericht hat die Beschwerde eines SBB-Angestellten teilweise gutgeheissen, dem fristlos gekündigt worden war. Ein Verfahren wegen des Vorwurfs der unrechtmässigen Aneignung wurde eingestellt.
Ein Kollege des Beschwerdeführers fand bei der Reinigung eines Zuges im Bahnhof Genf im Februar 2021 eine Tasche, die jemand liegen gelassen hatte. Anstatt die Tasche sofort zur zuständigen Stelle zu bringen, deponierte sie der Kollege im Serviceraum der Angestellten.
Als die Fundsache schliesslich dem Besitzer ausgehändigt wurde, sagte dieser, dass ein Umschlag mit 1700 Euro fehle. Dies geht aus einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil des Bundesgerichts hervor.
Die beiden SBB-Mitarbeiter wurden im April 2021 per Strafbefehl wegen unrechtmässiger Aneignung zu einer bedingten Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt. Der Taschenbesitzer zog seine Anzeige jedoch zurück und die Genfer Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren ein.
Einen Monat später kündigten die SBB den beiden Männern fristlos. Die Beschwerde des Finders der Tasche wies das Bundesverwaltungsgericht im Januar 2022 ab. Im Fall des Beschwerdeführers hat das Gericht nun anders entschieden. Es ist zum Schluss gelangt, dass die Kündigung unverhältnismässig gewesen sei.
Der Beschwerdeführer habe die Tasche nie berührt und den Inhalt nicht gekannt. Man könne ihm höchstens vorwerfen, dass er seine Sorgfaltspflicht verletzt habe, indem er seinen Kollegen nicht dazu angehalten habe, die Tasche sofort auszuhändigen. So sehen es die Vorschriften vor.
Das Gericht hat dem Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinstellung nicht stattgegeben. Eine solche Massnahme ist im Personalrecht nur in besonderen Fällen vorgesehen. Stattdessen wurde dem Mitarbeiter mit fast 20 Dienstjahren ein Anspruch auf sechs Monatslöhne zugesprochen.
Darüber hinaus erhält er eine Entschädigung in Höhe von acht Monatslöhnen, um seinem Alter - 61 Jahre in diesem Jahr - und der Tatsache Rechnung zu tragen, dass er in naher Zukunft vorzeitig in den Ruhestand hätte treten können. (Urteil A-2770/2021 vom 30.12.2022)
(aeg/sda)