Rassismus steht nicht auf den Lehrplänen von Schweizer Schulen, und in Lehrmitteln fehlt trotz Sensibilisierung für rassistische Begriffe ein umfassendes Verständnis von Rassismus. Die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus empfiehlt, das Thema Rassismus in die Lehrpläne zu schreiben.
Die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR) veröffentlichte am Montag eine Studie zum Thema Rassismus in Lehrmitteln. Sie ortet zwar positive Entwicklungen in Lehrmitteln. Zum Beispiel werde in Lehrmitteln der Begriff «Indianer» mit «Native Americans» ersetzt. Auch von der «Kolonialen Schweiz» sei die Rede.
Gehe es in Schulbüchern um Rassismus, dann werde dieser aber als historisches oder zwischenmenschliches Phänomen dargestellt. Es gehe etwa um Kolonialismus, Rassentheorien, Nationalsozialismus oder Rassismus in fernen Ländern.
Rassismus, wie er gesellschaftliche Machtverhältnisse präge, sei dagegen nicht präsent. Die gesellschaftliche «Normalität» werde in Lehrmitteln «eher homogen weiss» dargestellt, so die Kommission. Erwachsene würden häufiger «weiss» abgebildet als Kinder. Erwachsene People of Color seien vor allem im Zusammenhang mit Themen wie Armut, Flucht oder Asyl - oder fernen Ländern - zu sehen.
Die aktuelle Migration werde meist aus europäischer Perspektive dargestellt, schreibt die EKR zur Studie. Migrantinnen und Migranten träten kaum je als autonome Subjekte in Erscheinung. Vielmehr seien sie Teil von Bewegungen, Zahlen und Grafiken. An Zugängen, um Fragen zu Teilhabe und Zugehörigkeit zu diskutieren, fehle es meist.
Die EKR empfiehlt, Rassismus in den Lehrplänen der obligatorischen Schule zu verankern. Lehrerinnen und Lehrer müssten zudem in der Lage sein, rassismuskritische Bildung konzipieren, gestalten und moderieren zu können. Die Kompetenzen dafür müssten sie bei der Aus- und Weiterbildung erwerben können.
Für die kantonale Begutachtung von Lehrmitteln brauche es punkto Rassismus klare Kriterien. Diese sollten es erlauben, zu beurteilen, ob ein Lehrmittel das Thema in sinnvoller Weise thematisiere und ob es gesellschaftliche Diversität repräsentiere.
In Schulbüchern muss laut der EKR die strukturelle Dimension von Rassismus erfasst werden. Nur so könnten die wirtschaftliche, politische und soziale Bedeutung von Rassismus in der Gegenwart nachvollziehbar gemacht werden. Und nur unter dieser Voraussetzung könnten kritische Reflexionen angestossen werden. (saw/sda)