Bei der Wahl für das neue Präsidium der SP werde es nicht um eine ideologische Weichenstellung gehen. Zu ähnlich seien sich alle Positionen. «Unabhängig von der Entscheidung des Parteitages», schreiben die Nationalräte Priska Seiler und Mathias Reynard, «wird die SP Schweiz klar links verankert sein.» Entscheidend sei der Stil.
Das halten die beiden in einem neuen Papier unter dem Titel «Eine gewisse Vorstellung von Politik» fest. Gleichzeitig haben sie mit einem Prioritäten-Papier ihre programmatischen Positionen massiv geschärft.
Seiler (51) und Reynard (32) sind – verglichen mit dem homogenen Duo Cédric Wermuth (34) und Mattea Meyer (32) – ein ungleiches Tandem. Seiler ist Zürcher Exekutivpolitikerin, Gewerkschafter Reynard bezeichnet sich als Aktivist im Wallis.
Neu für die Schweiz ist, dass die beiden Paare einen öffentlichen Wahlkampf führen um das Parteipräsidium. «So, als ob sie für ein Regierungsamt kandidierten», analysiert Nationalrat Eric Nussbaumer.
Es waren Meyer/Wermuth – Codenamen #teammamuth –, die mit ihrem Programm «Aufbruch» im Dezember die Gangart diktierten. Seiler/Reynard mussten nachziehen. Mit der Hilfe eines Teams haben sie ihren eher schwammigen Aktionsplan vom Februar massiv überarbeitet. Er liegt CH Media vor.
Zwar wird der Parteitag der SP auf den 17./18. Oktober verschoben. Und die Kandidaten begeben sich per sofort in eine freiwillige Wahlkampf-»Quarantäne» bis am 10. August. Solange gibt es weder Facebook-Posts noch Interviews zu den Präsidiums-Wahlen.
Am Samstag ist die letzte Gelegenheit, sich noch zu äussern. Seiler/Reynard grenzen sich im Papier zum Politikstil ab von Meyer/Wermuth. Politik müsse stets «im Interesse des Gemeinwohls» stehen, dürfe nicht «Selbstzweck» sein, heisst es da. Ein Satz, der als Spitze gegen die Konkurrenten verstanden werden kann.
Auch wollen Seiler/Reynard die SP «nicht auf eine Bewegung reduzieren». «Wir sind stolz darauf, eine Partei zu sein», sagt Seiler. Meyer/Wermuth hingegen wollen die SP «an der Spitze einer Bewegung sehen».
Die SP sei verpflichtet, Ergebnisse zu erzielen, betont Reynard. «Wir wollen die Lebensqualität der Menschen erhöhen: bei Kindern mit Krippen, bei Studenten mit Stipendien, bei Arbeitern mit Burn-Out-Hilfen, im Alter mit Pflege.»
Dafür soll die SP den ganzen Werkzeugkasten nutzen. Selbst Klagen vor Gericht. Doch die Zürcherin und der Walliser haben eine Vorliebe für Initiativen. «Sie stehen für kreative und konstruktive Politik», sagt Seiler. In ihrem Papier zu den Prioritäten der SP finden sich vier Initiativ-Projekte, die direkt auf ihre Ideen zurückgehen.
Sie planen im Falle ihrer Wahl eine weitere Initiative für eine Einheitskrankenkasse mit einkommensabhängigen Prämien. Gleichzeitig denken sie an eine Initiative für den Beitritt der Schweiz zum Atomwaffenverbotsvertrag. Sie erwägen aber auch eine Initiative «Ausserfamiliäre Kinderbetreuung als Service Public». Und eine Initiative «Garantierte Weiterbildung als Antwort auf die Digitalisierung».
Das stärkste Kapitel im Prioritäten-Papier ist das über den Service Public. Ein Begriff, der im «Aufbruch»-Papier nicht auftaucht. «Er ist essenziell für die soziale Kohäsion des Landes. In den letzten Jahren sahen wir eine Zerschlagung der Service-Public-Leistungen», schreiben Seiler/Reynard – und sehen grossen Handlungsbedarf.
Sie fordern ein Moratorium für die Schliessung von Poststellen und Bahnschaltern. Mittelfristig sollen für Jugendliche und ältere Menschen die Bahnpreise gesenkt werden.
Seiler/Reynard thematisieren fünf weitere Bereiche:
Gleichstellung und Familien: «Die SP ist die Familienpartei», sagt Mathias Reynard. Er hat mit Innenminister Alain Berset über eine Anti-Diskriminierungs-Kommission diskutiert, analog zur Anti-Rassismus-Kommission.
Arbeit: Das Duo fordert Anerkennung des Burnouts als Berufskrankheit.
Sozialpolitik und Gesundheit: Das Duo setzt auf eine 13. AHV-Rente. Zudem spricht es sich für eine Zahnversicherung aus, die über eine Steuer auf Süssgetränke finanziert werden soll.
Ökologie und Klima: «Die SP Schweiz ist die wichtigste ökologische Partei der Schweiz», sagt Seiler. Das Duo setzt auf Normen-Verschärfungen für Luft, Lärm und Feinpartikel und will Netto Null Emissionen bis 2030 erreichen. Das ist eine massive Verschärfung gegenüber der offiziellen SP-Haltung.
Internationale Schweiz: Seiler/Reynard wollen, dass die neutrale Schweiz «keine Kriegsmaterialexporte» mehr macht.
Meyer/Wermuth setzen in «Aufbruch» andere Akzente bei solidarischer Globalisierung, Selbstbestimmung der Menschen in der Wirtschaft und Einbürgerung von Migranten.
Einheitskrankenkasse ?
Ausserfamiliäre Kinderbetreuung als Service Public ?
Also, ich weiss nicht..
Jedem gleich den Pass zuwerfen, die Einheitskasse schon wieder durchkauen und ich möchte nicht wissen, was dieser Service public kosten würde..