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Seco schreitet ein – Temu passt Geschäftspraktiken in der Schweiz an

Ein Paket des Onlineshops Temu.
Ein Paket des Onlineshops Temu.bild: shuterstock / aargauerzeitung

Der Bund weist Temu in die Schranken

Der chinesische Billiganbieter hat sich verpflichtet, die Spielregeln einzuhalten. Im Gegenzug verzichtet das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco auf rechtliche Schritte.
17.04.2025, 14:1717.04.2025, 17:46
Florence Vuichard / ch media
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Anfang September musste eine Temu-Delegation aus Irland in Bern antraben. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) hatte sie aufgeboten. Im Gespräch hatten die Beamten, wie es damals hiess, den Vertretern des chinesischen Billigonlinegiganten die hiesigen «Vorgaben des Lauterkeitsrechts dargelegt». Nötig wurde das, nachdem mehrere Schweizer Konsumenten- und Händlerverbände entsprechende Klagen beim Seco eingereicht hatten.

In den folgenden Monaten fand «ein Austausch» statt, unter anderem in den Räumlichkeiten des Seco im Berner Weissenbühl-Quartier, wie das Amt am Donnerstag bekannt gab. Und offenbar hat Temu die «Vorgaben» nun verstanden. «In der Folge» hat Temu laut dem Seco «die Darstellung des Angebots der Online-Plattform schrittweise und kurzfristig verbessert».

Das sind die wichtigsten Änderungen:

  • Bei Rabatten respektive bei Preisvergleichen muss neu präzisiert werden, dass der durchgestrichene Referenzpreis auch wirklich dem Temu-Produktepreis entspricht, der unmittelbar vor der Preissenkung gültig war.
  • Name, Adresse und E-Mail der Verkäufer sind neu angegeben.
  • Es erscheint keine Benutzeraktivität in Form eines Glücksrades mehr.
  • Die Angabe «Fast ausverkauft» darf nur noch angegeben werden, wenn der Lagerbestand zwischen 20 und 99 Einheiten liegt und damit innert weniger Tage ausverkauft sein könnte. Zuvor wurde die Angabe «Fast ausverkauft» viel weitergefasst und auch bei einem Lagerbestand von bis zu 199 Einheiten verwendet. Ein Kontrollmechanismus soll die angemessene Verwendung der Angabe sicherstellen.
  • Verschiedene Angaben, die Temu-Kunden zeitlich unter Druck setzten, wurden entfernt. Das sind etwa Sätze wie «Beeil dich! Über x Personen haben diesen Artikel in ihrem Einkaufswagen!». Andere Angaben wie etwa «Blitzangebot» wurden reduziert.
  • Verschiedene Angaben aus den Marketing-Mails, die Temu-Kunden emotional und zeitlich unter Druck setzten, wurden entfernt. Das heisst: Sätze wie «Wir bedauern, Ihnen mitteilen zu müssen», «Beeilen Sie sich, sonst verpassen Sie etwas» oder «Sie müssen etwas unternehmen, sonst ist Ihr Favorit ausverkauft» sollten nicht mehr auftauchen.

Die europäische Muttergesellschaft von Temu, die in Irland ansässige Whaleco, «hat sich zur Beibehaltung dieser Änderungen verpflichtet», heisst es beim Seco. Im Gegenzug verzichtet das Amt auf «rechtliche Schritte» gegen Whaleco. Dennoch warnt das Seco: «Bei neuen Beschwerden betreffend die Lauterkeit des Angebots» werde das Staatssekretariat Whaleco erneut in die Pflicht nehmen.

Temu, bis anhin gegenüber der Öffentlichkeit eher wortkarg, meldete sich am Donnerstag auch noch zu Wort: «Wir schätzen den guten Austausch mit dem Seco und begrüssen das erzielte Ergebnis», sagte ein Unternehmenssprecher. Die Anpassungen würden Temus «konstruktiven Ansatz in der Zusammenarbeit mit Behörden» widerspiegeln. Weiter verspricht Temu die «strengen Standards» für den Konsumentenschutz aufrechtzuerhalten.

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31 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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El_Chorche
17.04.2025 15:04registriert März 2021
Seit ich weiss, dass es nur 5'000 Franken kostet, den Bodensee zu vergiften, muss ich das Vorgehen des SECO wohl als angemessen akzeptieren.
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Händlmair
17.04.2025 15:29registriert Oktober 2017
Die europäische Marktaufsichtsbehörde hat im Januar bei Stichproben von 144 Produkten die von Shein, AliExpress und Temu angeboten werden, festgestellt, dass 85% der Produkte gegen Sicherheitsanforderungen der EU verstossen. Darunter ein paar Schuhe die eine 229 fach höhere Menge an Phthalaten aufwies als erlaubt.

Phthalate sind endokrine Disruptoren, die in den Hormonhaushalt eingreifen. Unfruchtbarkeit, Entwicklungsstörungen beim Fötus, Leber- und Nierenschäden, oder Krebs können Phthalate auslösen und sind daher in der EU verboten oder streng reglementiert.

Wann wird das angegangen?
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Emma Jones
17.04.2025 15:40registriert April 2016
Aber die Schweizer Post verteilt die chinesischen Temupakete immer noch zum Briefportopreis und damit günstiger als jedes Inlandpaket. K.A. wieso die Postkunden und Steuerzahler gezwungen werden die Billigshopper zu subventionieren.
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