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Schweizer Hockey-Frauen stehen vor historischem Spiel

Die Schweizer Eishockey-Nationalmannschaft der Frauen.
Die Schweizer Eishockey-Nationalmannschaft der Frauen.bild: frauennati.ch

Schweizer Hockey-Frauen stehen vor historischem Spiel

Ob es wieder ein olympisches Hockey-Frauenwunder gibt wie 2014, ist höchst ungewiss. Fest steht nur, dass die Schweizerinnen heute im ersten Spiel gegen das vereinte Korea im Scheinwerferlicht der Weltöffentlichkeit stehen.
09.02.2018, 22:1610.02.2018, 10:27
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Ein Wunder ist ein Ereignis, dessen Zustandekommen sich niemand erklären kann, so dass es allenthalben Verwunderung und Erstaunen auslöst.

2014 gewinnen die Schweizerinnen Hockey-Bronze. Das erste helvetische Hockey-Edelmetall seit 1948 (Männer-Bronze in St. Moritz). Der Modus will es, dass sie dafür nur zwei Siege benötigen: 2:0 im Viertelfinale gegen Russland und im Bronze-Spiel 4:3 (nach 0:2) gegen Schweden. Es ist ein Erfolg fast «aus dem Nichts».

Nationaltrainer Kammerer verlässt nach diesem historischen Triumph die Hockeybühne. Elf Jahre lang hatte er an der nationalen Bande gedient, im Nebenamt.

1998 haben die Männer bei der WM in Zürich und Basel auch von einem besonderen Modus profitiert und mit zwei Siegen für ein Wunder gesorgt. Sie erreichten mit den Siegen gegen Frankreich und Russland – der erste Sieg gegen die Russen an einem Titelturnier – das WM-Halbfinale und den 4. Schlussrang.

Das Wunder von 1998 ist der Beginn der Rückkehr in die Weltklasse. Der Anfang einer neuen, ruhmreichen Zeit für unsere Nationalmannschaft. 2013 stehen die Schweizer im WM-Finale und nun gehören sie in Südkorea zu den Medaillen-Anwärtern.

Das Wunder von Sotschi löst im Frauen-Hockey keinen Boom aus. Die Schweizer Sechserliga ähnelt immer noch einer Dreiklassengesellschaft. Wer weiterkommen will, muss in Länder, in denen Fraueneishockey eine Bedeutung hat. So wie Lara Stalder. Sie ist die beste Stürmerin. Nach vier Jahren Hockey und Studium in den USA stürmt sie diese Saison in Schweden bei Linköping. Florence Schelling, eine der besten Torhüterinnen der Welt, ist ihre Teamkollegin. Auch sie hat vor ihrem Schweden-Abenteuer in Nordamerika gespielt. Insgesamt acht Schweizerinnen spielen in Schweden oder Nordamerika.

Stalder trifft für Linköping.Video: YouTube/#SDHLgifs

Es wäre schon möglich gewesen, mehr aus dem Bronze-Wunder zu machen. Beispielsweise durch den Einsatz von mehr Geld. Nur so wäre es möglich gewesen, die Nationalliga-Klubs zur Frauenförderung zu motivieren. Aber nach wie vor alimentieren von den NLA-Klubs nur die ZSC Lions und Lugano ein Frauenteam in der höchsten Liga. Die Begeisterung für Frauenhockey fehlt beiden Grossen im Schweizer Eishockey. Und beim Verband (Swiss Ice Hockey) hält sie sich auch in überschaubaren Grenzen.

Nach dem Bronze-Wunder sind die Schweizerinnen wieder in die Anonymität zurückgekehrt. Sie geniessen lediglich eine «U-Boot-Popularität»: Sie tauchen nur alle vier Jahre bei Olympischen Spielen für ein paar Tage aus dem Ozean der sportlichen Anonymität auf. Bei der WM resultierten seit Sotschi nur noch 6. und zwei 7. Plätze. Dafür hat sich niemand interessiert. Torhüterin Florence Schelling ist nach wie vor die einzige Spielerin, die einen gewissen Bekanntheitsgrad hat.

Florence Schelling, player of women ice hockey team of Switzerland, pose during a media conference of the Swiss Women Ice Hockey team in the House of Switzerland one day prior to the opening of the XX ...
Florence Schelling.Bild: KEYSTONE

Die Schweizerinnen sind die Aussenseiterinnen der nationalen Hockeyszene geblieben. In dieser Rolle liegt auch eine Erklärung für das Bronze-Wunder. Der Zusammenhalt war famos. Das ist bei Aussenseiter-Teams oft so. Zudem galt Nationaltrainer René Kammerer als Ralph Krueger des Frauenhockeys. Als «Hexenmeister» des Teambuildings. Der «Bronze-Schmied»hat die Hockeybühne nach Sotschi verlassen und seinen Platz an den ehemaligen Nationalstürmer Gian-Marco Crameri überlassen.

Die Aussenseiterrolle ist geblieben. 13 Bronze-Heldinnen von 2014 sind nach wie vor dabei. Die grösste Veränderung hat es ganz oben gegeben. Nun steht Daniela Diaz als Nationaltrainerin an der Bande. Sie war von 2010 bis 2016 Cheftrainerin der ZSC Lions und holte vier Titel. Am 14. Dezember 2016 ist die Schwester von Zugs Captain Raphael Diaz Nachfolgerin von Crameri geworden.

Auch der Modus ist der gleiche wie 2014 in Sotschi. Wer in der ersten Gruppe (vier Teams) ins Turnier geht, kann die drei Vorrundenspiele alle verlieren und ist doch fürs Viertelfinale qualifiziert. So war es 2014. Deshalb reichten den Schweizerinnen zwei Siege für Bronze.

ARCHIV - ZU DEN SCHWEIZER MEDAILLENGEWINNERN AN OLYMPISCHEN WINTERSPIELEN STELLEN WIR IHNEN EINE AUSWAHL AN ARCHIVBILDERN ZUR VERFUEGUNG - From left, Switzerland's Angela Frautschi, goalkeeper Fl ...
Die Schweizer Eishockey-Spielerinnen in Sotschi.Bild: KEYSTONE

Aber nun gehören die Schweizerinnen wegen der mässigen Resultate bei den WM-Turnieren nicht mehr zur ersten Gruppe. Sie sind zusammen mit Schweden, dem vereinigten Korea und Japan in der zweiten Gruppe eingeteilt. Mindestens der 2. Platz ist nötig, um ins Viertelfinale zu kommen. Dafür sind wohl zwei Siege erforderlich.

Platz 1 und 2 in der oberen Gruppe berechtigen zum direkten Einzug ins Halbfinale. Diese Positionen sind für Kanada und die USA reserviert. Im Viertelfinale würden die Schweizerinnen voraussichtlich auf Russland oder Finnland treffen. Um das Bronze-Wunder zu wiederholen, sind also mindestens vier Siege gefordert.

Die USA und Kanada dominieren das Frauenhockey nach Belieben und haben an Titelturnieren (WM, Olympia) bis heute erst ein einziges Spiel gegen europäische Gegner verloren. Die Finninnen besiegten im Halbfinale die USA 3:2.

Immerhin steht eines fest: In Sotschi standen die Schweizerinnen beim letzten Spiel (um Bronze) im Scheinwerferlicht der Medien. Nun wird dies im ersten Spiel gegen das vereinte Korea der Fall sein (13.00 Uhr). Es ist eine Partie von hockeywelthistorischer Bedeutung. Weil es der erste Auftritt der Koreanerinnen ist.

Wenn sich auch für das letzte Spiel noch jemand für die Schweizerinnen interessiert – weil es um eine Medaille geht – dann wäre es ein grösseres Wunder als 2014.

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