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Neue Missstände im Schweizer Turnsport aufgedeckt

Neue Missstände im Schweizer Turnsport schockieren.
Neue Missstände im Schweizer Turnsport schockieren.bild: screenshot srf

Die Trampolin-Enthüllungen: Neue Missstände im Schweizer Turnsport

Zweieinhalb Jahre nach den Magglingen-Protokollen kommen erneut Missstände im Schweizer Turnsport ans Licht. Im Rahmen der Trampolin-Enthüllungen wird eine Trainerin im Kunstturn- und Trampolinzentrum in Liestal beschuldigt, die Athletinnen und Athleten verbal und teils auch körperlich erniedrigt zu haben.
06.04.2023, 10:3606.04.2023, 14:23
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Vor zweieinhalb Jahren erschütterten die Magglingen-Protokolle die Schweiz. Der Missbrauch im Kunstturnen machte Schlagzeilen und schockierte. Und jetzt sorgen neue Enthüllungen von SRF Investigativ für den nächsten Schock: Eine Trainerin des Nordwestschweizerischen Kunstturn- und Trampolinzentrums in Liestal (NLK) soll ihre Turnerinnen und Turner der Disziplin Trampolin während Jahren verbal erniedrigt haben. Teilweise soll sie ihnen sogar Schmerzen zugefügt haben.

Die «Magglingen-Protokolle»
Im Herbst 2020 macht das Magazin des «Tagesanzeigers» Enthüllungen rund um das nationale Turnzentrum des Schweizerischen Turnverbands publik: die Magglingen-Protokolle. Diese decken auf, wie Athletinnen über Jahre von ihren Trainern gedemütigt und gebrochen wurden.
«Sie hat uns nie geschlagen, aber manchmal wäre es mir fast lieber gewesen, als dass sie mich psychisch so fertigmacht.»
Eine Turnerin

Sechs ehemalige Kader-Athletinnen und -Athleten erzählen SRF, wie ihre Trainerin sie zwischen den Jahren 2012 und 2022 angeschrien, gedemütigt, wegen ihres Gewichts schikaniert und ihnen körperliche Gewalt angetan habe.

«Sie hat uns nie geschlagen, aber manchmal wäre es mir fast lieber gewesen, als dass sie mich psychisch so fertigmacht. Dass sie mir sagt, dass ich aussehe wie ein Schwein und jeden Tag dicker und dicker werde», sagt eine der Turnerinnen.

Oder eine andere: «Sie ist uns auf die Knie gesessen, damit sie überstreckt wurden. Viele von uns haben bis heute Knieprobleme.»

Damit noch nicht genug. Eine Betroffene erzählt weiter: «Eine Woche vor dem Wettkampf hat sie uns gebrochen», oder: «Manchmal habe ich mir gewünscht, bei einem Sprung auf den Kopf zu fallen, damit ich wenigstens eine Zeit lang nicht mehr ins Training muss.»

Die Vorwürfe waren bekannt

Besonders brisant ist, dass interne Dokumente des Schweizerischen Turnverbands (STV) zeigen, dass die Vorkommnisse zunächst nicht gemeldet und verfolgt wurden. Obwohl laut Unterlagen der Turnverband die Vorwürfe schon seit 2018 kannte.

Im Jahr 2018 war beim STV aber noch die alte Führung im Amt. Nach den Magglingen-Protokollen musste diese gehen. Die neue Direktorin, Béatrice Wertli, trat mit einem Versprechen an, Missstände zu beheben und Fehler zu korrigieren.

Weitere interne Dokumente zeigen, dass sich im Herbst 2021 ein anderer Trainer beim Turnverband über die Trainerin beschwerte: «aggressives Verhalten» gegenüber den Turnerinnen und Turnern. Er forderte den Turnverband auf, Verantwortung zu übernehmen. Und diese Nachricht ging direkt an die neue Direktorin Béatrice Wertli.

Der Turnverband wäre eigentlich verpflichtet, solche Vorwürfe seiner Ethik-Kommission, der Swiss Sport Integrity (SSI), zu melden. Jedoch konnte man erst ab dem 1. Januar 2022 Meldungen bei der SSI einreichen. Am 22. März 2022 meldete der STV den Vorfall an die SSI. Am selben Tag, als die Ethikstelle wegen einer Meldung durch das Sportamt Baselland eine Untersuchung gegen die beschuldigte Trainerin eröffnet hatte. Wenig später wurde diese vom Trainingsbetrieb suspendiert. Wertli dazu: «Wir waren der Meinung, damit eine Untersuchung bei der SSI angestossen zu haben. Erst nach Einreichung unserer Meldung wurden wir über die Eröffnung eines Verfahrens und die Anordnung provisorischer Massnahmen durch SSI informiert.»

«Manchmal habe ich mir gewünscht, bei einem Sprung auf den Kopf zu fallen, damit ich wenigstens eine Zeit lang nicht mehr ins Training muss.»
Eine Turnerin

Untersuchung läuft noch

Das Verfahren der SSI läuft noch. Es gilt jedoch die Unschuldsvermutung. Die beschuldigte Trainerin, die aus Belarus stammt, wehrte sich mit einer Einsprache gegen die Suspendierung und weist gegenüber SRF alle Anschuldigungen zurück. Die Suspendierung wurde durch die Disziplinarkammer des Schweizer Sports fürs Erste aufgehoben. Mit der Begründung, dass «keine unmittelbare Gefahr für die mutmasslichen Opfer vorliegt». Zudem treffe die Massnahme die Trainerin «in ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit und persönlichen Freiheit».

Die Trainerin arbeitet weiterhin im Leistungszentrum in Liestal. Sie bleibt jedoch vom STV für überregionale oder nationale Mandate suspendiert. Die betroffenen Turnerinnen und Turner sind heute zwischen 17 und 20 Jahre alt. Niemand turnt mehr in Liestal. Die meisten haben ihre Karriere ganz beendet.

(oee)

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14 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Schlaf
06.04.2023 10:58registriert Oktober 2019
Da klagt ein Kollege gegen die fehlbare Trainerin, mehrere Turnerinnen beschweren sich, STV und Sportamt BL machen Meldung und die Olle ist immer noch dort am arbeiten.

Frau Welti scheint auch nicht die richtige Person im STV zu sein, wenn so viel Zeit vergehen muss.

Man hat rein gar nichts aus Magglingen gelernt. Es ist eine Schande für die Betroffenen.
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Linus Luchs
06.04.2023 14:13registriert Juli 2014
«Sie ist uns auf die Knie gesessen, damit sie überstreckt wurden. Viele von uns haben bis heute Knieprobleme.»

Das ist Körperverletzung: ein strafrechtlich relevantes Delikt. Ich hoffe, die Turnerinnen ziehen die Trainerin vor Gericht. Dafür ist es nicht zu spät, Körperverletzung verjährt erst nach vielen Jahren. Tut euch zusammen, besorgt euch eine Anwältin und klagt sie an.
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winglet55
06.04.2023 12:34registriert März 2016
Wegschauen, aussitzen, verschleiern und schubladisieren. Pfui Teufel STV.
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