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Wie es zur Absage der Lauberhorn-Rennen kam

Am Hundschopf, der wohl spektakulaersten Stelle des Lauberhornrennens, prangt dieses Jahr erstmals ein LED-Werbebogen. Die Organisatoren haben sich zuerst dagegen gewehrt, aufgenommen am Freitag, 8. J ...
Der Hundschopf gilt als die spektakulärsten Stelle des Lauberhornrennens. Dieses Jahr werden hier aber keine Ski-Stars um den Rank rasen. Bild: keystone

Wie es zur Lauberhorn-Absage kam

In den vergangenen Tagen gab es ein Hin und Her um die Durchführung der Lauberhorn-Rennen. Der Krimi um den Entscheid hat wohl so manch einem Skifan beinahe ein Herzchriesi beschert. Das Protokoll der Absage im Überblick.
12.01.2021, 12:1112.01.2021, 13:25
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31. Dezember:Piste besteht Schneekontrolle

Für Sportfans war das Jahr 2020 ein trauriges. Viele Events mussten abgesagt oder vor leeren Zuschauerrängen abgehalten werden. 2021 sollte endlich wieder im Zeichen des Sports stehen – so die Hoffnung zum Jahreswechsel. Ein gutes Signal in diese Richtung war denn auch der Bescheid der offiziellen Schneekontrolle des Internationalen Skiverbands (FIS) am allerletzten Tag des alten Jahres: Die Piste am Lauberhorn ist bereit für das Weltcup-Rennen von 15. bis 17. Januar.

Klar war schon da, dass der Anlass als Geisterrennen über die Bühne gehen muss. Nur eine limitierte Anzahl Helfende und Medienschaffende sollen auf dem Gelände zugelassen werden. Für sie würde vor Ort ein umfassendes Schutzkonzept gelten. Urs Näpfli, OK-Chef der Lauberhornrennen, appellierte zudem an alle Skifans, dieses Jahr das Rennen zu Hause am Fernsehen zu schauen. Die Jungfrau-Skiregion solle derweil aber normal geöffnet bleiben, hiess es. Nur die Lauberhornstrecke werde beidseitig auf rund 40 Metern abgesperrt.

8. Januar: Vorfreude – trotz allem

Noch nie fand das legendäre Lauberhornrennen ohne Publikum statt. Die Organisatoren rechneten mit einem Wegfall von Einnahmen im sechsstelligen Bereich. Anstatt einer grossen Skiparty stellte man sich dieses Jahr im Berner Oberland auf einen ruhigen, nüchternen Sportevent ein.

Und doch keimte angesichts des hochkarätigen TV-Events Vorfreude auf die Rennen auf. Gleich zwei Abfahrten sollten in diesem Jahr stattfinden, eine Sprint-Abfahrt am Freitag, die «richtige» Abfahrt am Samstag. 2018 und 2020 gewann Beat Feuz – die Schweizer haben von den letzten elf Abfahrten in Wengen sechs gewonnen. Für den Sonntag war der Slalom geplant. Dort datiert der letzte Schweizer Sieg von Joel Gaspoz aus dem Jahr 1987. Um diese Durststrecke zu beenden, würde die Schweiz mit Daniel Yule, Ramon Zenhäusern und Loic Meillard gleich drei aktuelle Podestfahrer im Starthaus haben.

9. Januar: Verhindert Corona das Rennen?

Diese Schlagzeile prägte am Wochenende die Nachrichtenlage. Der FIS-Renndirektor Markus Waldner liess die Bombe am Samstag platzen und sagte, die Durchführung des Weltcups stehe derzeit auf wackeligen Beinen. Grund dafür seien die Corona-Fallzahlen in Wengen, die in den letzten Tagen stark angestiegen waren. 51 Personen wurden positiv getestet. Weil über die Weihnachtstage viele englische Touristen im Ort gewesen seien, werde befürchtet, dass das mutierte Coronavirus vermehrt auftreten könnte.

OK-Präsident Urs Näpfli wollte am Samstag noch nicht konkreter werden. Man stehe im Gespräch mit dem Kanton und wolle am Sonntagvormittag entscheiden, ob die Rennen durchgeführt werden können oder nicht.

10. Januar am Mittag: Aufatmen

Ein Tag nach der Schock-Nachricht durften Skifans aufatmen: «Kanton Bern gibt grünes Licht für Lauberhorn Rennen», titelten die Nachrichtenseiten. Nach einer Videokonferenz mit verschiedenen Involvierten entschied die Gesundheitsdirektion Bern, dass der Weltcup-Klassiker trotz der erhöhten Coronazahlen in Wengen stattfinden könne.

Auf dieser Basis musste nun die Taskforce des internationalen Skiverbands einen abschliessenden Entscheid fällen. Dieser kam ebenfalls noch am Sonntag einige Stunden später: Am Nachmittag bestätigte die FIS, dass sie die Rennen definitiv durchführen wollen.

10. Januar am Abend: Strengere Massnahmen

Der Entscheid der FIS kam mit zusätzlichen Massnahmen daher. So solle ab Dienstag, 12. Januar das Jungfrau-Skigebiet teilweise abgesperrt werden und nur für den Welcup-Tross zugänglich sein. Vor Eintritt müssten sich diese einem Schnelltest unterziehen. Den Touristen vor Ort empfahl der Kanton Bern, auf andere Regionen in der nähren Umgebung auszuweichen.

Nebst der Teil-Schliessung des Skigebiets stellten die kantonalen Behörden weitere Einschränkungen in Aussicht, wie etwa die Schliessung von Hotels, Unterkünften und anderen Betrieben. Die Gemeinde Lauterbrunnen, zu der Wengen gehört, gab noch am Sonntagabend bekannt, dass die Schulen am Montag auf Fernunterricht umstellen müssten. Dies gelte vorerst für eine Woche, danach werde allenfalls verlängert. Der gesamten Bevölkerung von Wengen wurde zudem empfohlen, wenn immer möglich zu Hause zu bleiben.

11. Januar am Morgen: Österreicher melden Lauberhorn-Absage

Können die Lauberhorn-Rennen in Wengen nun doch nicht stattfinden? Dieses Gerücht machte ab Montagmorgen die Runde. In Österreich sei ein Journalist über die Absage informiert worden, schrieb der «Blick». Demnach habe sich die Gesundheitsdirektion des Kantons Bern nach der Zusage plötzlich doch noch umentschieden. Auch der deutsche Fahrer Dominik Schwaiger schrieb in seiner Instagram-Story davon, dass die Rennen abgesagt seien.

Doch der Schweizerische Skiverband Swiss-Ski dementierte derweil die Absage der Rennen. Man analysiere die Situation laufend weiter.

11. Januar am Nachmittag: Nun doch abgesagt

Später am Nachmittag hiess es dann doch: Lauberhorn-Rennen in Wengen abgesagt! Nach einer erneuten Analyse der Situation habe der Kanton Bern den Beschluss gefasst, den Event abzusagen. Laut Medienberichten haben die Berner Entscheidungsträger von Sonntag auf Montag über Nacht die Meinung geändert. Die FIS sowie Swiss Ski liessen verlauten, dass sie den Beschluss verstehen und akzeptieren.

In einer Mitteilung schrieb die Berner Regierung, vor allem die Dynamik des Virus in Wengen bereite ihnen Sorgen. Seit Mitte Dezember seien die Fallzahlen stark angestiegen und in nur vier Wochen 60 der 1100 Einwohner positiv getestet worden.

In die Bresche springen sollen die Österreicher. Die abgesagten Rennen von Wengen finden in Kitzbühel statt. Das Programm sieht Slaloms am kommenden Samstag und Sonntag vor. Ab Freitag nächster Woche stehen zwei Abfahrten und ein Super-G auf dem Programm.

(sar)

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17 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Liebu
12.01.2021 12:32registriert Oktober 2020
In einer Mitteilung schrieb die Berner Regierung, vor allem die Dynamik des Virus in Wengen bereite ihnen Sorgen.

Sind denn Hobbyskifahrer resistenter?
Man sollte sich doch auch um diese Sorgen.

Wenn es wirklich so schlimm ist, müsste man dann Wengen nicht abriegeln?
12010
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Bravo
12.01.2021 13:00registriert Juli 2018
Dass im Berner Oberland Touristen aus GB im Dezember das Virus in ein geöffnetes Skigebiet bringen und das Virus sich dann im Januar schnell ausbreitet, ist nun halt wirklich nicht so erstaunlich. Wären die Touristen auch gekommen, wenn die Skigebiete geschlossen gewesen wären? Kaum.
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HappyUster
12.01.2021 13:15registriert August 2020
Wer ist nun schuld an diesem Schlamassel?
Die britischen Touristen, die unbedingt zum Skifahren kommen mussten?
Die Tourismusdirektoren, unbedingt Geld verdienen wollten?
Die CH-Regierung, die unbedingt die Grenzen offen lassen wollte?

Vermutlich doch das Virus!?!
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