Das Bundesgericht hat den Betrieb einer katholischen Mädchensekundarschule in Wil SG als öffentliche Schule als nicht verfassungskonform beurteilt. Nun wollen SVP und Mitte die St. Galler Kantonsverfassung anpassen, wie sie am Freitag bekanntgaben.
Gemäss einem Bundesgerichtsurteil verstösst die geschlechtergetrennte, katholisch geprägte Schule in Wil, die mit öffentlichen Geldern finanzierte wird, gegen die Verfassung. Dieses Urteil gefährdet auch andere Schulen im Kanton St. Gallen.
Um die Zukunft der christlich geprägten öffentlichen Schulen zu sichern, reichen Mitte und SVP im St. Galler Kantonsrat eine gemeinsame Motion zur Änderung der Kantonsverfassung ein. Das gab ein Komitee rund um die Ständeräte Esther Friedli (SVP) und Benedikt Würth (Mitte) an einer Medienorientierung in St. Gallen bekannt.
In der Kantonsverfassung soll explizit festgehalten werden, dass geschlechtergetrennter Unterricht zulässig ist. Und es soll keine Verpflichtung zur Teilnahme an religiösen Unterrichtsinhalten bestehen. Damit werde den Vorgaben des Bundesgerichts eingehalten, so die Motionäre.
Der neue Artikel der Kantonsverfassung soll die Gemeinden schliesslich ausdrücklich ermächtigen, Verträge mit privaten Schulen abzuschliessen und ihnen Schulgelder auszurichten – «namentlich an Schulen, welche christlich-humanistische Werte im Sinne der im Kanton St. Gallen öffentlich-rechtlich anerkannte Religionsgemeinschaften vermitteln».
Findet die Motion im St. Galler Kantonsrat eine Mehrheit, wird eine kantonale Volksabstimmung stattfinden müssen. Letztlich muss auch das eidgenössische Parlament den neuen Verfassungsartikel genehmigen beziehungsweise gewährleisten.
Das Bundesgericht habe der Mädchensekundarschule in Wil den Boden entzogen, erklärte Würth. Der Entscheid habe aber auch Auswirkungen auf die Mädchensekundarschule in Gossau oder die katholische Kantonssekundarschule St. Gallen (Flade).
Im Januar hiess das Bundesgericht eine Beschwerde gegen den Bildungsauftrag der Gemeinde Wil SG an die Mädchensekundarschule St. Katharina gut. Der Betrieb dieser mit öffentlichen Geldern finanzierten Schule sei nicht verfassungskonform, urteilten die Richterinnen und Richter in Lausanne mit drei zu zwei Stimmen.
Die Schule steht einerseits nur für Mädchen offen, während es für Knaben kein vergleichbares Angebot gibt in der Gemeinde Wil. Anderseits besteht in der aus dem benachbarten Kloster entstandenen Sekundarschule eine konfessionelle Ausrichtung, die mit einer öffentlichen Schule nicht vereinbar sei.
Zwar sei die Teilnahme an den verschiedenen religiösen Veranstaltungen der katholisch geprägten Schule freiwillig. Dies erachtet das Gericht aber gerade auch in Bezug auf den Gruppendruck und die Beeinflussung kritisch. Es entschied schliesslich, dass die Glaubens- und Gewissensfreiheit sowie das Diskriminierungsverbot verletzt werde.
Das Bundesgericht greife mit einem politisch motivierten Urteil tief in die kantonale Schulhoheit ein, sagte Würth. «Man hat geradezu den Eindruck, dass sich das Bundesgericht von einem woken Zeitgeist hat mitreissen lassen.»
Noch bevor das betreffende Urteil des Bundesgerichts schriftlich vorliegt, lancierten Mitte und SVP St. Gallen mit ihrem Vorstoss eine klare politische Antwort. Der politisch motivierte Eingriff des Bundesgerichts sei unhaltbar, begründete es Friedli. (sda)
Der schwarzreaktionäre Block in St.Gallen zeigt mit dieser Motion wenig Achtung vor dem Rechtsstaat oder vor dem Ziel eines säkularen Staates ohne vermeintlich leitreligiöse Belästigungen.
Öffentliche Schulen sind gemischt und (relativ) religionsfrei. Punkt.