Der assistierte Suizid erhält in der Schweiz keine Rahmenregulierung. Der Ständerat hat am Donnerstag eine Motion seiner Rechtskommission mit 22 zu 16 Stimmen bei 8 Enthaltungen abgelehnt. Allerdings will er die Sterbehilfe statistisch erfassen lassen.
Anlass zu den beiden entsprechenden Motionen hatte der erste Einsatz der Sarco-Suizidkapsel in der Schweiz gegeben. Eine Regulierung des assistierten Suizids lag bereits vor über 20 Jahren einmal auf dem Tisch, 2011 nahm der Bundesrat davon Abstand.
Heidi Z'graggen (Mitte/UR) erklärte für die Kommission, Anhörungen hätten Lücken bei Rechtssicherheit, Transparenz und Schutz verletzlicher Personen erbracht. Zurecht stehe bei der Sterbehilfe in der Schweiz die Selbstbestimmung im Vordergrund, woran sich bei einer Regulierung nichts ändern solle.
Grundsätzlich sei assistierter Suizid gemäss Strafgesetz ohne Eigennutz unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Mit dem geforderten Gesetzesrahmen sollten lediglich die Anforderungen, die Verfahren beim Sterbewunsch und die Einrichtung einer Überwachung der Sterbehilfe geregelt werden. Zum Nachweis des fehlenden Eigennutzes brauche es präzisere Kriterien.
Ihr Parteikollege Beat Rieder (VS) unterstützte diese Argumentation mit Hinweis auf die steigende Zahl der assistierten Suizide. Liberal dürfe in diesem Zusammenhang nicht unkontrolliert bedeuten.
Die SP-Ständeräte Daniel Jositsch (ZH) und Carlo Sommaruga (GE) hielten mit dem Bundesrat dagegen. Sommaruga verwies auf die Mehrheit der Kantone, welche die Sterbehilfe bereits geregelt haben. Diese Praxis sei beizubehalten und das weitere der Justiz zu überlassen.
Jositsch erinnerte an den früheren Anlauf. Bald sei der Enthusiasmus der Ernüchterung gewichen. Suizid sei eigentlich unerwünscht, die Beihilfe dazu unter bestimmten Umständen aber straffrei.
Würde das Parlament einen gesetzlichen Rahmen abstecken, würde es den Suizid und die Beihilfe dazu legitimieren. Angewandt auf Drogen hiesse das, den Drogenanbau und -handel zu legitimieren, nur weil der Drogenkonsum unter bestimmten Umständen straffrei sei.
Bundesrätin Elisabeth Baum-Schneider erklärte, das Strafgesetz und die kantonalen Regelungen reichten aus. Das Medizinalberufegesetz bestimme zudem genau, wann Sterbehilfe zulässig sei. Sterbewillige auch aus dem Ausland würden abgewiesen, wenn die Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Die staatsanwaltschaftliche Untersuchung nach einem assistierten Suizid sei streng.
Trotz Anstrengungen zur Suizidverhütung und in der Palliativpflege steige die Zahl der Selbsttötungen. Das sei auch der soziokulturellen Entwicklung und der Alterung geschuldet. Dagegen helfe eine Regulierung nichts.
Mit 24 zu 7 Stimmen bei 3 Enthaltungen hiess der Ständerat dagegen die Motion für ein Monitoring der Sterbehilfe gut. Zahlen seien nötig, lautete der Tenor. Z'graggen erklärte, Zahlen zu Alter, Geschlecht, Wohnort, Lebens- und Suizidumständen würden fehlen. Der Sterbetourismus sei ebensowenig erfasst wie die Tätigkeit der Sterbehilfeorganisationen.
Damit stiess sie im Ständerat auf offene Ohren. Baume-Schneider verwies vergeblich auf die Sparzwänge im Bundesamt für Statistik (BFS). Aktuell erfasse die Todesfallstatistik nur die inländische Bevölkerung. Wolle man die in der Motion geforderten Differenzierungen vornehmen, müsste BFS neue Grundlagen und Datenbasen erfassen – mit den entsprechenden Kostenfolgen. Die Motion geht an den Nationalrat. (sda)