Grasland und Gebirgsketten prägen das peruanische Hochland. Doch unter der kargen Oberfläche verbergen sich wahre Schätze. Der Boden auf über 4000 Metern über Meer ist reich an Kupfer-, Silber- und Golderzen – das weckt Begehrlichkeiten.
Seit fast vierzig Jahren werden die Bodenschätze in der Provinz Espinar abgebaut. Zunächst in der Mine Tintaya, seit einer Expansion 2012 auch in der Mine Antapaccay. Besonders gross ist das Kupfervorkommen: Mit einer jährlichen Fördermenge von rund 150'000 Tonnen ist Antapaccay eine der grössten Kupferminen Perus. Sie gehört dem Zuger Bergbaukonzern Xstrata, der 2013 mit dem Rohstoffkonzern Glencore fusionierte.
Die Antapaccay-Mine hat eine zweifelhafte Berühmtheit erlangt. Seit Jahren protestiert die lokale Bevölkerung gegen die Mine. Der Widerstand führte wiederholt zum Stillstand des Betriebs oder endete gewaltsam, etwa im Januar dieses Jahres, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete.
Ein Hauptgrund für die Proteste sind Umweltschäden in der Nähe der Mine, unter denen die Bevölkerung leidet. Bisher machte Glencore dafür die natürliche Mineralisierung des Bodens verantwortlich. Doch diese Erklärung dürfte sich nun nicht mehr halten lassen.
Untersuchungen der peruanischen Umweltbehörde zeigen nämlich, dass die Verschmutzung zumindest teilweise mit der Bergbautätigkeit zusammenhängt. Die umfangreichen Berichte sind noch unveröffentlicht. Doch die peruanische Nichtregierungsorganisation CooperAcción, die mit der Schweizer Koalition für Konzernverantwortung zusammenarbeitet, ist via Öffentlichkeitsgesetz in Peru an die Resultate gelangt und hat nun auch einen eigenen Bericht publiziert. All diese Dokumente liegen CH Media vor.
Dabei zeigt sich ein schockierendes Ausmass der Verschmutzung: In den Böden, in Pflanzen und Tieren, in der Luft und im Wasser stellten die Behörden erhöhte Werte an Schwermetallen und Schadstoffen fest.
Im Wasser von nahen Flüssen registrierten die Behörden erhöhte Chlorid-, Sulfat-, Selen- und Säurewerte. Dies stehe «im Widerspruch zu den Verpflichtungen» der Antapaccay-Mine, qualitativ hochwertiges Wasser für Bewässerungs- und Viehtränkezwecke bereitzustellen.
Auch das Grundwasser ist mit Schwermetallen kontaminiert. Dies ist gemäss dem Bericht auf Sickerwasser aus der Abraumhalde zurückzuführen. Die Ergebnisse würden zeigen, dass das Antapaccay-Projekt «grössere Auswirkungen hat, als in den ursprünglichen Studien erwartet wurde».
Die Böden hätten durch die Ablagerung von mineralischem Material, «das dem natürlichen Boden des Gebiets fremd» sei, eine erhebliche Verschlechterung erfahren, heisst es weiter. Das abgelagerte Material habe ähnliche geochemische Eigenschaften wie die Bergbaukomponenten.
In Pflanzen stellten die Behörden eine Kupferkontamination fest, die hauptsächlich auf Aktivitäten der Mine zurückzuführen sei. Dabei sei eine kritische Konzentration überschritten worden, welche als toxisch gilt. Es sei «offensichtlich», dass dadurch auch Haustiere wie Schafe und Rinder sowie Wildtiere betroffen seien, welche diese Pflanzen fressen.
Auch der Grenzwert für Feinstaub wurde an mehreren Tagen deutlich überschritten, was auf «die Bewegung, den Erztransport und die Sprengungen in der südlichen Grube» der Mine zurückzuführen sei. Im Feinstaub stellten die Behörden zudem Kupfer-, Eisen- und Magnesiumverunreinigungen fest, was «den direkten Einfluss der Bergbautätigkeit» widerspiegle.
Schon seit Jahren berichten Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International über Menschen aus der Provinz Espinar, die an einer Vielzahl von Krankheiten leiden. Krebserkrankungen, Lungenschäden, Nierenversagen oder Blutarmut sind nur einige davon.
Die Nichtregierungsorganisation CooperAcción schreibt in ihrem Bericht, diese Probleme seien seit Jahren bekannt – doch Glencore habe zu wenig getan, um den Menschen zu helfen. Es brauche nun dringende Massnahmen, um die unmittelbaren Ursachen der Verschmutzung und deren Folgen zu beseitigen.
Glencore teilt auf Anfrage von CH Media mit, Espinar befinde sich in einem von Natur aus stark mineralisierten Gebiet. Im Jahr 2022 habe die peruanische Agentur für Umweltbewertung und -kontrolle (OEFA) Studien durchgeführt zu einem allfälligen Kausalzusammenhang zwischen der Tätigkeit von Antapaccay und Umweltauswirkungen.
Die Studien zu Luftemissionen seien dieses Jahr abgeschlossen worden. «Infolge des Berichts hat sich ein sechsmonatiges Monitoring-Programm für Antapaccay ergeben, das monatliche Berichte vorsieht», schreibt Glencore. Die finalen Berichte zur Wasserqualität seien hingegen noch ausstehend. Die Mine bleibe mit den Behörden im Austausch.
Die Wasserressourcen in Espinar sind laut Glencore stark beansprucht, es fehlten öffentliche Infrastruktur und Wasseraufbereitungsanlagen. Die Kupfermine nutze für den Betrieb ausschliesslich Wasser aus unterirdischen Brunnen, die Bestandteil des Entwässerungssystems der Mine seien. Der grösste Teil des Wassers, das Antapaccay verbrauche, werde rezykliert und nur ein kleiner Teil aufbereitet und in die Flüsse Cañipía und Salado eingeleitet.
Diese Einleitung werde in Echtzeit überwacht und den Behörden rapportiert. Ein staatlich akkreditiertes Labor analysiere die Wasserproben. «Alle Überwachungsaktivitäten zeigen, dass Antapaccay im Einklang mit den peruanischen Gesetzen und den Bedingungen der Betriebsbewilligung arbeitet», schreibt Glencore. Es sei aber eine Priorität, dass die Bevölkerung der Provinz Zugang zu Trinkwasser habe. Zurzeit seien – neben bereits abgeschlossenen Projekten – Studien für ein Projekt im Gange, das eine Infrastruktur vorsieht, mit der die Stadt Espinar rund um die Uhr mit Trinkwasser versorgt werden soll.
Dennoch werden die Pläne von Glencore, das Abbaugebiet zu vergrössern, kritisch betrachtet. Im Mai berichtete Bloomberg, dass Glencore 1,5 Milliarden Dollar in den Ausbau der Mine investieren will. Das Projekt «Coroccohuayco» soll die Lebensdauer der Mine um Jahrzehnte verlängern – bis mindestens 2045.
In den vergangenen Jahren kam die Produktion in Antapaccay ins Stocken, da die Qualität des Erzes abnahm. Diesen Trend will Glencore, derzeit der weltweit viertgrösste Kupferproduzent, umkehren. Das Ziel: die Produktion um zwei Drittel auf 250'000 Tonnen jährlich steigern.
Der Eifer kommt nicht von ungefähr. In der Kupferbranche herrscht Goldgräberstimmung. Laut der internationalen Energieagentur könnte sich der Verbrauch bis zum Jahr 2040 mehr als verdoppeln. Denn Kupfer ist das Metall der Energiewende: Wegen seiner hervorragenden Leitfähigkeit ist es in elektrischen Installationen allgegenwärtig – so auch in Solarzellen, Windrädern, Stromleitungen und E-Autos.
Nach Chile ist Peru zurzeit das Land mit der zweitgrössten Kupferproduktion. 2,2 Millionen Tonnen werden hier jährlich aus der Erde geholt. Dafür zahlen die Bevölkerung und die Umwelt einen hohen Preis. Der Kupferabbau gilt als besonders dreckig, giftig und gefährlich: Laut dem deutschen Umweltbundesamt gehört Kupfer zu den Metallen mit dem grössten «Umweltgefährdungspotenzial».
Die Gewinnung des Erzes aus dem Gestein braucht grosse Mengen an Wasser. Während des Prozesses werden Schwermetalle freigesetzt, und es fallen grosse Abfallmengen an, wie die deutschen Behörden in einem Faktenblatt schreiben. (aargauerzeitung.ch)