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Der bemerkenswerte Aufstieg der Esther Friedli

Der bemerkenswerte Aufstieg der Esther Friedli

30.04.2023, 15:0930.04.2023, 17:46
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Nationalraetin Esther Friedli, aufgenommen am Rande der Eroeffnung der 79. OLMA Schweizer Messe fuer Landwirtschaft und Ernaehrung, am Donnerstag, 13. Oktober 2022, in St. Gallen. Die Messe mit Gastka ...
Esther FriedliBild: keystone

Die 45-jährige Esther Friedli ist im Kanton St.Gallen zuerst in den Nationalrat und vier Jahre später in den Ständerat gewählt worden. Damit erwies sie sich als gewiefte Wahlkämpferin. An einem eigenständigen politischen Profil fehlt es hingegen noch.

Erstmals in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurde die Partnerin von Toni Brunner, als sie 2008 ziemlich aus heiterem Himmel als Generalsekretärin des St.Galler Bildungsdepartements angestellt wurde.

Die 31-jährige Esther Friedli - damals noch CVP-Mitglied - war auf diesem Posten so neu wie der frischgewählte Bildungschef Stefan Kölliker. Es war eine Ernennung mit Nebengeräuschen: Der erste St.Galler Regierungsrat mit Parteizugehörigkeit SVP ist befreundet mit dem Paar Friedli/Brunner.

Nach sechs Jahren an der Spitze des Departements gab sie die Stelle wieder auf. Die Politologin gründete eine Beratungsfirma und arbeitete in ihrem Landgasthof in Ebnat-Kappel. Unter anderem leitete sie SVP-Wahlkämpfe wie denjenigen 2015 von Roger Köppel.

Den nächsten grossen Auftritt hatte sie 2016, als sie für den St.Galler Regierungsrat kandidierte. Erst kurz zuvor war sie in die SVP eingetreten. Friedli wurde zwar vom Favoriten Marc Mächler, dem langjährigen FDP-Fraktionschef im Kantonsrat, geschlagen, erreichte aber aus dem Stand ein sehr gutes Resultat.

Konziliant im Ton, aber stramm auf SVP-Kurs

Bereits damals zeigte es sich, dass sie weit über das Parteispektrum der SVP hinaus Stimmen holen konnte. Sie bleibt konziliant im Ton und vermeidet polemische Aussagen. Inhaltlich vertritt sie allerdings den SVP-Kurs. Dieses Rezept funktioniert im konservativen Kanton St.Gallen bestens.

Esther Friedli, SVP-SG, vertritt die Kommission in der Agrardebatte, an der Fruehjahrssession der Eidgenoessischen Raete, am Donnerstag, 9. Maerz 2023 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Alessandro dell ...
Bild: keystone

Danach wurde Friedli bei jeder Gelegenheit als mögliche Kandidatin genannt. Doch erst 2019 trat sie wieder an – für den Nationalrat – und wurde prompt gewählt. Erneut holte sie zahlreiche Stimmen im erweiterten bürgerlichen Lager und überrundete als Newcomerin zwei langjährige Mitglieder der SVP-Fraktion.

Die SVP setzte in Bern auf die Partnerin des früheren Parteipräsidenten: Sie erhielt gleich einen Sitz in der einflussreichen Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK). Im letzten Oktober wurde Friedli als Bundesratskandidatin gehandelt. Lange liess sie sich Zeit für die Absage. Im Festzelt der Viehschau in Mels verkündete sie dann vor den Medien, dass sie sich stattdessen für einen Ständeratssitz bewerben wolle.

Eine Richtungswahl

Im Wahlkampf gelang es der Linken nicht, mit Verweis auf Friedlis Positionen in der Ausländer- oder Klimapolitik im bürgerlichen Lager eine Anti-SVP-Bewegung aufzubauen. Die Argumente, es handle sich für den Kanton St.Gallen um eine Richtungswahl, verfingen kaum.

Nationalraetin Barbara Gysi (SP), Kandidatin fuer den Staenderat, aufgenommen im Rahmen einer Medienkonferenz, am Montag, 27. Maerz 2023, im Botanischen Garten in St. Gallen. Im Kanton findet am 30. A ...
Barbara Gysi.Bild: keystone

Mit dem gleichen Rezept wie in den Wahlkämpfen zuvor verbreitete Friedli in gemässigtem Tonfall die Argumente ihrer Partei. Auf ihren Wahlplakaten liess sich die Programmchefin der SVP in ihrem Landgasthof beim Servieren eines Café crème abbilden. Sie wurde vom Gewerbeverband und vom einflussreichen Bauernverband unterstützt. Trotz ihrer Europapolitik empfahl sie auch die Industrie- und Handelskammer (IHK).

In Porträts der Medien wurde sie als «gmögig» und ihre Konkurrentin Barbara Gysi als «ernst» charakterisiert. Friedli erwies sich erneut als exzellente Wahlkämpferin. An politischem Profil gewann sie damit aber noch nicht. Erst die nächsten Jahre im Ständerat werden zeigen, wie sehr sie zu eigenständigen Positionen findet. (aeg/sda)

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125 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Fred_64
30.04.2023 15:20registriert Dezember 2021
Nett im Umgang, aber auf Parteilinie?
Also eine Person mehr im Ständerat, welche das eigenständige Denken zu Hause lässt und den Knopf auf Kommando drückt.
Sie hat ja perfekte Beziehungen nach Herliberg und eine mehr in Bern, welche immer so stimmt wie der Chef vorgibt.
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Pflichtfeld ☝
30.04.2023 15:28registriert April 2018
Ohe, auch das noch! Eine Frau mit enigetrichterten SVP-Parolen, die sie jeweils wie ein Mantra wiederholt. Ich verstehe die Welt nicht mehr.
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Flens
30.04.2023 17:01registriert März 2015
Eine Ausnahmefigur wie Paul Rechsteiner lässt sich leider nicht klonen. Wer Gysi vorwirft zu links zu sein vergisst, dass Rechsteiner gewählt wurde, obwohl er statistisch der am weitesten links stehende Nationalrat war.

Das wirkliche Traurige an diesem Wahltag ist, das jemand, der sich sein Leben lang für alle eingesetzt hat, die weniger Glück hatten im Leben, der selbstlos war und ist, jetzt von jemandem ersetzt wird, der für das pure Gegenteil steht: Niederer Egoismus gepaart mit Verachtung für alles was nicht dem Ideal der Reihenhüsli-Schweiz entspricht. Wer SVP wählt, wählt genau das.
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