Die Ferienzeit hielt für den Bundesrat in den letzten Jahren Überraschungen bereit. So verlief der erste Corona-Sommer 2020 unerwartet ruhig. Nach schwierigen Wochen konnte die Landesregierung abschalten. Dieses Jahr kam es anders. Im Bundesrat herrschte Krisenstimmung, ausgelöst durch die US-Regierung von Donald Trump.
Sie bescherte der Schweiz zwei Tiefschläge. Erst verordnete der Präsident den mit 39 Prozent höchsten Einfuhrzoll aller westlichen Länder. Zuvor hatte der Bundesrat wochenlang geglaubt, man sei glimpflich davongekommen. Und dann musste er einräumen, dass der vermeintliche Fixpreis für den Kampfjet F-35 saftige Mehrkosten zur Folge hat.
Allerdings wäre es zu einfach, die Schuld an der Misere auf die USA und ihren launischen Staatschef abzuwälzen. In beiden Fällen hatte sich die offizielle Schweiz blauäugig verhalten und auf Zusicherungen vertraut, die bei genauer Betrachtung von überschaubarem Wert waren. Oder anders gesagt: Man war gegenüber den USA wieder einmal naiv.
Der Bundesrat war eigentlich schon im Ferienmodus, als er am 4. Juli eine gemeinsame Absichtserklärung im Zollkonflikt absegnete. Ausgehandelt wurde sie mit Finanzminister Scott Bessent und dem Handelsdelegierten Jamieson Greer. Sie sah angeblich einen Zoll von zehn Prozent vor, was für das Exportland Schweiz positiv gewesen wäre.
Es fehlte nur die Unterschrift von Donald Trump. Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter gab sich zuversichtlich. Sie habe bei ihrem ersten Telefonat im April «den Zugang zu Trump gefunden», sagte sie dem «Sonntagsblick». Es war eine monumentale Selbsttäuschung, wie sich zeigte, als sich der US-Präsident über die «Premierministerin» mokierte.
Zuvor hatte das zweite Telefongespräch stattgefunden, das sich zum Desaster entwickelte. Am Abend des 31. Juli, kurz vor Ablauf der von Trump gesetzten «Deadline», erhielt Keller-Sutter vom offenkundig mies gelaunten Präsidenten eine Abfuhr der Extraklasse. Trump empörte sich über das Handelsdefizit und verordnete den 39-Prozent-Zoll.
Keller-Sutter hatte in dem 40-minütigen Telefonat nie eine Chance, das zeigt der Wortlaut, in den CH Media und Sonntagsblick Einsicht hatten (jede amtliche Kommunikation eines US-Präsidenten wird protokolliert und archiviert). Besonders erhellend ist die despektierliche Art, in der sich der Präsident über Bessent und Greer äusserte: «I don't care about them.»
Die Schweiz hätte vorbereitet sein müssen, denn in Donald Trumps Welt zählt nur eine Meinung, und das ist die eigene. «Untergebene» sind für ihn Schachfiguren, von denen er bedingungslose Loyalität einfordert, aber nichts dergleichen zurückgibt. Einfach abzuwarten und sich auf eine mit ihnen vereinbarte Absichtserklärung zu verlassen, war fahrlässig.
Nun hadert die Schweiz mit dem Zollhammer, und es werden Sündenböcke gesucht. Rechte Medien wie der «Nebelspalter» schiessen sich auf die «Euro-Turbos» Beat Jans und Ignazio Cassis ein, während die linke «Woz» die «antieuropäische Strategie» von Karin Keller-Sutter anprangert. Beides ist zu simpel, denn letztlich stört sich Trump an der Handelsbilanz.
Zum Verhängnis wurde der Schweiz der zeitweilige Überschuss im Goldhandel. Es fehlt nicht an Besserwisser-Vorschlägen. Swatch-Chef Nick Hayek propagierte im «Blick» eine Ausfuhrsteuer auf Goldbarren, und der Ökonom Adriel Jost will den Goldexport in die USA verbieten. Doch der Bundesrat wird keine Lust haben, Trump noch mehr zu provozieren.
Der grösste Aufreger in der Schweizer Politik vor der Sommerpause waren die drohenden Mehrkosten beim Kampfflugzeug F-35 von bis zu 1,3 Milliarden Franken. Sie widerlegen die Mär vom Fixpreis, die das Verteidigungsdepartement VBS und seine damalige Vorsteherin Viola Amherd jahrelang verbreitet hatten. Wer daran zweifelte, wurde zurechtgewiesen.
Letzte Woche musste Amherds Nachfolger Martin Pfister nach einem Gespräch mit seinem US-Amtskollegen Pete Hegseth einräumen, dass die Schweiz weniger Jets kaufen oder mehr bezahlen muss. Denn von einem Fixpreis wollen die USA nichts wissen. Auch die Gutachten zweier Anwaltskanzleien, auf die das VBS stets verwies, sind in diesem Punkt nicht eindeutig.
Das erstaunt nicht. Als weltgrösster Waffenexporteur haben die USA kein Interesse daran, allfällige Mehrkosten den eigenen Steuerzahlern aufzubürden. Es sind die Käufer, die «bluten» müssen. Und der F-35 hat sich auch in anderen Ländern als «Kostenfalle» erwiesen. Es war stets schleierhaft, warum dies ausgerechnet bei der Schweiz anders sein sollte.
Einmal mehr muss sich die offizielle Schweiz Naivität vorwerfen lassen, für die es eine Erklärung gibt, die seltsamer- oder bezeichnenderweise kaum thematisiert wird. Es ist die Anspruchsmentalität der Luftwaffe, für die nur das Beste gut genug ist, also der Hightech-Jet aus den USA. Schon beim Vorgängermodell, dem F/A-18, spielte sie eine zentrale Rolle.
Bei seiner Beschaffung vor 30 Jahren fragten sich vereinzelte Stimmen, ob das Binnenland Schweiz einen Jet benötigt, der für den Einsatz auf Flugzeugträgern entwickelt wurde. Sie wurden genauso ignoriert wie die Kritik am F-35, der im Prüfverfahren auf wundersame Weise zum günstigsten Angebot wurde, trotz gegenteiliger Erfahrungen anderswo.
Jetzt gibt es trotz der «Kostenexplosion» Forderungen, die Schweiz solle sogar mehr als die bestellten 36 Exemplare kaufen. Auf Verteidigungsminister Martin Pfister kommt eine knifflige Aufgabe zu. Was auch immer er entscheidet, wird auf Widerstand stossen. Und VBS-Vorsteher stehen im Verdacht, dass sie faktisch vom Offizierskorps «geführt» werden.
Der Zollstreit und die Kampfjet-Beschaffung lassen sich nicht direkt vergleichen. Im ersten Fall unterliegt die Schweiz den Launen eines unsteten Präsidenten, doch beim F-35 hat sie die Lage trotz Warnungen etwa der Eidgenössischen Finanzkontrolle falsch eingeschätzt. Und den Vorwurf der Naivität muss sich die Schweiz in beiden Fällen gefallen lassen.
Es ist das ewig gleiche Muster: Obwohl in den letzten Jahrzehnten kein Land die Schweiz so hart angepackt hat wie die USA, verhält sich die Politik gegenüber der sogenannten «Sister Republic» meist gutgläubig bis unterwürfig. Während im Verhältnis zu unserem direkten Nachbarn EU jedes Härchen in der Suppe hochgespielt und skandalisiert wird.
Das beste Beispiel war der Brief des Staatssekretariats für Wirtschaft vom Frühjahr, in dem sich die Schweiz bei der US-Regierung anbiederte und gleichzeitig die «bürokratische» EU anschwärzte. Jetzt haben die Brüsseler Verhandlungsprofis einen wesentlich besseren Zolldeal herausgeholt. Ob das in Bern zu einem Umdenken führt? Man darf es bezweifeln.
Gemäss WTO Verträgen sind Zölle in dieser Art verboten.
Und anstatt jetzt ein wenig Gegenmassnahmen zu aktivieren wie beispielsweise einen Exportzoll auf Gold passiert einfach nix. Müssen wir eine Volksabstimmung lancieren, damit der Bundesrat endlich etwas schweizerischer agiert?
Die USA haben uns im Gegensatz zur EU alle Jahre wieder reingelegt und verraten.
Die aufgezwungene OECD-Mindesteuer ignorieren sie jetzt auch.