Der Bundesrat will die präventiven Möglichkeiten der Polizei zur Bekämpfung des Terrorismus verstärken. Das Ziel ist es, die Ausreise von Personen zu verhindern, die sich Terrororganisationen im Ausland anschliessen möchten.
Der Bundesrat hat am Mittwoch das Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) beauftragt, einen Vernehmlassungsentwurf für die Gesetzesanpassungen vorzubereiten.
Heute gibt es in der Schweiz keine gesetzliche Grundlage, um mutmassliche Dschihad-Sympathisanten an einer Ausreise aus der Schweiz zu hindern, wenn kein Strafverfahren läuft. Künftig sollen Sympathisanten dazu verpflichtet werden können, sich regelmässig bei einem Polizeiposten zu melden.
Ist das nicht erfolgversprechend oder nicht möglich, soll eine Reisedokumentensperre verfügt werden können. Das EJPD wird nun festlegen müssen, was es braucht, damit jemand als «Dschihad-Sympathisant» eingestuft wird, und wer diese Einstufung vornimmt.
Der Bundesrat hält lediglich fest, dass die Behörden im Einzelfall unter Berücksichtigung der Verhältnismässigkeit und unter Abwägung aller Interessen über die Massnahmen entscheiden sollen. Dabei gehe es um die Abwägung zwischen den Interessen der betroffenen Person und den Interessen der Schweiz.
Bei den Interessen der Schweiz gelte es abzuwägen zwischen der Verantwortung, den Export von Terrorismus in Konfliktregionen zu verhindern, und dem Interesse der Schweiz, sich vor Terroranschlägen auf ihrem Territorium zu schützen. Überwiegt das Schutzinteresse der Schweiz, sollen Massnahmen bevorzugt werden, mit denen Risikopersonen von der Schweiz ferngehalten werden können.
Andere Staaten haben bereits heute Rechtsgrundlagen, um Dschihad-Reisen zu verhindern. Der Bundesrat nennt Frankreich, Deutschland und Italien.
Der Bundesrat will dem Bundesamt für Polizei (fedpol) ferner ermöglichen, Personen mittels verdeckter Registrierung auszuschreiben. Damit können die Reisebewegungen der betreffenden Person beobachtet werden, ohne dass diese davon Kenntnis hat.
Dem fedpol wird gemeldet, wenn die Person bei der Einreise in den Schengen-Raum oder im Schengen-Raum kontrolliert wird. Diese Massnahme soll nur erfolgen, wenn von der betroffenen Person eine konkrete Bedrohung für die innere oder äussere Sicherheit ausgeht. So könnten die Strafbehörden zur Abwehr von Bedrohungen wichtige Informationen gewinnen zum Aufenthaltsort gefährlicher Extremisten oder von Straftätern.
Aus der Schweiz sind gemäss der Zählung des Nachrichtendienstes seit 2001 insgesamt 76 Personen aus dschihadistischen Motiven in Konfliktgebiete gereist. Häufigste Ziele sind Syrien und der Irak, zu den weiteren Destinationen gehören Somalia, Afghanistan und Pakistan.
Nach den Angaben des Nachrichtendienstes von vergangener Woche befinden sich einige Personen immer noch vor Ort. 21 sind verstorben, 13 sind zurückgekehrt. Von den 76 erfassten Personen haben 29 einen Schweizer Pass, 17 davon sind Doppelbürger.
Mit den geplanten Massnahmen erfüllt der Bundesrat Empfehlungen der Terrorismus-Taskforce TETRA. Diese hat vergangenen Herbst in einem Bericht geschrieben, sie erachte die Einführung präventiver polizeilicher Massnahmen zur Verhinderung einer Ausreise als sinnvoll.
Nicoletta della Valle, Direktorin des Bundesamtes für Polizei (fedpol), räumte damals vor den Medien ein, dass es sich um einen schweren Grundrechtseingriff handle. Die Schweiz sei aber international verpflichtet, Dschihadisten an der Ausreise zu hindern.
Zur Prävention von Radikalisierung empfahl die Taskforce, auf bestehende lokale Strukturen zur Gewalt- und Extremismusprävention zurückzugreifen, diese zu verstärken und den Erfahrungsaustausch zu fördern.
Die Prävention sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, gab della Valle zu bedenken. Sie beginne im engsten Umfeld - in der Familie, im Freundeskreis und im Sportverein. Handlungsbedarf sah die Taskforce dagegen bei der Deradikalisierung von dschihadistischen Rückkehrern. Dazu seien gezielte Angebote erforderlich. (sda)