Lange Haftstrafen für mutmassliche Islamisten aus Genf gefordert
Die zwei vor dem Bundesstrafgericht stehenden mutmasslichen Islamisten aus Genf wollen sich im Islam geirrt haben. Die Bundesanwaltschaft wirft ihnen vor, einer Gruppe angehört zu haben, welche eine kosovarische Region destabilisieren wollte. Dafür sollen sie neun und neuneinhalb Jahre ins Gefängnis.
Konkret sollen die beide Männer eine islamistische Organisation namens «Brüder von Viti» unterstützt und finanziert haben. Sie vereint nach Angaben der Bundesanwaltschaft Männer, die hauptsächlich aus der Stadt Viti im Südosten des Kosovo und zum Teil aus dem angrenzenden Nordmazedonien stammen.
Das Ziel der «Brüder von Viti» war es laut Bundesanwaltschaft, eine politische Destabilisierung im Kosovo auszunutzen, um die Macht in der Region um die Stadt Viti zu übernehmen und dort einen islamischen Staat nach der Scharia zu errichten.
Zwischen 2014 und 2022 hätten die beiden Angeklagten deren Schweizer Ableger, die «Brüder von Genf», geleitet, macht die Bundesanwaltschaft weiter geltend.Die Vertreterin der Bundesanwaltschaft sagte am Montag in ihrem Plädoyer, das Verfahren habe alle Anschuldigungen bestätigt. Die Struktur, die Organisation und die Vorkehrungen der «Brüder von Genf» hätten gezeigt, dass diese tatsächlich die «Brüder von Viti» unterstützen wollten.
Langjährige Haftstrafen gefordert
Die Bundesanwaltschaft wirft den beiden Männern unter anderem Beteiligung an und Unterstützung einer terroristischen Organisation vor.
Der jüngere Angeklagte, ein 34-jähriger schweizerisch-nordmazedonischer Doppelbürger, soll gemäss dem Strafantrag eine Freiheitsstrafe von neuneinhalb Jahren verbüssen. Hinzu kommt eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen. Er war bereits in der Vergangenheit dreimal strafrechtlich verurteilt worden.
Der ältere Angeklagte, ein 37-jähriger Kosovare, soll neun Jahre ins Gefängnis. Er leitete den Genfer Ableger der Viti-Brüder als «Emir». «Im weiteren forderte die Anklage einen Landesverweis für 15 Jahre und eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen.»
Von «Brüdern von Viti» enttäuscht
«Der jüngere Angeklagte distanzierte sich am Montag in Bellinzona von den ‹Brüdern von Viti›. Ich hatte Sympathie für diese Gruppe, weil sie Gutes für die Bevölkerung in Syrien tat», sagte er vor Gericht.
Später wandte er sich nach eigener Aussage von der Organisation ab, weil er enttäuscht darüber war, wie die Religion in Nordmazedonien gelebt wurde und wie sich die «Brüder» verhielten: «Sie waren vor allem am Geld interessiert.»
Auch der ältere Angeklagte sagte vor Gericht, dass er von der Religionsausübung der Bevölkerung und der Mitglieder der «Brüder von Viti» enttäuscht worden sei. Er habe sich daraufhin vom radikalen Islam distanziert, der nicht den Werten entsprochen habe, die ihm sein Vater vermittelt habe.
Sozialhilfe- und Covid-Kredit-Betrug
Der 37-Jährige bedauerte den ihm vorgeworfenen Betrug an Versicherungen und bei Covid-Krediten. Nach eigenen Angaben beging er die Taten, um seine finanziellen Schwierigkeiten zu bewältigen. Im Falle einer Landesverweisung befürchtet er Vergeltungsmassnahmen seitens der «Brüder von Viti».
Auch der jüngere Angeklagte will Gelder aus Versicherungs- und Sozialhilfebetrug für seine persönlichen Bedürfnisse verwendet haben und nicht für die «Brüder von Viti».
Der ältere Angeklagte sagte, Waffen und Munition seien im Kosovo nicht versteckt worden, um die Macht zu ergreifen, sondern um sich im Fall eines Angriffs durch Serbien wehren zu können.
Gewaltdarstellungen gefunden
Im Jahr 2016 sollen die beiden Männer im Kosovo vier Kalaschnikow-Sturmgewehre, eine Pistole und 3000 Patronen in einem Versteck deponiert haben. Den beiden Angeklagten wird zudem vorgeworfen, in Genf Treffen abgehalten zu haben, um andere Personen von ihrer Sache zu überzeugen und diese zu indoktrinieren. Zu diesem Zweck sollen sie mehrere Imame eingeladen und beherbergt haben.
Schliesslich wird der Doppelbürger beschuldigt, propagandistische Lieder und Gewaltdarstellungen besessen und verbreitet zu haben. Auf seinem Telefon wurden ein Foto und ein Video gefunden, auf denen zu sehen ist, wie ein Mann bei lebendigem Leibe vergraben wird.
Am Dienstag waren die Plädoyers der Verteidigung vorgesehen.
(sda)
