In den letzten Wochen wurde die Tessiner Vogelschutzorganisation Ficedula von Meldungen von einem grossen, grünen Papagei überflutet. Jetzt ist klar: Beim viel fotografierten exotischen Vogel handelt es sich um einen freien Halsbandsittich, erzählt die Tessiner Ornithologin Chirara Scandolara gegenüber RSI. Gesichtet wurden die Papageien unter anderem in Bellinzona, Gudo, Ascona, Losone und auch in der Region Lugano.
Eigentlich stammt der Halsbandsittich aus Afrika und Asien. Doch nun hat er sich – aufgrund von Flucht oder absichtlicher Aussetzung – in verschiedenen Regionen Europas niedergelassen.
Trotz aller farbenfroher Schönheit seien die Halsbandsittiche aber nicht ganz unproblematisch: Die Papageien konkurrenzieren nämlich heimische Vögel, die in Hohlräumen nisten. Insbesondere in Städten können sie so den bedrohten Mauerseglern Probleme bereiten, warnt die Ornithologin.
Der Pharaonenibis, auch bekannt als Heiliger Ibis, stammt ursprünglich aus Afrika und dem Nahen Osten. In Ägypten war er lange verbreitet und wurde dort als göttliches Symbol verehrt.
In den 1970er-Jahren wurde er an verschiedene Zoos in ganz Europa verkauft, mehrheitlich in Frankreich. Einige von ihnen gelangten jedoch in die Freiheit und passten sich erfolgreich an das Klima an. In Frankreich und Italien haben sie sich mittlerweile zu einer invasiven Art entwickelt. Jetzt ist der Vogel auch im Tessin, genauer in der Magadino-Ebene, angekommen.
«In Norditalien wurden ganze Kolonien von Graureihern und anderen Arten von diesen Ibissen zerstört», warnt Chiara Scandolara von Ficedula. Daher ist die Ornithologin «etwas besorgt».
Allerdings können die Ibisse auch positive Auswirkungen haben: Sie fressen die Eier der ebenfalls invasiven Louisianakrebse und tragen so zur Eindämmung ihrer Ausbreitung bei, so Scandolara.
Für die Ornithologin ist es klar, dass diese neuen Arten nicht unbedingt positiv für die Biodiversität seien. Genaue Prognosen zu stellen, sei aber schwierig:
Beobachten und abwarten ist zwar inzwischen eine gut schweizerische Tugend, aber im Umgang mit Neobiota genau verkehrt. Darauf zu hoffen, dass sich eine Art in der Südschweiz im Ökosystem ganz anders verhält als in Norditalien, ist nicht gerade schlau.
Reagiert man früh und entschlossen, hat man a) überhaupt eine Chance und verursacht b) weniger Tierleid, weil man ein paar wenige Individuen statt ganzer Bestände ausmerzen muss.