Jedes Jahr werden Millionen von männlichen Bibeli getötet. Sie legen keine Eier und das Mästen zahlt sich wirtschaftlich nicht aus – sie sind «unbrauchbar». Aus diesem Grund werden in der Schweiz jährlich 3.5 Millionen männliche Küken direkt nach dem Schlupf mit CO2 vergast. Eine Praxis, die Tierschützerinnen und Tierschützern schon lange ein Dorn im Auge ist.
Insbesondere da es eigentlich tierfreundlichere Alternativen gibt, wie beispielsweise das Zweinutzungshuhn. Beim Zweinutzungshuhn handelt es sich um eine bestimmte Rasse, die sowohl zum Eierlegen und zum Schlachten gehalten werden kann. Das heisst: Die Brüder der Hennen werden leben gelassen und erst später für das Fleisch geschlachtet. Wieso wird das nicht immer so gehandhabt?
Die Methode scheiterte bisher vor allem an einem Punkt, erklärt Herman Lutke Schipholt gegenüber der SRF-Sendung «Kassensturz»: Die Hähne setzen zu wenig Fleisch an. Schipholt arbeitet bei der Geflügel Koordinationsstelle von Demeter – dem Verein für biodynamische Landwirtschaft. Seit Jahren werde in der Biobranche an verschiedenen Hühnerrassen getüftelt, erzählt er. Erst kürzlich wurde von Demeter eine neue Hühnerrasse in die Schweiz eingeführt – «Cream». Die Zweinutzungshühner dieser Rasse brauchen kein Hochleistungsfutter, sondern können auch mit Getreide und Gemüse effizient gemästet werden.
Der Nachteil: Die Weibchen legen mit 240 Eiern pro Jahr 100 Eier weniger als konventionelle Legehühner – dafür haben die Hähne mehr Fleisch am Knochen und 700'000 Männchen könnten jährlich vor dem Tod gerettet werden. So viele Bibeli werden nämlich jährlich in Bioproduktionen vergast.
Nadja Brodmann vom Tierschutz Zürich kritisiert dies seit Jahren. Gegenüber Kassensturz sagt sie: «Es ist skandalös, das man Leben ausbrütet, nur um es dann sofort wieder zu vernichten. Gerade im Biobereich würde ich eigentlich erwarten, dass man dem endlich einen Riegel schiebt.»
Dieser Entscheid könnte heute fallen: Die Bio Suisse lädt zur Delegiertenversammlung ein, wobei unter anderem um das Ende des Kükensterbens abgestimmt werden soll.
Nebst dem Zweinutzungshuhn stehen zwei weitere Alternativen zur Auswahl: Die Bruderhahnaufzucht und das In-Ovo-Verfahren.
Im Gegensatz zum Zweinutzungshuhn sind es bei der Bruderhanaufzucht die Brüder der konventionellen Legehennen, die für das Fleisch aufgezogen werden. Die Bruderhahnmast sei zwar tierfreundlich, so Brodmann, doch die Tiere dieser Rasse seien sehr einseitig auf höchste Eierleistung gezüchtet. Für die Männchen, die keine Eier legen, ein Nachteil. Sie wachsen viel langsamer, verbrauchen dadurch viel mehr Futter und geben schlussendlich viel weniger Fleisch her.
Eine weitere Alternative besteht im In-Ovo-Verfahren – der Geschlechtererkennung im Ei. Bei dieser Methode wird mit einem Laser ein Loch in die Eierschale gebrannt, Flüssigkeit entnommen und dann eine Art Schwangerschaftstest vorgenommen. Auf diese Art und Weise können männliche von weiblichen Bruteiern unterschieden werden. Die männlichen Embryos werden so identifiziert, aussortiert, schockgefrostet und geschreddert. Am Ende werden sie zu Tierfutter verarbeitet.
In der Migros gibt es solche Eier bereits seit einem Jahr im Angebot. Ist das die Lösung? Tierschützerin Brodmann ist wenig überzeugt: Diese Methode sei war zwar eine technische Lösung für ein ethisches Dilemma, dennoch löse es nicht das Problem der Hochleistungszucht: «Wir haben immer noch die völlig einseitig auf höchste Eiereistung gezüchtete Legehennen, die nach einem Jahr Eierlegen total verbraucht und ausgezehrt sind und dann einfach weggeschmissen werden.»
Gemäss Brodmann ist das Zweinutzungshuhn aus Sicht des Tierschutzes mit Abstand am besten: Man habe die Weibchen für die Eier und die Männchen zum Mästen.
Im Kassensturz-Studio fühlt Moderator Ueli Schmezer dem Präsidenten von GalloSuisse, Daniel Würgler, auf den Zahn. Bei GalloSuisse handelt es sich um die Vereinigung der Schweizer Eierproduzenten, die sich unter anderem für faire Rahmenbedingungen im Eiermarkt einsetzen.
Wieso arbeite man noch nicht mit Zweinutzungshühner?, möchte Schmezer wissen. Die Hähne müssten länger gemästet werden, so Würgler, währenddessen die Hennen weniger Eier produzierten. Um gleich viele Eier wie zuvor produzieren zu können, bräuchte man eine halbe Million Hühner mehr. Das wiederum sei nicht effizient und verursache schlussendlich viel mehr Emissionen.
Für Schipholt von Demeter ist dies genau der springende Punkt: Die Umstellung der Eierproduktion gehe nicht ohne die Konsumierenden. Diese müssten nämlich dazu bereit sein, mehr für Eier und Fleisch zu bezahlen und zudem weniger davon zu essen als bis anhin. Sonst gehe es nicht.
Man habe aber beschlossen auf das In-Ovo-Verfahren umzustellen, erzählt Würgler. Es wurde bereits geprüft, wie man dies in der Schweiz implementieren könnte. Bei diesem Verfahren werden aber auch Lebewesen getötet, wirft Schmezer ein. Ja, man könne darüber streiten, ob das jetzt wirklich besser sei, räumt Würgler ein. Dennoch sei es ein erster wichtiger Schritt für die Branche. Es dürfte allerdings noch ein paar Jahre dauern, bis die Umstellung tatsächlich vollzogen ist.
BioSuisse hat für die Umstellung 5 Jahre einberechnet. (saw)
1. Zweinutzungshühner
2. Höhere Preise
3. Weniger Konsum (teils wohl auch wegen der höheren Preise)
4. Importverbot für andere Eier und anderes Fleisch
Ansonsten würden nur ein pasr wenige Konsumenten zu den teureren Eier greifen. Der Mensch ist letztlich ein Egoist. Verzichten tun die Meusten nur wenn sie müssen…
Neben Vergasen mit CO2 gibt oder gab es ja noch die Praxis, die Küken in einen "Alles-Zermuser" zu stopfen.
Oder Ferkel dürfen bislang noch unbetäubt kastriert werden in Deutschland.
Wie grausam und Lebensverachtend! Hauptsache Profit und billig. Es braucht dringend neue Gesetze und ein Umdenken in der Gesellschaft.