Die Initiative gegen Tierversuche solle der Gesundheit von Mensch und Tier schaden sowie den Forschungsplatz Schweiz schwächen. So argumentiert ein überparteiliches Komitee von links bis rechts, das am Montag seine Nein-Kampagne lanciert hat. Abgestimmt über die Vorlage wird am 13. Februar.
Es sei eine der radikalsten Vorlagen der letzten Jahre mit drastischen Folgen, argumentierten die Gegnerinnen der Initiative vor den Medien in Bern. Die Schweiz würde vom Fortschritt in der Human- und Tiermedizin abgeschnitten und dem Forschungsplatz würde massiver Schaden zufügt.
«Eine Annahme der Initiative würde de facto zu einem Forschungsverbot führen», sagte die Basler GLP-Nationalrätin Katja Christ. Forschung mit Tieren und klinische Versuche mit Menschen seien eine Voraussetzung für Fortschritt und Innovation und kämen insbesondere der Human- und Veterinärmedizin, aber auch der Umwelt, der Landwirtschaft und der Grundlagen- und Verhaltensforschung zugute.
Das Nein-Komitee sorgt sich auch um die Gesundheitsversorgung in der Schweiz. Bei Annahme der Initiative könne die Schweiz weder neue Medikamente entwickeln noch importieren. Für die Entwicklung neuer Krebsbehandlungen oder für Medikamente wie etwa Schmerzmittel und Antibiotika sei Forschung an Tieren und Menschen jedoch nötig.
«Wäre die Initiative heute in Kraft, dürfte die Schweiz keinen Covid-19-Impfstoff importieren», sagte die Luzerner Mitte-Ständerätin Andrea Gmür. Die Initiative ermögliche nicht einmal in Extremsituationen den Einsatz von Medikamenten, die an Tieren getestet wurden. Dadurch würden Menschenleben riskiert, die mit Medikamenten gerettet werden könnten.
Laut Komitee verfehlt die Initiative zudem das Ziel. Tierversuche würden nicht verhindert, sondern einfach ins Ausland verlagert, wo weniger strenge Tierschutzgesetze gelten.
«Die Schweiz hat bereits heute eines der stärksten Tierschutzgesetze weltweit», sagte Gmür. Dieses verlangt, dass Tierversuche nur dann bewilligt werden, wenn keine Alternativmethode existiert, die Anzahl Tiere im Versuch auf das notwendige Minimum beschränkt wird und die Versuchsmethoden und Haltungsbedingungen möglichst wenig belastend sind.
Dadurch sei es gelungen, die Anzahl der Tierversuche in den letzten 30 Jahren von rund zwei Millionen auf unter 600'000 pro Jahr zu senken, so das Komitee. «Der Fokus muss auf die nachhaltige Weiterentwicklung alternativer Forschungsmethoden anstelle von Verboten gerichtet sein», sagte Christ. Tierversuche wiesen häufig erhebliche Mängel auf und seien kostspielig. Es bestehe also sowieso schon der Anreiz, möglichst rasch auf Alternativen umzusteigen.
Auch die Basler Ständerätin der Grünen, Maya Graf, fordert einen schrittweisen Ausstieg aus der Tierversuchsforschung «gemeinsam mit allen Akteuren». Die Initiative sei aber zu extrem und schiesse über das Ziel hinaus. Selbst der Schweizer Tierschutz unterstütze die Initiative nicht.
Betroffen von der Initiative wären laut Nein-Komitee auch Bauernbetriebe. Neue Futtermittel, Stallsysteme in der Tierhaltung oder die Digitalisierung mit Melk- und Fütterungsrobotern müssten vor ihrer Zulassung getestet werden. Ansonsten stünden die Sicherheit und Gesundheit der Tiere auf dem Spiel, so das Nein-Komitee. Zudem wäre bei Annahme der Initiative zum Beispiel das Üben von Klauenpflege und Geburtshilfe in Kursen nicht mehr möglich.
«Eingriffe am Tier möchte ich unter keinen Umständen durchführen, ohne eine adäquate Ausbildung am Tier genossen zu haben», sagte der Zürcher SVP-Nationalrat und Landwirt Martin Haab. Auch Nutztiere könnten einmal Patienten sein.
Das Volksinitiative «Ja zum Tier- und Menschenversuchsverbot – Ja zu Forschungswegen mit Impulsen für Sicherheit und Fortschritt» fordert ein bedingungsloses Verbot von Tierversuchen und Forschung am Menschen in der Schweiz. Neu entwickelte Produkte, die unter Anwendung von Tierversuchen entwickelt wurden, sollen zudem nicht mehr importiert werden dürfen. Das Parlament empfahl die Initiative ohne eine einzige Ja-Stimme zur Ablehnung. Auch der Bundesrat lehnt sie ab.
(yam/sda)