Heute steht die 50. Etappe der Tour dur d'Schwiiz auf dem Programm. Das heisst: Ich habe die Hälfte erreicht! Bisher bin ich über 5000 Kilometer geradelt, dies entspricht etwa der Distanz zwischen der Schweiz und Kuwait. Krass, nicht? Höchste Zeit, um mal die wichtigsten Fragen zu beantworten, die mir immer wieder gestellt werden:
Egal ob Interview oder kurze Bekanntschaft in der Bäckerei. Die erste Frage ist eigentlich immer diese: Warum machst du das? Eigentlich ganz einfach zu beantworten: Ich war schon in über 70 Ländern der Welt, aber manchmal habe ich das Gefühl, dass ich die Schweiz nicht kenne. Das wollte ich ändern. Obwohl ich im Kanton Zürich aufwuchs, wusste ich bis vor der Tour noch nichts von Regensberg oder vom ebenfalls nicht weit entfernten Gottlieben. Oder von meinem neuen Lieblingsbergsee, dem Partnunsee. Unfassbar nicht?
Ich kann es selbst kaum glauben: Praktisch nicht. Natürlich sind die Tage im Sattel mit rund 10 Stunden lang. Aber ich habe keinerlei Probleme. Das verdanke ich wohl zum grössten Teil der Sattelanalyse, die ich vor der Tour gemacht habe. Dazu gibt's gute Sitzcrèmes und ich habe zwei verschiedene Sättel, die ich wechseln kann.
Hmm. Bis jetzt würde ich sagen: ja. Aber noch stehen zwei Monate an. Vielleicht schaffe ich es auch nicht. Fragt mich Ende Oktober nochmals.
Ich habe kein herausstechendes Highlight. Ich entdecke unglaublich viele neue Orte in der Schweiz, die alle wunderschön sind. Zum Beispiel das Oberengadin, Sonogno TI, St.Antönien GR, Ernen VS, Bürchen/Unterbäch/Eischoll VS, die Region um den Forclaz (Trient/Finhaut/Salvan) oder Gstaad mit dem Glacier 3000.
Immer wieder Aufsteller sind vor allem Leute, die mich ein Stück mit dem Velo begleiten. Das kann nur eine Fahrt von einer Gemeinde zur nächsten oder auch eine ganze Etappe sein. Ist einfach grossartig. Vielen Dank allen bisherigen Mitfahrern! Und alle, die eigentlich gerne würden, aber leider nicht zu können glauben, bedenkt, dass folgende Ausreden nicht gelten: 1. Ich habe kein Velo. 2. Ich habe keine Zeit. 3. Ich kann das eh nicht.
Sehr schön ist auch zu sehen, wie offen und hilfsbereit die Menschen in der Schweiz sind. Die Vorurteile von verknurrten Bünzlischweizern kann ich nicht bestätigen. Egal wo: Alle begegnen mir mit einem Lächeln und wildfremde Leute schenken mir Vertrauen und helfen. Merci!
HueräArschlochverdammtescheissvaffanculo Gegenwind. Fraglos. Ichchöntchotze.
Das gehört eigentlich fast auch noch zur oberen Frage. Mit Ferien hat die Tour leider nichts zu tun. Klar, sie macht Spass. Aber wenn ich an Ferien denke, dann kommen mir neben Spass 200 andere Dinge in den Sinn als Tage, die von 6 bis 23 Uhr dauern und aus Fötelen, Schreiben, Suchen, Strampeln, Leiden bestehen. Wer's nicht glaubt, ihr wisst: Jeder darf mitfahren. Das gibt einen kleinen Einblick.
Hmm. Bei dieser Frage gucke ich erst mal drei Sekunden mein Gegenüber an. Dann antworte ich etwas in der Art von: «Also wenn es regnet, dann regnet es. Ich ziehe mich entsprechend an und fahre.» Wenn das Wetter dann aber wirklich nass und kalt und grusig wird, dann schicke ich meine sportliche Leiterin Stella oder einen Sportpraktikanten auf die Etappe.
Ich lasse sie persönlich sprechen: «Es ist ja nicht das erste Mal, dass er so eine ‹gute› Idee hat. Diese Ideen kann er mir dann jeweils sehr überzeugend verkaufen. Er ist so enthusiastisch, dass ich gar nicht anders kann, als mich davon anstecken zu lassen. Natürlich ist es nicht lustig, wenn der Ehemann vier Monate praktisch nicht Zuhause ist. Aber ich versuche mindestens einmal die Woche eine Etappe mitzufahren und finde es toll, gemeinsam Orte in der Schweiz kennenzulernen, von denen wir zuvor nicht mal gehört hatten. Ich glaube auch, dass die Tour dur d'Schwiiz viel neuen Gesprächsstoff und Erlebnisse mit sich bringen, welche der Beziehung gut tun.»
Das ist unterschiedlich und entscheide ich meist spontan, wenn ich ankomme. Manchmal bei Freunden/Familie, manchmal bei fremden Leuten, die mich einladen (könnt ihr alle gerne auch machen), manchmal laden mich Hotels oder Tourismusverbände ein und manchmal nehme ich ein Hotel oder quartiere mich in einem B&B ein. Ich bin praktisch anspruchslos. Gebt mir gutes WLAN (oder zumindest guten Handyempfang) und ich bin glücklich.
Bisher zum Glück nicht. Man sagt ja, Hände, Füsse und Füdli seien die Problemzonen bei Velofahrern. Zu meinem Allerwertesten hab ich oben schon geantwortet, Füsse sind kein Problem, Hände teilweise abends nach langen Etappen. Aber bis am Morgen ist das wieder weg. Schwere Beine habe ich praktisch keine. Die letzten Tage hatte ich etwas Probleme mit einem Knie. Aber das wird wieder weniger und geht vorbei. Hoffentlich.
Mit Google Maps und eigentlich einfach nach Gefühl. Da war ich so während drei Monaten immer mal wieder ein paar Stunden dran. Vermutlich ist es nicht der schnellste, beste und einfachste Weg durch die Schweiz. Aber nach der Hälfte der Etappen kann ich noch immer sagen: Für mich macht er Sinn. Ich wollte einige Pässe unbedingt drin haben und versuchte möglichst, doppelte Wege zu vermeiden. Den Etappenplan gibt es hier. Die Route ist dabei zu 99 Prozent fix, die Etappenorte bis Ende September auch. Ich passe allerdings jeweils immer wieder bisschen etwas an. Je nach Tagesform, Wetter, Zeitbudget oder auch Tipps von Ortskundigen. Ich freue mich auch immer über Leute, die mitfahren. Am besten einfach melden und dann machen wir einen Plan.