Claudia Freitag arbeitete für vier Jahre als Hüttenwartin für den Schweizer Alpen-Club (SAC) in der Muttseehütte oberhalb von Linthal im Glarus, nun hat sie ihre Stelle gekündigt.
Gegenüber den Glarner Nachrichten beschreibt sie ihre Zeit in der Hütte als sehr intensiv und wertvoll. Dennoch hat die anspruchsvolle Arbeit, die oft 15-Stunden-Tage beinhaltete und sieben Tage die Woche umfasste, ihren Tribut gefordert. «Die Arbeit braucht viel Energie, die ich nicht wieder zurückholen kann», erklärt sie. Deshalb habe sie beschlossen, ihre Stelle zum Ende der Saison aufzugeben.
Sie hoffe, in den Bergen in Zukunft wieder Erholung finden zu können.
Die Beliebtheit der Muttseehütte ist in den letzten Jahren stark gestiegen, was sich auch in den Übernachtungszahlen zeigt: Seit 2013 sind die Übernachtungen um 124 Prozent gestiegen und trotz Corona wurde bereits 2023 das Niveau von vor Corona erreicht.
Der Limmerensee, der von der Muttseehütte aus sichtbar ist, zieht viele Gäste an, die oft nur für das «perfekte» Foto für ihre Social-Media-Profile kommen. Laut Freitag würden aber viele dieser Besucher nicht wissen, wie man sich in den Bergen verhalte. Oft seien sie unzureichend ausgerüstet und trügen schlechte Schuhe.
Das mangelnde Verständnis für die Gegebenheiten der Schweizer Alpen ist ein häufiges Problem. Viele Touristen sähen keinen Unterschied zwischen einer normalen Gaststätte im Tal und einer SAC-Hütte. «Diese Menschen sind in der Regel an einen ganz anderen Lebensstil gewöhnt und wissen es einfach nicht besser», sagt Freitag.
Wie Freitag erklärt, sei den Gästen oft nicht bewusst, welchen Aufwand die Hüttenwartin und ihr Team betreiben müssten. Dazu gehört unter anderem der komplizierte Abtransport von Abfällen oder das Kochen in der nicht perfekt ausgerüsteten Küche.
Laut Freitag entsteht der eigentliche Stress für das Hütten-Team durch die wachsenden Ansprüche der Gäste, insbesondere in Bezug auf das Essen. Allergien und Lebensmittelintoleranzen seien heutzutage weit verbreitet.
Dazu kommt, dass viel Restaurantgäste zu spät ankommen. Um 16 Uhr möchten sie dann etwas Warmes essen, während die Bahn nur bis 18 Uhr fährt. Daher hat Freitag das Küchenangebot angepasst: Warme Speisen werden nur bis 16 Uhr serviert, danach wird nur noch für Übernachtungsgäste gekocht.
Ein weiteres Problem sei, dass weniger Einheimische die Muttseehütte besuchen. Diese könnten oft mehr Verständnis für das Leben in den Bergen aufbringen und dem Team die Arbeit erleichtern. Freitag berichtet von langen Wartezeiten an der Seilbahn, wo Wanderer bis zu zwei Stunden anstehen, um zur Hütte zu gelangen. «Einheimische tun sich das nicht an, verständlicherweise», sagt sie.
Wie Bruno Lüthi, Fachleiter Hüttenbetrieb des Schweizer Alpen-Clubs (SAC), gegenüber dem «Blick» erklärte, hätten viele Menschen während der Pandemie erstmals eine SAC-Hütte besucht, was die Besucherzahlen erfreulich steigerte. Hütten in der Nähe von Seilbahnen, wie die Cabane du Mont Fort oder die Weissmieshütte, hätten diesen Anstieg besonders gespürt. Allerdings bringen diese neuen Gäste oft hohe Erwartungen mit, wie À-la-carte-Menüs, Doppelzimmer mit täglichem Bettwäschewechsel, Duschen und öffentliches WLAN.
Lüthi betont jedoch, dass SAC-Hütten einfache Gebirgsunterkünfte bleiben, die nicht an öffentliche Strom-, Wasser- oder Abwassernetze angeschlossen sind. Deshalb muss sparsam mit Ressourcen umgegangen werden.
Viele Gäste seien sich dessen nicht bewusst, was zusätzlichen Erklärungsaufwand erfordere. Zudem hebt Lüthi hervor, dass es wichtig sei, sich rechtzeitig abzumelden, wenn etwas dazwischenkommen sollte. Bis zu 10 Prozent der Gäste tun dies nicht. Dies sei ärgerlich, da die Plätze dann ungenutzt bleiben, obwohl andere Gäste sie gerne belegt hätten. (ear)
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