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Ukraine-Krieg: Schweizer Gewehr-Munition über Polen an Ukraine geliefert

A Ukrainian army sniper looks on near Bakhmut, Donetsk region, Ukraine, Tuesday, May 2, 2023. (AP Photo/Libkos)
Bild: keystone

Schweizer Gewehrmunition in der Ukraine? Das Seco untersucht den Fall

16.11.2023, 09:2005.03.2024, 08:39
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Es geht um 145'000 Schuss Sniper-Munition, Kaliber 0,338 Magnum Lupua, produziert von der Swiss P. Diese war einst unter dem Namen Munitionsfabrik Thun bekannt, später Ruag Ammotec – seit letztem Jahr ist sie eine Tochterfirma des italienischen Produzenten Beretta. Brisant ist: Die Munition soll in der Ukraine aufgetaucht sein, wie die NZZ schreibt. Dies zeigt ein Lieferschein, der von 145'000 Schuss Schweizer Sniper-Munition spricht, die eine polnische Firma ausgerechnet in die Ukraine liefert.

Ein Begleitdokument erwähnt sogar 500'000 Stück Munition – in diesem Fall ist von einem Nato-Standard-Kaliber für Sturmgewehre die Rede, auch hier von der Schweizer Firma Swiss P. Der polnische Lieferant ist UMO SP, das Unternehmen hat sich auf Dienstleistungen für die polnische Polizei und Spezialkräfte spezialisiert. Als Empfänger wird die LLC Ukrainska angegeben, doch zu dieser gibt es in offenen Quellen keine spezifischen Informationen.

Sollte wirklich Schweizer Munition in die Ukraine weiterverkauft worden sein, beträfe dies das Kriegsmaterialgesetz (KMG). Es verbietet die Ausfuhr von Schweizer Rüstungsgütern in Länder, die Krieg führen. Auch die Wiederausfuhr ist verboten. Nicht lange vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine wurde das Gesetz verschärft. Private Firmen wie die polnische UMO SP müssen jedoch keine Wiederausfuhr-Erklärung unterschreiben.

Der Bundesrat hat in der Ukraine-Verordnung, die die Übernahme der EU-Sanktionen gegen Russland regelt, festgelegt, dass die Konfliktparteien gleich behandelt werden müssen: Es wird also hinsichtlich Waffenlieferungen kein Unterschied gemacht zwischen dem russischen Aggressor und der sich verteidigenden Ukraine. Staatliche ausländische Gesuche um Wiederausfuhr wurden denn auch vom Bundesrat konsequent abgelehnt: Weder durfte Deutschland Gepard-Munition weitergeben, noch Dänemark Piranha-Radschützenpanzer liefern.

Diese Haltung der offiziellen Schweiz kommt bei westlichen Verbündeten nicht gut an: Erste Länder wollen bereits auf die Beschaffung von Kriegsmaterial aus Schweizer Produktion verzichten. Die Schweizer Firma Swiss P erklärt gegenüber der NZZ derweil:

«Swiss P Defence beliefert ihre Kunden immer und ausschliesslich im Rahmen der geltenden gesetzlichen Bestimmungen der Schweiz.»

Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) sagt gegenüber der NZZ, dass es am Fall dran sei. Das Ganze erinnert an die illegale Wiederausfuhr von elf Eagle-Aufklärungsfahrzeugen von Deutschland in die Ukraine. Den betroffenen Lieferanten hat das Seco inzwischen gesperrt. Noch ist nicht bekannt, ob polnische Behörden im aktuellen Fall die Wiederausfuhr in die Ukraine genehmigten und somit die schweizerische Gesetzgebung missachteten.

(rbu)

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17 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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-C-
16.11.2023 09:56registriert Februar 2016
Ich erwarte vom SECO eine ebenso konsequente Suche nach den Ursachen und Verantwortlichen wie dies die Eidgenossenschaft im Falle der russischen Vermögen auf Schweizer Banken tut.
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I ❤️ cats
16.11.2023 09:42registriert September 2023
Sehr schön, statt ewig zu reden einfach auch mal liefern und damit ukrainische Leben retten! Gut gemacht! Habe damit als Schweizer persönlich absolut kein Problem und kann mir nur schwer vorstellen, dass das hier jetzt grossartig irgendwen stört, ausser natürlich die üblichen Putin Liebhaber der SVP... aber die kann doch eh schon seit längerem keiner mehr wirklich Ernst nehmen.
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dumpster
16.11.2023 10:00registriert November 2015
Hoffentlich treffen sie.
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