Bund bittet Pestizid-Hersteller zur Kasse – Umweltverbände sind unzufrieden
Für die Bäuerinnen und Bauern sind es gute Neuigkeiten. Sie beklagen sich schon lange über die Tatsache, dass ihnen immer weniger Pestizide zum Schutz ihrer Kulturen zur Verfügung stehen – weil gefährlichen Stoffen die Zulassung entzogen wird, aber kaum neue Mittel bewilligt werden. Nun will der Bund die Zulassung neuer Pestizide beschleunigen, indem man das Verfahren noch stärker als bisher an jenes der EU angleicht. Die neuen Regeln gelten ab Dezember.
Ist ein Pflanzenschutzmittel schon in einem Nachbarland bewilligt, kann ein Hersteller neu eine vereinfachte Zulassung beantragen. Das bedeutet, dass die Schweizer Behörden keine eigenen Überprüfungen mehr durchführen, sondern sich auf jene der Nachbarn verlassen. Nur wo in der Schweiz strengere Vorschriften gelten, zum Beispiel beim Gewässerschutz, schaut der Bund genauer hin.
Hersteller zahlen maximal 20’000 Franken
Künftig werden Pestizidhersteller zudem stärker zur Kasse gebeten. Derzeit müssen sie eine Zulassungsgebühr von maximal 2500 Franken zahlen. Neu sollen es höchstens 20’000 Franken sein, was im Schnitt einer Kostendeckung von 15 Prozent entspricht. Ursprünglich hatte der Bund bis zu 100’000 Franken verlangen wollen, wogegen sich die Chemiefirmen aber erfolgreich wehrten.
Umweltverbände hatten verlangt, dass die Hersteller für sämtliche Aufwände aufkommen müssen, die dem Bund durch die Zulassungsprüfung entstehen. Derzeit stauen sich beim Bund Hunderte Gesuche und es bräuchte mehr Personal, um sie rascher zu bearbeiten – doch das kostet. Im Vergleich zum Ausland sind die Gebühren hierzulande tief, entsprechend bleibt mehr an den Steuerzahlern hängen. In Deutschland können bis zu 250’000 Euro fällig werden.
Kritik von den Wasserversorgern
Im Parlament laufen derweil Bestrebungen, das Zulassungsverfahren für Pestizide weiter zu lockern. Auch Mittel, die in den Niederlanden und Belgien zugelassen sind, sollen hier einfacher anerkannt werden. Nicht nur Umweltschutzorganisationen, sondern auch mehrere Kantone warnen. Die Folge wäre, geben sie zu bedenken, dass in der Schweiz mehr Pestizide zugelassen würden als in den einzelnen Nachbarländern.
Bereits die jetzt beschlossene einfachere Zulassung sehen viele kritisch, unter anderem die Wasserversorger. Die Änderungen bärgen das Risiko, dass Pestizide in Gebieten eingesetzt würden, ohne dass spezifische Risiken angemessen abgeklärt worden seien. «Geradezu fahrlässig erscheint dieses Vorgehen für das Mittelland der Schweiz», schrieb der Fachverband für Wasser, Gas und Wärme 2024 in einer Stellungnahme.
Eva Goldmann von der Umweltallianz, der unter anderem WWF und Pro Natura angehören, wirft dem Bund vor, falsche Prioritäten zu setzen. «Statt pauschaler EU-Übernahmen braucht es schnelle, zukunftsfähige Lösungen für einen modernen und nachhaltigen Pflanzenschutz», sagt sie.
Der Bund hält fest, dass die Anforderungen an Sicherheit und Wirksamkeit der Pestizide «auf dem gleichen Niveau bestehen» blieben. (aargauerzeitung.ch)
