Es ist eine ernüchternde Nachricht für die betroffenen Bewohner im Erdrutsch-Gebiet in Schwanden: Von den zu Beginn 112 evakuierten Personen verlieren 46 ihr Zuhause dauerhaft und 20 weitere können jetzt noch nicht in ihre Häuser zurück. Zudem verlieren 25 Personen ihren Arbeitsort.
Am 29. August 2023 hatten sich um 17 Uhr auf einer Länge von 400 Metern Erdmassen bei der Wagenrunse in Schwanden gelöst. Zweieinhalb Stunden später folgte ein zweiter Erdrutsch. Insgesamt 30'000 Kubikmeter Schlamm verschütteten zahlreiche Häuser. Verletzt wurde niemand. Bereits am Vorabend wurde das Wohnquartier evakuiert.
Bereits vier Monate zuvor sackte die Strasse am Hang oberhalb des später verschütteten Gebiets ab. Die Gemeinde Glarus Süd sei bereits in Alarmbereitschaft gewesen, schilderten Vertreter an einer Medienkonferenz am Dienstag anlässlich des Jahrestages in Schwanden.
Die Gemeinderätin Gabi Aschwanden berichtete davon, wie sie am Ereignistag vor Ort nach der Situation schauen wollte und vom Erdrutsch überrascht wurde. «Vor mit knickte ein Baum um und ich fragte mich, wer denn jetzt hier einen Baum fällt, bis Weitere gegen das Tal rutschten.» Ihre Beine hätten gezittert und sie hoffte, das niemand ums Leben kommt. «Dieser Schock wird mich mein Leben lang begleiten», sagte Aschwanden weiter.
Ein Jahr später ist der Grossteil der zerstörten Gebäude abgerissen, wie eine Medienbegehung am Dienstag in Schwanden zeigte. Parallel zu den Abtragungsarbeiten wird bereits der 6,5 Meter hohe Schutzdamm erstellt. Er soll die umliegenden Häuser vom weiterhin absturzgefährdeten Material am Hang schützen. «Dieser Hang ist alles andere als stabil», sagte ein Gemeindevertreter beim Rundgang durch das Schadensgebiet. Nach wie vor drohen 60'000 Kubikmeter Material in die Tiefe zu rutschen.
Die Bewohnenden dieser umliegenden Häuser sind aktuell noch evakuiert. Sie müssen sich gedulden, bis ihre Heime wieder instandgestellt wurden. Viele Gebäude sind in den unteren Stockwerken noch voll mit Schlamm. Fenster und Türen nach wie vor eingedrückt. Die 46 Bewohnenden der komplett zerstörten Häuser mussten sich eine andere Lösung suchen.
Die letzten drei komplett verschütteten Einfamilienhäuser werden aktuell abgetragen. Dabei muss jede Baggerschaufel von Hand verlesen werden um Holz, Plastik und Metall zu trennen. Öl, Fahrzeuge, Farben und weitere Stoffe müssen in eine Deponie gebracht werden. Das gesäuberte Erdmaterial wird anschliessend in den 400 Meter langen Schutzdamm verbaut.
Hätte man die schnellere Variante gewählt und einfach alles zusammen in eine Sonderdeponie verlegt, so hätte man wohl auf andere Kantone ausweichen müssen, so die Gemeinde. Im Kanton Glarus wäre für so viel Material zu wenig Platz gewesen.
Die Schadenssumme belaufe sich auf einen zweistelligen Millionenbetrag, sagte ein Gemeindevertreter auf eine Frage von Keystone-SDA. Es sei eines der teuersten Einzelereignisse in der ganzen Schweiz.
Alleine für die Gemeinde Glarus Süd entstanden Bruttokosten von rund 18 Millionen Franken. Der Betrag für eine neue Erschliessungsstrasse ins Niederental folgt noch.
1,2 Millionen Franken sind innerhalb des vergangenen Jahres an Spenden zusammengekommen. Davon wurden rund zehn Prozent an Betroffene ausbezahlt. Auf die Frage, weshalb noch nicht mehr Gelder zu den Betroffenen geflossen seien, sagte der Präsident der Spendenkommission zu Keystone-SDA, man entscheide nach eingegangenen Anträgen. Weiter flössen die Beträge subsidiär, also dann, wenn die Versicherung nicht oder nicht viel zahlt. Das am Ende von den Spendengeldern etwas übrig bleibe, sei unwahrscheinlich.
Bis Ende 2025 will die Gemeinde die Schutzbauten fertigstellen. Bis im Sommer 2026 soll dann auch eine neue Verbindung ins Niederental bestehen. (sda)