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Ignazio Cassis und Thomas Süssli wegen Donald Trump sehr besorgt

Swiss Federal Councillor Ignazio Cassis, right, welcomes US President Donald J. Trump, left, next to Swiss Federal President Alain Berset and Swiss Federal Councillor Johann Schneider-Ammann, during a ...
Bundesrat Ignazio Cassis (rechts) begrüsste am 26. Januar 2018 am World Economic Forum (WEF) von Davos den damaligen US-Präsidenten Donald Trump.Bild: KEYSTONE

Ignazio Cassis und Armeechef Süssli: «Sehr besorgt» über möglichen US-Präsidenten Trump

Es waren alarmierende Worte, die an der Delegiertenversammlung der Offiziersgesellschaft zu hören waren. Cassis äusserte sich besorgt über die Wahlen in den USA – und Süssli warnte vor einem düsteren Szenario.
12.03.2024, 10:27
Othmar von Matt / ch media
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Das Szenario, das Armeechef Thomas Süssli im Kunst- und Kulturzentrum von Lugano ausbreitete, liess selbst die hochrangigen Offiziere nachdenklich zurück. Es sei nicht sein persönliches Szenario, betonte er. Dieses stamme aus NATO-Kreisen. Und so geht es:

Im November wird Donald Trump wieder zum Präsidenten der USA gewählt. Als Erstes bricht er die Unterstützung für Europa und die Ukraine ab. Die USA konzentrieren sich auf den indopazifischen Raum. Das hat schon US-Präsident Barack Obama in Erwägung gezogen.

Damit gewinnt Russland 2025 oder 2026 den Krieg in der Ukraine. Das löst eine enorme Flüchtlingswelle aus der Ukraine nach Westeuropa aus. Russland besetzt das Land mit Besatzungskräften, zieht die kriegserfahrenen und offensiven Truppen ab und verlegt sie an die Grenze zu den baltischen Staaten und zu Finnland.

Dann führt Russland ein «Probing» durch: Es sondiert mittels hybridem Angriff gegen einen baltischen Staat, wie stark das NATO-Bündnis ist.

Betreffen könnte das Lettland. Russland führt dort einen Regierungssturz herbei. Lettland reagiert und bittet die NATO um Hilfe, löst Artikel 5 des Nordatlantik-Bündnisses aus. Dieser betrifft den kollektiven Schutz und die kollektive Verteidigung der Bündnismitglieder.

Die Gefahr des NATO-Zusammenbruchs in Europa

«Und jetzt kommt's», steuerte Armeechef Süssli vor den Vertretern der Schweizerischen Offiziersgesellschaft und vor Aussenminister Ignazio Cassis auf die Schlussfolgerung hin: «Niemand kommt zu Hilfe.»

Grossbritannien könne nicht so viele robuste Truppen über das Meer verlegen und Frankreich wie Deutschland hätten schlicht zu wenig Truppen. Polen verfüge zwar über drei Divisionen, die verlegt werden könnten, brauche diese Kräfte aber selbst.

«Wenn das geschähe», sagte Süssli, «würde es die NATO und damit den NATO-Schutz in Europa nicht mehr geben. Das würde es Russland ermöglichen, seinen Einfluss in Europa auszubauen. Wer weiss, was dann 2035 oder später in Europa sein wird.»

Der Angriff Russlands als «Bruch in der Geschichte»

Der unprovozierte, völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine habe viel verändert, betonte der Armeechef. Es gehe nicht um eine Zeitenwende, sondern «um eine Zäsur, einen Bruch in der Geschichte». Die Armee habe als kurzfristige Reaktion darauf die Bestände beim Militärischen Nachrichtendienst (MND) erhöht und schütze ihre Anlagen besser. Zudem versuche man, die Armee so schnell wie möglich so aufzubauen, dass sie die Schweiz verteidigen könne.

Andere Länder rüsteten bereits massiv auf, sagte Süssli. «Die Polen sind daran, sieben Divisionen aufzustellen für ihre Verteidigung.» Polen werde damit zu einer der stärksten Militärmächte Europas. Zudem hätten die Finnen wieder auf Verteidigung umgestellt. «Sie bauen an der Grenze zusätzliche Befestigungsanlagen auf, trainieren die Mobilmachung und erhöhen die Bevorratung.» Und Frankreich wolle bis 2027 eine Division mit 25'000 Soldatinnen und Soldaten aufbauen, die verlegbar sei.

Vor allem aber rüste Russland auf. «Das Land produziert pro Jahr 1000 Kampfpanzer – und zwar nicht nur für die Ukraine.» Russland wolle eine neue Armee aufbauen, mit sieben Divisionen und 49 Brigaden, und habe seine Militärbezirke wieder so organisiert wie im Kalten Krieg.

Cassis spricht von «epochalen Veränderungen»

Auch Aussenminister Ignazio Cassis, ebenfalls als Gast bei der SOG geladen, hielt nicht mit Warnungen zurück. «Lassen Sie es mich ganz klar sagen: Die Schönwetterzeiten sind vorbei», sagte er – und sprach von «epochalen Veränderungen». Die Weltordnung drohe «in eine Weltunordnung» zu zerfallen. Das müssen wir ernst nehmen. «Bereiten Sie sich auch auf das Worst-Case-Szenario vor», riet Cassis den Offizieren. Komme es besser, werde niemand reklamieren.

Reise er als Aussenminister herum, höre er immer, Europa sei überaltert und verschuldet – und damit «nicht gewappnet für die Zukunft», sagte er. 2024 würden zwei Drittel aller Menschen wählen, die in demokratischen Staaten lebten - in Indien, Europa und den USA. Offenbar besteht für Cassis in diesen Staaten die Gefahr von Demokratieabbau: «Ich bin sehr besorgt über den Ausgang dieser Wahlen», betonte der Aussenminister. Auch der Gesamtbundesrat sei besorgt.

Den Namen Donald Trump nahm Cassis zwar nicht in den Mund. Es war aber offensichtlich, dass er implizit drohende Rechtsrutsche in Indien, Europa und den USA ansprach. Es gibt dort eine Tendenz hin zu starken, autoritären Männern wie Premierminister Narendra Modi in Indien und André Ventura von der rechtspopulistischen Chega in Portugal. Oder zu Trump als US-Präsident.

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via cbs miami

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