Noch letzte Woche sagte die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht ihre traditionelle Jahresmedienkonferenz ab. Finma-Sprecher Tobias Lux begründete den Entscheid gegenüber Blick mit dem «aktuell starken Fokus auf die Arbeiten rund um die Fusion von UBS und CS».
Am Mittwoch gab die Finma nun kurzfristig eine Pressekonferenz. Ziel davon war es, über Aufsichtshandlungen, Instrumente der Finma und über die Handlungsoptionen bei der CS-Rettung zu sprechen.
Üblicherweise würde die Finma nicht über solche Aufsichtshandlungen berichten, wie sie dies jetzt täte, so Marlene Amstad, die Präsidentin des Verwaltungsrats der Finma. Die Begründung dafür lieferte sie bereits Ende März gegenüber der NZZ:
In diesem Fall aber bestehe ein besonderes aufsichtsrechtliches Bedürfnis, so Amstad an der Konferenz. Sie beginnt ihre Ausführungen bei den «Too big to fail»-Regulierungen.
Die Finma müsse die «Too big to fail»-Regulierungen analysieren und die Lehren daraus ziehen. Im Falle der CS seien viele Elemente dieser Regulierung angewandt worden. So hätten etwa Kapital- und Liquiditätspolster die CS lange reguliert, was laut Amstad wichtig gewesen sei. Denn:
Konkurs und Sanierung nach «Too big to fail»-Regeln wären Instrumente der letzten Hoffnung gewesen. Damit hätten die Behörden riskiert, eine sich abzeichnende Finanzkrise auszulösen, statt sie zu stoppen. Ein Flächenbrand und eine globale Finanzkrise hätten gedroht.
Trotzdem habe «Too big to fail» verschiedene Optionen eröffnet. Das Element der Sanierung sei schlussendlich nicht gewählt worden, da aufgrund der Risiko- und Chancenabwägung bessere Optionen vorgelegen hätten.
Die Finma verfüge über diverse Instrumente, mit denen sie das Aufsichtsrecht durchsetzen könne, erklärte Amstad. Der Fall CS habe bezüglich des Werkzeugkastens der Finma allerdings einige Fragen aufgeworfen. Vor diesem Hintergrund wolle die Finma ihre generellen Möglichkeiten und Grenzen ausführen.
Die stärkste Waffe der Finma sei das Enforcement, so Amstad. Das bedeutet das Durchsetzen des Aufsichtsrechts auf gerichtlicher Ebene. In der Öffentlichkeit kriege man davon nicht viel mit:
Im Schnitt gebe es 40 abgeschlossene Verfahren (Enforcements) und 600 Enforcement-Abklärungen pro Jahr. Meistens reiche eine Abklärung aus und in über 90 Prozent der Fälle werde der ordnungsgemässe Zustand innerhalb von drei Monaten wiederhergestellt. Doch nicht immer reiche das:
Dass sich die Finma wie im Falle der CS sechsmal – und damit wiederholt – per Verfügung habe durchsetzen müssen, sei selten, betonte Amstad.
Zusätzlich zu den Enforcements könne die Finma gegen Personen Berufsverbote aussprechen. Seit 2009 habe sie 60 Berufsverbote ausgesprochen, die bei zwei Dritteln der Fälle die obere Chefetage betroffen hätten.
Zum Sinn und Zweck dieser Instrumente erklärte Amstad:
Der Finma sei es ein Anliegen, ihre Arbeit öffentlich sichtbarer zu machen, so Amstad. Die Ereignisse rund um die CS hätten gezeigt, dass die Finma in extremen Fällen mit ihren Aufsichtsinstrumenten an die Grenzen stosse. Deshalb lohne es sich, über einen entsprechenden Ausbau nachzudenken.
Konkret würde die Finma zwei zusätzliche Instrumente begrüssen: die Bussenkompetenz und das Senior-Managment-Regime. Im Gegensatz zu anderen Finanzplätzen im Ausland dürfe die Finma bislang keine Bussen aussprechen. Diese Kompetenz würde sie gerne besitzen. Gerne würde sie auch das Senior-Management-Regime einführen. Damit sollen die Verantwortlichkeiten auf den Bank-Chefetagen genauer definiert werden.
Amstad betont:
Eine intensivere Kommunikation über abgeschlossene Verfahren sowie die zwei neuen Instrumente würden ihren Werkzeugkasten ergänzen und komplettieren.
Nach den Ausführungen Amstads ergriff Urban Angehrn, Direktor der Finma, das Wort. Er wolle nochmals auf die verschiedenen Handlungsoptionen bezüglich der Rettung der CS eingehen. Ihnen hätten drei Optionen offengestanden: die Sanierung der Finma durch Verfügung, die temporäre Verstaatlichung durch den Bund und die Fusion der CS mit der UBS. Eine vierte Option, die vorbereitet gewesen, aber früh depriorisiert worden sei, sei der Konkurs und Notfallplan gewesen.
Die Finma hätte eine Sanierung anordnen können, wodurch sie die Kontrolle über die Bank übernommen hätte. Das erste Ziel wäre dabei gewesen, die Dienstleistungen fortführen zu können. Doch wie Angehrn anmerkte: «Diese Option funktioniert allerdings nur, wenn das Kapital verstärkt und die Liquidität der Bank gesichert wird.» Wie bei der Fusion hätte es dafür die Schweizerische Nationalbank mit Liquiditätsgarantien gebraucht. Bei dieser Option hätten aber Zweifel bestanden, ob das Vertrauen in die Bank hätte erhalten werden können.
Im Falle einer Verstaatlichung der Bank wäre der Staat Alleinaktionär geworden. Aus «ordnungspolitischen Überlegungen» habe der Bundesrat dieses Modell abgelehnt.
Dann sprach Angehrn über die schlussendlich gewählte Option: die Fusion. Im Gegensatz zur Sanierung schaffe diese mehr Vertrauen. Aus diesem Grund seien die Beteiligten alle zum selben Schluss gekommen:
Der Konkurs und Notfallplan sei als vierte Option aufgrund der damit einhergehenden drastischen Konsequenzen früh depriorisiert worden. Er wäre nur zum Zuge gekommen, wenn keine anderen Optionen geholfen hätten. In diesem Falle wären die CS holding group und das Mutterhaus CS AG mit all ihren Niederlassungen untergegangen. Einzig die CS Schweiz AG wäre verblieben, da diese hier systemrelevant sei.
Das hätte eine verheerende Wirkung gehabt: Viele andere Banken hätten mit einem Bankrun rechnen müssen, so wie die CS das im vierten Quartal erlebt habe. Zwar hätten die systemrelevanten Optionen in der Schweiz gerettet werden können, doch der Schaden für den Wirtschaftsstandort Schweiz wäre enorm gewesen. Darum stand fest:
Durch den Zusammenschluss der UBS und CS sei eine sehr grosse und weiter systemrelevante Bank entstanden. Dies habe zu intensiven Diskussionen in Politik und Medien geführt. Das «Too big too fail»-Reglement sehe in der Schweiz vor, dass die Kapitalanforderungen progressiv zur Bank wachsen müssten.
Das wird nach der Übergangsphase auch für die UBS gelten. Die Finma werde das überwachen und durchsetzen. Ab 2024 gelten zudem neue Liquiditätsanforderungen, wonach für systemrelevante Banken noch zusätzliche Liquiditätsanforderungen gelten.
Der nächste Meilenstein sei der Vollzug der Fusion von CS und UBS. Dafür brauche es die Zustimmung diverser Behörden im In- und Ausland. Einige seien noch ausstehend. (saw)