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Atomstrom ist zum Verlustgeschäft geworden. Billiger Strom aus Deutschland drückt die Preise, die politische Grosswetterlage deutet auf Abkehr von Kernkraftwerken. Beim Stromkonzern Alpiq klingelt's nicht mehr in der Kasse. Also will er das Verlustgeschäft loswerden. Der Staat soll's richten und die teure Stilllegung und Entsorgung der AKWs übernehmen.
Dabei helfen soll die Lobbying-Agentur «Hirzel Neef Schmid Konsulenten» – indem sie das Denken und Handeln von Politikern, Wissenschaftlern, Medien und letztendlich Bürgern gezielt zu steuern und zu beeinflussen versucht. Am Dienstag veröffentlichte die «Basler Zeitung» das entsprechende Geheimpapier. So sieht Lobbying in Reinform aus:
Zunächst sollte das Problem angemessen bewirtschaftet werden: «Der Public Affairs Prozess beginnt immer mit der Schaffung einer Problemwahrnehmung», heisst es im Strategiepapier. Im Falle von Alpiq sollte das kommerzielle Problem im Vordergrund stehen: Das Leiden der Kernkraftwerke unter den tiefen Grosshandelspreisen und die unabsehbaren Folgen, sollte die Schweiz im Falle derer Konkurse irgendwann nicht mehr fähig sein, sich eigenständig mit Strom zu versorgen.
Damit die Glaubwürdigkeit der Problembewirtschaftung nicht verpufft, muss ihr Auftraggeber – hier Alpiq – vertuscht werden oder wie es im Strategiepapier heisst: «aus der zweiten Reihe arbeiten». Das Thema dürfe unter keinen Umständen zur Sache von Alpiq werden, steht da. «Das würde die Erfolgschancen massiv schmälern.»
Die Rolle von Alpiq sollte es lediglich sein, die Inhalte zu kommentieren, die Studien zum Thema zu finanzieren und Lösungen für das Problem – sprich: die Verstaatlichung der Kernenergie – zu präsentieren. Dies sollten sie im Idealfall «echt besorgt» tun, wie die schematische Beschreibung zeigt:
So wollten die Lobbyisten erreichen, dass nicht die Alpiq, sondern das Branchenproblem thematisiert wird und die Experten, Meinungsführer und Politiker unisono die Botschaft vermitteln, dass nicht die Alpiq, sondern der Markt Schuld an den Problemen sei.
Am ehesten verortet das Strategiepapier heimliche Verbündete beim Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) unter dem neuen SVP-Bundesrat Guy Parmelin. In den anderen Departementen sieht es düster aus.
Die Lobbyisten halten fest, dass der Bundesrat wohl jede Handlung ablehnen wird, «wenn kein öffentlicher oder parlamentarischer Druck vorhanden ist». Also muss dieser in einem nächsten Schritt hergestellt werden.
Damit sind die Politiker dran. Denen sei «das Thema neu» und sie seien «nicht bereit, ohne Problemdruck zu handeln». Es sei für sie nach wie vor einfacher, Firmenbashing zu machen, als Marktentwicklungen anzuerkennen, schreiben die Lobbyisten.
Also müssten Key-Player bearbeitet werden. Bei der eher wohlgesinnten CVP planten die Agenten Filippo Lombardi ein, bei der unterstützenden SP Roger Nordmann, bei der schwierigen FDP Christian Wasserfallen und bei der skeptischen SVP Magdalena Martullo Blocher.
Zu gegebener Zeit hätten die Lobbyisten dann politische Vorstösse für die Parteien erstellt. Die müsse man «begleiten und sicherstellen, dass diese zur Diskussion kommen», schreiben die Lobbyisten und halten dann in Klammern fest: «Das darf aber nicht die Alpiq tun.»
Überschätzt werden die Medien im Strategiepapier nicht gerade. Nach einer kurzen Beschäftigung mit der Sache, würden die Medienvertreter aufgrund der Komplexität ohnehin auf Personen fokussieren, heisst es. «Hier gilt es eine Strategie zu entwickeln.»
Konkret sollten Supporter bei Leitmedien gesucht und «Politiker als Helden ins Zentrum gestellt» werden. Der Alpiq-CEO und Verwaltungsratspräsident sollten sich aber «nicht mehr exponieren als nötig». Die ganze Branche sollte im Vordergrund stehen.
Pfeffern sollte das Ganze die Wissenschaft. Alpiq sollte Studien an der ETH und der HSG in Auftrag geben und finanzieren, die klar darstellen, dass die Energieversorgung nur durch die Rettung der finanziell angeschlagenen Kernkraftwerke garantiert werden kann, dass nur so die Strom-Versorgung im Inland sicherzustellen sei und dass die Atomkraftwerke deswegen vom Staat gerettet werden müssten.
Konkret: Die Alpiq sollte schlussendlich als «too big to fail» eingestuft werden: