Kahlschlag bei der Post. Bis 2028 sollen nur noch 600 selbst geführte Filialen existieren. In anderen Worten: Von den aktuell existierenden 768 Poststellen werden rund 170 dicht gemacht. Jede fünfte Filiale existiert in vier Jahren also nicht mehr. Stellen dürften deswegen keine abgebaut werden.
Grund ist der immer grösser werdende Verlust, den die Post schreibt. Im vergangenen Jahr betrug dieser (EBIT) 93 Millionen Franken, 2022 lag das Minus bei 71 Millionen Franken.
Diese massiv roten Zahlen hängen mit dem veränderten Kundenverhalten zusammen. Das Schaltergeschäft schrumpft, beispielsweise sank der Zahlungsverkehr am Schalter im Jahr 2023 um 18,4 Prozent.
«Wir müssen anerkennen, dass in den letzten vier Jahren eine Veränderung stattgefunden hat, was das Verhalten unserer Kundschaft angeht», sagte Post-Konzernchef Roberto Cirillo am Mittwoch gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Auch die Zahl der aufgegebenen Briefe in den Filialen hat drastisch abgenommen. Waren 2016 noch 215 Millionen Briefe direkt bei der Post aufgegeben worden, ging deren Zahl bis Ende letztes Jahr um fast die Hälfte auf 117 Millionen Stück zurück.
Kaum hatte die Post über die Schliessung der 170 Filialen informiert, kam heftige Kritik auf. Die Post stehe finanziell gut da, lässt sich der Luzerner SP-Nationalrat David Roth in einer Medienmitteilung zitieren.
Dies dank «jahrelangen dreistelligen Millionengewinnen, einem boomenden Paketgeschäft und starken Erträgen der PostFinance». Es gebe keinen Grund, die Präsenz der Post zu reduzieren.
Roth kritisiert die längeren Wege, die insbesondere in ländlichen Gebieten durch die Reduktion der Post-Filialen entstünden. In Städten führe der Abbau zudem zu mehr Verkehr.
Die SP fordert Bundesrat Albert Rösti auf, «die Grundversorgung sicherzustellen und diesen Plänen Einhalt zu gebieten». Zudem dürfe das Personal «nicht auf der Strecke bleiben».
Mitte-Politikerin Andrea Gmür bedauert den Abbau der Post, sie müsse sich «wohl oder übel der Realität anpassen».
Bedauerlich, aber verständlich! @postschweiz muss sich wohl oder übel der Realität anpassen: Kundenverhalten komplett verändert, Schaltergeschäft am Schrumpfen, Zahlungsverkehr am Einbrechen… https://t.co/CxQBTBs7ji
— Andrea Gmür (@AGmur) May 29, 2024
Die Gewerkschaft Syndicom hat den geplanten Abbau des Filialnetzes der Post aufs Schärfste kritisiert. Die Pläne der Post entsprächen einem Abbau des Service Public. Syndicom werde alles in ihrer Macht Stehende unternehmen, um so viele Postfilialen wie möglich zu erhalten, hiess es am Mittwoch.
Sollte es trotzdem zu einer Reduktion der Poststellen kommen, gelte es sicherzustellen, dass es zu keiner einzigen Kündigung komme. Mit den Plänen der Post würden hunderte Arbeitsplätze verloren gehen, so die Gewerkschaft. Die Angestellten in den Postfilialen seien bereits heute einem hohen Druck ausgesetzt. Dieser würde beim Abbau von Stellen weiter zunehmen.
Die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete findet den weiteren Abbau des Poststellennetzes nicht akzeptabel. Dieses sei bereits in der Vergangenheit zu stark ausgedünnt worden und müsse bei 800 selbst betriebenen Poststellen stabilisiert werden, teilte der Verein am Mittwoch mit.
In Berggebieten und ländlichen Räumen werde das Netz an selbst betriebenen Poststellen bereits zu stark ausgedünnt. Alternative Angebote wie Filialen mit Partnern oder der Hausservice würden nicht den gleichen Umfang an Dienstleistungen wie die selbst betriebenen Filialen bieten, so die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB).
Die SAB unterstützt die Bestrebung der Post für vermehrte Kooperation im Poststellennetz. Grundversorgungseinrichtungen wie Dorfläden und Bistros erlaubten das Bündeln verschiedener Grundversorgungsleistungen. Auch für den Zahlungsverkehr und die Versorgung der Bevölkerung mit Bargeld seien selbst betriebene Poststellen sehr wichtig, da immer mehr Bankfilialen in ländlichen Räumen geschlossen würden, hiess es weiter.
Für den Personalverband Transfair ist der Abbau des Filialnetzes der Post keine Überraschung. Es sei wichtig, dass die Angestellten ihre Arbeitsplätze behalten können und sie dem Gesamtarbeitsvertrag der Post unterstellt seien, teilte der Personalverband auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mit.
Die Mitarbeitenden sind bereits jetzt verunsichert und fürchten um ihren Arbeitsplatz, wie es weiter hiess. Sie stünden zunehmend unter Stress und Verkaufsdruck.
Als Sozialpartner der Post verlange Transfair volle Transparenz über die Pläne der Post. Notwendige soziale Begleitmassnahmen müssten frühzeitig und in bewährter Manier gewährleistet werden. Es müssten in jedem Fall Lösungen gefunden werden, die für alle zufriedenstellend seien.
Auch die Kundschaft würde diesen Verlust des Service Public zu spüren bekommen, insbesondere ältere Menschen und Menschen mit Beeinträchtigung. Hier erwartet Transfair besondere Anstrengungen von der Post, um für diese Personenkreise die Grundversorgung auch in Zukunft sicherzustellen.
(rst, mit Material der sda)
Es ist ja nicht so, dass man nicht mehr zu den Postdienstleistungen kommt.
Die Post ist ja präsent. In Dorfläden, Bäckereien, Tierarztpraxen, Hotels oder wo auch immer, teils mit sehr langen Öffnungszeiten.
Dort erhält man alle Dienstleistungen, die man braucht.
Ob ich das Paket jetzt in einer Postfiliale oder im Volg abgebe, ist doch wurscht.
Die Abnahme des Brief-Volumens wird weiter gehen. Heute ist oft im Gesetz die schriftliche Form und physische, ev. eingeschriebene Zustellung vorgeschrieben. Doch die Gesetze ändern, die Digitalisierung schreitet (hoffentlich schnell) weiter voran.
Ev. braucht es für die Berggebiete / ländlichen Regionen neue Konzepte, z.B. eine mobile Poststelle im LKW, die z.B. 1x Woche 1 Stunde im Dorf hält analog dem Migroswagen früher.