800 Poststellen sollen erhalten bleiben. Das war das Versprechen, das die Post im Mai 2020 abgegeben hatte. Damit sollte der Kahlschlag bei den Filialen ein Ende haben, wie es der frühere Post-Präsident Urs Schwaller damals formulierte. Die Post sprach in der Folge zwar jeweils von «rund» 800 Postfilialen, doch in der breiten Öffentlichkeit blieb nur die Zahl hängen – auch wenn diese schon lange nicht mehr der Realität entspricht.
Die Zahl der Poststellen ist in den vergangenen Jahren nach und nach unter die magische Marke von 800 gesunken. Heute gibt es gerade noch 768 echte Postfilialen.
Doch dabei soll es nicht bleiben, wie die Post am Mittwochmorgen bekannt gab. Sie will das Netz auf «rund 600 eigenbetriebene Filialen» verkleinern. Diese sollen künftig das «Rückgrat» des Postnetzes bilden. Das heisst umgekehrt: Rund 170 Poststellen werden geschlossen.
Die Post verspricht trotz des jetzt angekündigten Abbaus, der bis 2028 umgesetzt werden soll, auch weiterhin ein «flächendeckendes, zukunftsfähiges Filialnetz» mit rund 2000 bedienten Standorten anzubieten. Das heisst: Die Zahl der Postagenturen in Dorfläden, Kiosken und anderen Geschäften dürfte steigen. Die Verhältnisse zwischen Automaten, Filialen mit Partnern und echten gelben Poststellen werden sich dadurch aber nochmals verschieben. Die alte Vorgabe mit den zuletzt 770 bis 780 versprochenen Poststellen gilt nicht mehr.
Die rund 600 eigenbetriebene Filialen sollen gemäss Post zu Dienstleistungszentren weiterentwickelt werden, insbesondere zusammen mit Banken, Krankenkassen und Versicherungen sowie Behörden. Insgesamt werde die Post in den nächsten vier Jahren über 100 Millionen Franken ins Netz investierten, ins Personal, in die Modernisierung von Filialen und in neue Formate mit attraktiver Erreichbarkeit.
An den Standorten, an denen eigenbetriebene Filialen aufgrund der Nachfrage nicht weitergeführt werden können, wird die Post nach eigenen Angaben gemeinsam mit den Gemeinden Nachfolgelösungen suchen – wie zum Beispiel das bewährte und beliebte Format «Filiale mit Partner» oder den Hausservice.
Die Post kämpft schon länger mit ihrem Poststellennetz, das trotz massiven Abbau über die vergangenen Jahre immer in den roten Zahlen bleibt – respektive ohne Gegenmassnahmen immer tiefer hinabrutscht. «Trotz konsequenter Effizienzanstrengungen» konnte der Bereich Postnetz «die Einbussen nicht kompensieren», wie der Staatskonzern im Geschäftsbericht für das vergangene Jahr festhält. Der Betriebsverlust (Ebit) lag bei 93 Millionen Franken. Im Jahr zuvor waren es noch ein Minus von «nur» 71 Millionen Franken.
Grund ist das geänderte Kundenverhalten. Das Schaltergeschäft schrumpft. Beim Zahlungsverkehr am Schalter etwa verzeichnete die Post 2023 einen Mengenrückgang von 18,4 Prozent. Damit ist der Zahlungsverkehr in den vergangenen fünf Jahren insgesamt um knapp 50 Prozent eingebrochen.
«Wir müssen anerkennen, dass in den letzten vier Jahren eine Veränderung stattgefunden hat, was das Verhalten unserer Kundschaft angeht», sagte Post-Konzernchef Roberto Cirillo gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA am Mittwoch.
Zu Kündigungen werde es durch den Abbau nicht kommen, hiess es bei der Post auf Anfrage. Cirillo sagte dazu, wegen der zahlreichen Pensionierungen werde die Post in den nächsten Jahren über die gesamte Schweiz hinweg eher mehr Personal einstellen und nicht entlassen. «Ob es dann punktuell an einem bestimmten Standort anders sein wird, werden wir sehen müssen», sagte Cirillo.
Die Idee, die Kosten des Netzes dank Kooperationen mit Drittparteien zu senken, klingt auf dem Papier gut, ist aber schwieriger umzusetzen als ursprünglich erhofft. Mittlerweile sind zwar mehrere Krankenkassen, Finanzdienstleister und Versicherungen in die Posthäuser gezogen, doch der grosse Befreiungsschlag blieb aus.
Zu Zeiten der PTT, also vor 1999, gab es noch über 4000 Poststellen. Ende 2003 waren es dann nur noch 2700. Im September 2004 lehnten Volk und Stände die Initiative «Postdienste für alle» zwar ab, welche ein flächendeckendes Poststellennetz in der Verfassung festgeschrieben hätte, aber mit 56,8 Prozent Nein weniger deutlich als die Post-Oberen von damals es gerne gesehen hätten.
«Das Volk hat der Post die gelbe Karte gezeigt», frohlockte damals der Präsident der Gewerkschaft Kommunikation, Christian Levrat, der an vorderster Front für die Initiative gekämpft hatte. «Es will Poststellen, die diesen Namen verdienen.» Heute ist er Post-Präsident - und damit mitverantwortlich für den Grossabbau beim Poststellennetz.
Bei uns wurde eine Postagentur im Volg eingerichtet, und das ist völlig ausreichend. Von den Öffnungszeiten sogar besser als früher bei der Post.