Frühjahr 2020: Plötzlich waren die Regale leer – in den Supermärkten, im Quartierladen, in den Onlineshops. Das WC-Papier war ausverkauft, der Nachschub stockte, die Nachfrage blieb hoch, und das Geschäft brummte. Doch offensichtlich nicht sehr lange. Und nicht für alle: Nur gerade zweieinhalb Jahre später, im Herbst 2022, musste der WC-Papier-Hersteller Hakle in Deutschland Insolvenz anmelden, ein Traditionsunternehmen, gegründet 1928 von Hans Klenk, aus dessen Anfangsbuchstaben der Firmenname abgeleitet ist.
In der Schweiz stehen die Hakle-Rollen weiterhin im Regal, und daran dürfte sich auch nichts ändern. Denn die hierzulande beliebteste Marke auf dem stillen Örtchen hat nichts mit der gleichnamigen Firma in Deutschland zu tun – oder besser gesagt: nichts mehr.
Historisch gehörten die beiden Hakle-Einheiten zwar mal zum gleichen Unternehmen, doch vor rund zehn Jahren verkaufte der amerikanische 20-Milliarden-Konzern Kimberly-Clark den deutschen Ableger an eine Private-Equity-Firma, welche die mit Profitabilitätsproblemen kämpfende Firma 2019 weiterverkaufte an die heutigen Besitzer, die nun vor einer drohenden Pleite stehen.
Hakle Deutschland dürfte nicht der einzige WC-Papier-Hersteller sein, der in Nöte gerät. Das jedenfalls sagt Hugo ter Braak, Chef der Schweizer Ländergesellschaft von Kimberly-Clark. Er betont:
Die Preise für Zellstoff hätten sich in weniger als zwei Jahren annähernd verdoppelt, sagt ter Braak. Doch noch schmerzhafter für die äusserst energieintensive WC-Papier-Herstellung: «Die Preise für Energie sind im gleichen Zeitraum durch die Decke gegangen.»
Früher hätte eine Megawattstunde Gas zwischen 15 und 20 Euro gekostet, im August kletterte der Preis bis fast auf rekordhohe 350 Euro und liegt mit aktuell mit über 100 Euro noch immer mehr als 500 Prozent über dem langjährigen Schnitt.
Der Chef und Inhaber von Hakle Deutschland macht derweil nebst den hohen Energiekosten den Staat für die Insolvenz seiner Firma verantwortlich. «Hätten wir die Staatshilfe schneller bekommen, wären wir jetzt nicht zahlungsunfähig», sagte Volker Jung dem «Handelsblatt». Dass seine Firma schon vorher mit der Profitabilität zu kämpfen hatte, lässt er freilich unerwähnt.
Auch das Geschäft von Kimberly-Clark Schweiz leidet unter den hohen Energiekosten. Zahlen gibt ter Braak für seine Ländergesellschaft jedoch keine bekannt. Er lässt aber im Gespräch mit CH Media durchblicken, dass er mit seinen in Norditalien produzierten und in der Schweiz und Österreich verkauften Hakle-Rollen derzeit kein Geld verdient - und dies obwohl Kimberly-Clark die defizitäre Schweizer Fabrik im bernischen Niederbipp mitsamt den 265 Mitarbeitenden bereits 2020 an den Konkurrenten und WC-Papier-Eigenmarkenhersteller Fripa verkauft hat. Zusätzlich wurden, wie ter Braak mehrmals betont, seitdem intern schon «viele zusätzliche, erfolgreiche Energie- und sonstige Sparmassnahmen ergriffen, mit denen auch die strengen Nachhaltigkeitsziele von Kimberly-Clark umgesetzt werden können».
Doch trotz garstigen Umfelds: Kimberly-Clark hält am Schweizer Markt fest, wie Hugo ter Braak verspricht, der mit einem kleinen Team von 25 Personen von Niederbipp aus die Märkte Schweiz und Österreich unter anderem mit Hakle und Kleenex beliefert. «Hakle wird hier nicht verschwinden.» Das sei einer der Vorteile, wenn man zu einem Grosskonzern gehöre: «Das gibt in schwierigen Zeiten Stabilität.»
Dennoch: Tatenlos zusehen kann ter Braak nicht. Und so macht er, was er tun muss, um die Profitabilität wenigstens ein bisschen zu verbessern: Er plant, die Preise zu erhöhen. «Die meisten anderen Hygieneprodukte sind bereits teurer geworden, und es ist zu erwarten, dass es weitere Preiserhöhungen geben wird», sagt der Kimberly-Clark-Manager.
Hakle ist in der Schweiz mit einem Marktanteil von rund 27 Prozent die klare Nummer eins - oder war es jedenfalls bis 2021. Die jüngsten Zahlen dürften nicht so gut ausfallen, denn die Migros hatte Hakle Ende des vergangenen Jahres für einige Monate ausgelistet und im Gegenzug die Konkurrenz von Tempo ins Regal gestellt. Mittlerweile haben die beiden Verhandlungspartner offensichtlich ihre Differenzen bereinigen können. Die Hakle-Produkte können jedenfalls wieder bei der Migros gekauft werden. Um wie viel der WC-Papier-Hersteller der Migros entgegenkommen ist, will ter Braak nicht verraten.
Hakles Beliebtheit in der Schweiz begründet ter Braak auch damit, dass die Marke den Qualitätsbedürfnissen der hiesigen Klientel am besten gerecht werde. Denn diese seien speziell für die Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten entwickelt worden. Die Ansprüche würden sich erheblich von jenen in anderen Ländern unterscheiden, betont der 54-jährige Manager, der aus den Niederlanden stammt und vor 27 Jahren für einen Job bei der Swatch-Gruppe in die Schweiz kam. «WC-Papier hat hier zum Beispiel mindestens drei und geht bis sechs Lagen.» Das gebe es sonst eigentlich nirgends.
Und das hat natürlich auch seinen Preis.
Da verstopfts das WC nur schon beim lesen. 🙃