Und täglich grüsst das Murmeltier. Es ist schon gut sieben Jahre her, dass mit dem Postauto-Skandal der grösste Schweizer Subventionsbetrug öffentlich wurde. Die juristische Aufarbeitung hingegen steckt in einer Wiederholungsschlaufe fest.
Zweimal hat das in dieser Sache federführende Bundesamt für Polizei (Fedpol) ein Verfahren durchgeführt, zweimal hat das Berner Wirtschaftsgericht die Anklage zurückgewiesen – begründet jeweils mit verfahrenstechnischen Fehlern. Denn im hier massgebenden Verwaltungsstrafrecht darf sich die untersuchende Behörde keine Hilfe von aussen holen. Doch genau das hatte das Fedpol beim ersten Versuch getan: Das Polizeiamt hatte die Verfahrensleitung an den alt Bundesrichter Hans Mathys und den Kantonsrichter Pierre Cornu übergeben. Das führte 2020 zur ersten Rückweisung.
Beim zweiten Anlauf ging das Amt cleverer vor. Es stellte – wenn offenbar auch nur vorübergehend – zwei Beamte aus der Steuerverwaltung ein. Doch im Februar wies das Wirtschaftsstrafgericht den Fall erneut zurück, weil auch die Anstellung und Einsetzung zweier zuvor bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung angestellten Fachleute als Verfahrensleiter nicht zulässig gewesen sei.
Doch das Fedpol will dieses Urteil nicht akzeptieren, wie CH Media erfahren hat. Das Amt hat «fristgerecht gegen den Entscheid des Wirtschaftsstrafgerichts Beschwerde erhoben», sagt Fedpol-Sprecherin Miriam Knecht. Nun ist das Verfahren bei der Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern hängig. Weitere Auskünfte will das Fedpol «zum jetzigen Zeitpunkt» nicht erteilen.
Damit versucht das Fedpol im Postauto-Skandal doch noch irgendwann mal ein inhaltliches Urteil eines Gerichts zu erzwingen gegen jene Manager, die dafür verantwortlich waren, dass die Post nach Publikwerden des Skandals der öffentlichen Hand über 200 Millionen Franken zurückzahlen musste. Die Fedpol-Experten haben in ihrer Untersuchung minutiös nachgezeichnet, wie der Offertenprozess für die öffentliche Hand ausgestaltet wurde, sodass die ausgewiesenen Kosten für die gewünschten Buslinien im regionalen Personenverkehr (RPV) möglichst hoch und die potenziellen Einnahmen möglichst tief ausfielen.
Die so illegal erzielten Einnahmen wurden dann in jene nicht subventionierten Sparten transferiert, in denen Postauto Gewinne machen durfte. Postauto habe die Spartenrechnung «nachweislich manipuliert». So steht es in den sieben, je rund hundertseitigen Strafverfügungen, die das Fedpol gegen sieben Personen erstellt hat: gegen fünf Postauto-Manager sowie gegen den Post-Finanzchef und einen Verwaltungsrat des Staatskonzerns, der als Präsident des Prüfungsausschusses dem Gebaren bei Postauto hätte Einhalt gebieten sollen.
Die fünf beschuldigten Postauto-Manager wurden gemäss den Strafverfügungen, die CH Media einsehen konnte, wegen mehrfachen Leistungsbetruges schuldig gesprochen. Der frühere Postauto-Chef wurde zu einer bedingten Geldstrafe von 420'000 Franken und einer unbedingten Busse von 54'000 Franken verurteilt, seine Mitstreiter zu bedingten Geldbussen von 56'000 bis 259'000 Franken und unbedingten Bussen von 12'000 bis 42'600 Franken.
Die beiden Post-Manager wiederum wurden vom Fedpol wegen Unterlassung der Verhinderung des Leistungsbetruges schuldig gesprochen. Der frühere Post-Finanzchef erhielt eine bedingte Geldstrafe von 280'00 Franken und eine unbedingte Busse von 40'000 Franken. Beim ehemaligen Post-Verwaltungsrat belaufen sich die entsprechenden Beträge auf 420'000 respektive 60'000 Franken.
Die Strafverfügungen sind aber «nicht rechtskräftig», denn alle sieben Beschuldigten wollten das Urteil nicht akzeptieren und forderten eine Beurteilung durch ein reguläres Strafgericht. Das zuständige Berner Wirtschaftsgericht hat – nun wie oben vermerkt – wegen Verfahrensfehlern am 19. Februar alle Strafverfügungen für nichtig erklärt.
Bis anhin jedenfalls scheint die Strategie für die sieben ehemaligen Postauto- und Post-Manager aufzugehen.
Alle Manager sind straffrei bisher und können weitermachen!