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Wirtschaft

Abstimmung Konzernverwantwortung: Was du zur Initiative wissen musst

Konzernverantwortungsinitaitive, Von MHM55 - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=91228404
Mit orangen Fahnen machen die Befürworter der Konzernverantwortungsinitiative auf ihr Begehren aufmerksam. bild: wikipedia/MHM55

5 Dinge, die du zur Konzernverantwortungs-Initiative wissen musst

Die orangen Fahnen, die ein Ja zur Konzernverantwortungsinitiative fordern, zieren Unmengen von Schweizer Hausfassaden. Doch worum geht es überhaupt? Die 5 wichtigsten Fakten.
30.09.2020, 11:1901.10.2020, 06:40
Helene Obrist
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Was fordert die Initiative?

Kinderarbeit, vergiftete Flüsse, tödliche Pestizide – immer wieder verletzten Konzerne die Menschenrechte und ignorierten Umweltstandards, so die Urheber der Konzernverantwortungsinitiative (KovI).

Die Initianten wollen dem einen Riegel schieben. Sie fordern, dass Unternehmen Menschenrechte und Umweltstandards einhalten. Dies auch bei Zulieferern und Tochterfirmen im Ausland. Um die Einhaltung zu überprüfen, sollen die Schweizer Unternehmen regelmässig eine Sorgfaltsprüfung durchführen und über diese Prüfung berichten.

Wenn ein Unternehmen Umweltstandards oder Menschenrechte verletzt, soll es dafür haftbar gemacht werden und für den Schaden aufkommen – auch wenn für die Verletzung eine Tochterfirma im Ausland verantwortlich war.

Wären alle Schweizer Firmen davon betroffen?

Laut Initianten wären rund 1500 Unternehmen davon betroffen. Kleinere und mittlere Unternehmen bis 250 Mitarbeitende wären von der Initiative ausgenommen, ausser sie sind in Hochrisiko-Sektoren wie beispielsweise dem Goldhandel tätig.

Wer ist für die KovI?

Die Initiative findet eine breite Abstützung in der Bevölkerung. Sie wird von Organisationen wie Public Eye und Amnesty International sowie weiteren Hilfswerken und Kirchen unterstützt. Linke Parteien wie die SP und die Grünen sind ebenfalls dafür. Zudem gibt es auch ein bürgerliches Komitee mit Vertretern aus CVP, GLP, EVP, FDP und SVP.

Die Initiative sei pragmatisch und umsetzbar, so der Freiburger alt CVP-Nationalrat Dominique de Buman. «Die meisten Unternehmen setzen die Regeln bereits um.» Nun müssten die «schwarzen Schafe» nachziehen. «Unser Wohlstand soll nicht auf dem Buckel anderer Menschen basieren», so der Urner CVP-Nationalrat Simon Stadler.

Wer sind die Gegner der KovI?

Gegen die Initiative wehrt sich der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse und grosse Teile der SVP. Das Parlament und der Bundesrat empfehlen die Konzernverantwortungsinitiative zur Ablehnung. Das Parlament verabschiedete aber einen indirekten Gegenvorschlag, der bei einem Nein zur Initiative automatisch in Kraft tritt.

Die «weltweit beispiellose und risikoreiche Haftung für Dritte» ist den Gegnern der Initiative ein Dorn im Auge. Sie mache die Schweizer Unternehmen zum Sündenbock und mache leere Versprechen, so das überparteiliche Nein-Komitee bestehend aus SVP, FDP, CVP und GLP. Das Schweizer Erfolgsmodell stehe auf dem Spiel.

Kennen andere Länder solche Regelungen?

Die Schweiz wäre nicht das einzige Land mit einer gesetzlich verankerten Sorgfaltsprüfung. 2017 verabschiedete das Parlament in Frankreich eine Sorgfaltsprüfungspflicht bezüglich Menschenrechte und Umweltstandards. Die Konzerne sind verpflichtet, einen Sorgfaltsplan zu erarbeiten und diesen zu publizieren. Kommt es zu einem Schaden, können die französischen Konzerne dafür haftbar gemacht werden.

In der Niederlande gibt es eine staatliche Stelle, die überprüft, ob das Gesetz zur Kinderarbeit eingehalten wird. Verstösse gegen das Gesetz können mit Bussen oder Gefängnisstrafen geahndet werden. Zudem werden mit Unternehmen, NGOs und Gewerkschaften in heiklen Branchen Verträge zur Sorgfaltspflicht abgeschlossen. Dazu gehören etwa der Finanzsektor oder der Goldhandel.

Der �ber Jahre diskutierte indirekte Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative d�rfte an die Urne kommen. Der Nationalrat hat zugestimmt. (ArchivbildI
Vor rund fünf Jahren wurde die Initiative eingereicht. Bild: sda

Auch in den USA kennt man bereits eine Sorgfaltsprüfung von Unternehmen. Und in England sieht das britische Gesellschaftsrecht vor, dass Leitungsorgane von Unternehmen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben auf das Gemeinwesen und die Umwelt achtgeben.

Wann stimmen wir darüber ab?

Am 29. November kommt die Konzernverantwortungsinitiative mit dem Titel «Für verantwortungsvolle Unternehmen - zum Schutz von Mensch und Umwelt» mit einem Gegenvorschlag vors Volk. Der Gegenvorschlag sieht wie die Initiative eine Sorgfalts- und Berichterstattungspflicht vor, aber keine Haftungsbestimmungen für Tochterfirmen im Ausland.

Mit Material von der sda

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26 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Andi Weibel
30.09.2020 12:49registriert März 2018
Erstaunlich, dass Schweizer Konzerne im Ausland bisher Kinder arbeiten lassen konnten, ohne irgendwelche Konsequenzen zu befürchten. Ich werde auf jeden Fall JA stimmen.
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Therealmonti
30.09.2020 13:08registriert April 2016
Dass SVP und Economiesuisse dagegen sind macht zumindest hellhörig und ist schon fast ein Grund, ein Ja in die Urne zu legen.
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Thom Mulder
30.09.2020 13:25registriert November 2014
Endlich können wir dafür sorgen dass die Unmenschlichkeit grosser Firmen, die unter Anderem auch dem Ruf der Schweiz grossen Schaden zufügen, Konsequenzen hat. Bisher können diese Firmen tun und machen was sie wollen, hinterlassen Dreck und Gift im Ausland und hierzulande kümmert das kein Gericht und kein Politiker, solange die Kasse für sie stimmt.

LASST UNS ENDLICH EINEN SCHLUSSSTRICH ZIEHEN.

Und bitte fallt nicht auf die Lügen herein, wie Selbstregulierung und Gegenvorschlag. Denn dann geht alles so weiter wie bisher.
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