Am schnellsten war Thierry Burkart. Kurz nach der Schocknachricht zur behördlich orchestrierten Übernahme der CS durch die UBS forderte der FDP-Präsident, die Schweiz-Einheit der Credit Suisse müsse abgespalten und von der UBS an die Börse gebracht werden. Dazu entwarf er eine Kommissionsmotion. «Zwei Grossbanken sind definitiv besser als eine Megabank», sagte Burkart damals zu CH Media.
Politiker von links bis rechts lancierten ähnliche Vorschläge. SVP-Nationalrat Roger Köppel bezeichnete es als «patriotisch-unternehmerische Pflicht» der UBS, das «kerngesunde Schweiz-Geschäft der CS» abzuspalten. Am liebsten unter dem Namen Kreditanstalt/SKA.
Doch die Forderung der Politiker beruht auf einer Fehlannahme. Die CS Schweiz ist keineswegs «kerngesund». Sie war es nicht an jenem Sonntagabend, 19. März, als Bundesrat und Bankspitzen die Notübernahme verkündeten, und sie ist es auch seither nicht geworden. Ganz im Gegenteil.
«Das Schweiz-Geschäft der Credit Suisse wäre allein kaum überlebensfähig», sagt ein hochrangiger Insider. Auch nach dem 19. März setzten sich die Geldabflüsse fort, bis in den Mai hinein. Und: Viele Schlüsselpersonen, darunter ganze Teams, haben die CS verlassen. Die UBS, die neu über sie gebietet, tut wenig, das zu verhindern.
Das sah man diese Woche: Die Nachrichtenagentur Bloomberg spekulierte, die UBS werde bei der CS mehr als die Hälfte der Stellen abbauen. Und was sagte die UBS dazu? Nichts. Sie liess es geschehen. Ins Bild passt, dass auch seit dem Closing des UBS-CS-Deals am 12. Juni keinerlei positive Signale zu Gunsten der CS-Leute kamen. Laufend werden Stellen auch auf tieferen Management-Ebenen mit UBS-Leuten besetzt.
Die politisch vielversprechende Idee einer Verselbstständigung unter der Marke CS sei durchgefallen, sagt eine gut informierte Quelle. UBS-Chef Sergio Ermotti sei von Anfang an gegen eine eigenständige CS Schweiz gewesen. Er halte die neue UBS keineswegs für zu gross.
Offiziell sagt Ermotti, seit er am 5. April als CEO zur UBS zurückkehrte, immer zwei Dinge: «Es liegen alle Optionen auf dem Tisch, wir schauen jedes Szenario an.» Und: «Unsere Entscheidung wird auf Fakten basieren, nicht auf Emotionen oder Nostalgie.» So formulierte es der Bankchef Mitte Mai am Swiss Media Forum und ganz ähnlich einen Monat später am Swiss Economic Forum.
Die Zahl der «Optionen», was die Zukunft der CS Schweiz betrifft, ist indes bereits reduziert worden. Ausgeschieden ist gemäss Informationen der «Schweiz am Wochenende» eine Verselbstständigung mit Börsengang unter der Marke CS. Die CS Schweiz sei in der heutigen Aufstellung «nicht IPO-fähig», heisst es.
Nicht ausgeschlossen ist eine anders geartete Ausgliederung des Schweiz-Geschäfts: eine unter dem Titel UBS Schweiz. Das kombinierte Inland-Geschäft könnte aus dem Konzern herausgelöst werden, bei einem Börsengang würde der UBS-Konzern eine Mehrheitsbeteiligung behalten. Dann gäbe es zwar nicht, wie von der Politik gewünscht, zwei unterschiedliche Grossbanken, aber hinsichtlich «Too big to fail» wäre das Klumpenrisiko reduziert. Die Schweizer Bank würde nicht mitgerissen, wenn der Konzern in eine existenzielle Krise geraten würde. Es gäbe zwei Aktien: Eine «UBS national»-Aktie und eine «UBS international»-Aktie.
Wann sagt Ermotti, was Sache ist? Ende August, heisst es bei der UBS. Bis dahin werden weitere Heerscharen von CS-Leuten - nicht die schlechtesten - die Bank verlassen haben.
Der politisch bestens vernetzte und breit akzeptierte Ermotti spielt bewusst auf Zeit. Die Abgänge vieler CS-Banker bedauert er zwar, aber dafür muss er dann bei der Integration weniger Leute entlassen. Zudem: Die aggressiven Forderungen aus allen Parteien, die im März und April zu hören waren, sind verpufft. Die anfängliche Befürchtung der Public-Affairs-Spezialisten der UBS, die Grossbankfusion werde zum Wahlkampfthema, scheint sich nicht zu erfüllen. Ermotti kann ohne grosses Getöse im Spätsommer sein präferiertes Szenario durchsetzen.
Bankintern ist Ermotti schon jetzt deutlicher geworden, jüngst hat er CS-Kader darauf vorbereitet, dass die CS Schweiz in der UBS aufgehe - so zumindest wurde es von einem Beteiligten wahrgenommen. Ermotti habe gesagt, dass die Kundenbedürfnisse besser adressiert werden könnten, wenn im Inlandgeschäft «alles aus einer Hand» angeboten werde.
Aus Sicht der UBS gibt es mehrere Argumente gegen eine ausgegliederte CS Schweiz. Eine solche müsste für Firmenkunden und international orientierte Privatkunden mit einer anderen Bank zusammenarbeiten, um wettbewerbsfähig zu sein. Ein solcher Partner könnte die UBS oder eine andere international tätige Bank sein, nur: Einen Konkurrenten stärker zu machen, ist nicht im Interesse der UBS, und eine Anbindung an die UBS selbst ist dem Szenario «Integration» unterlegen. Eine Abgrenzung der Geschäfte wäre sonst schwieriger, und auch die IT-Lösungen - in allen Szenarien ein Knackpunkt - würden komplexer.
Zeit gewinnen und dann das Unvermeidliche kommunizieren: So geht die UBS in den Sommer. Bis dahin vertröstet sie auch Institutionen und Veranstalter aus Sport und Kultur, die von der CS als Sponsor unterstützt werden. Das Geld werde nicht nur 2023, sondern auch 2024 auf jeden Fall noch fliessen: Das erfahren in diesen Tagen diverse Institutionen. Mitgeteilt wurde dies beispielsweise bereits dem Lucerne Festival. Unter welcher Marke das Geld 2024 fliesst, das wird offengelassen.